Swiss ICT Symposium 05.11.2014, 16:03 Uhr

Überlebenstipps für ältere ICT-Fachleute

Wie alt darf man sein, um noch in der Schweizer ICT arbeiten zu dürfen? Eine ketzerische Frage, die aber immer öfters gestellt wird. Am Swiss ICT Symposium wurde versucht, darauf und auf vieles andere eine Antwort zu finden.
Wenn der Herbst seinen Höhepunkt bereits überschritten hat und Menschen, die von 8-18 Uhr arbeiten, nie die Sonne sehen, kommt die Zeit der ICT-Branchentreffen. Und sie kommt mit Wucht. Da ist man gerade von der Smart Energy Party nach Hause gekommen, schon führt Asut ihr Kolloquium in Bern durch. Und SwissICT ihr Symposium in Luzern. Am gleichen Tag wohlgemerkt. Und wer keine dieser Verbandsveranstaltungen besuchen will, kann sich für den Agile Leadership Day entscheiden, der passenderweise gleichzeitig in Zürich durchgeführt wird. So agil, um überall dabei zu sein, kann man aber gar nicht sein. Da alle Organisatoren ungefähr das gleiche Zielpublikum anlocken, ist darum auch nicht verwunderlich, dass es auf Nachfrage heisst, man sei zwar zufrieden mit der Zahl der Teilnehmer, «hätte aber noch Raum nach oben.» Trotz dieses Terminstaus fanden rund 100 Teilnehmer den Weg ans ICT Symposium, das bereits zum 34. Mal ausgetragenen wurde. Heuer stand es, wie letztes Jahr schon, unter dem Motto «ICT Werkplatz Schweiz». Während es aber in der letztjhrigen Ausgabe mehrheitlich um Innovationen ging, wollte man dieses Jahr herausfinden, was den Arbeitsplatz Schweiz auszeichnet und wo dessen Probleme und Möglichkeiten liegen.

Prominente Redner (und Gäste)

Mit Heinz Karrer, dem Präsidenten von Economiesuisse, konnte als Eröffnungsredner jemand gewonnen werden, der prädestiniert ist, über den Zustand des Arbeitsplatzes Schweiz Auskunft zu geben. Entsprechend routiniert war dann auch sein Vortrag, während dem er es schaffte, 50 Minuten lang ohne Folien oder Notizen auszukommen. Beeindruckend. Weniger beeindruckend war leider sein Gesagtes. Dass er die Ecopop-Initiative mit Vehemenz ablehnt und dass die Schweiz ihre Bildungspolitik weiterpflegen muss, um erfolgreich zu bleiben, überraschte wohl keinen der Zuhörer. Wesentlich mehr Eindruck hinterliess da die Sängerin Sina, die seit über zwei Jahrzehnten mit walliserdeutschen Liedern Erfolg hat und es sogar schaffte, dem traditionell eher zurückhaltenden (und fast ausschliesslich männlichen) ICT-Publikum eine Standing Ovation zu entlocken. Dennoch müsse sie um ihre künstlerische Zukunft kämpfen, sagte Sina, da die Filesharing-Gesetze in der Schweiz für «90 Prozent der Musiker bedeuten, dass sie nicht überleben können». Technologie als Jobkiller; keine Neuigkeit, aber ein Problem, mit dem sich die Branche intensiv auseinandersetzen muss. Und es auch teilweise schon tut. Nächste Seite: So halten ICT-Fachleute durch bis zur Pensionierung Wie Andrej Vckovski, CEO von Netcetera. Er stellte die Frage, ob man bis zur Pensionierung im ICT-Beruf bleiben kann. Eine eindeutige Antwort darauf gab es in seinem Vortrag zwar nicht, er nannte aber drei Massnahmen, mit denen die Erfolgschancen der Jobsicherung erhöht werden: «Weiterbilden, weiterbilden, weiterbilden.» Das war nicht als Kalauer gemeint, Vckovski wurde konkreter: Man müsse sich sowohl on- als auch off-the-job weiterbilden und gleichzeitig dafür sorgen, sich zu «despezialisieren». Der 49-Jährige meinte damit, dass es zu viele Informatiker gibt, die über enormes Expertenwissen in einem Bereich verfügen, andernorts aber nicht mitreden können. «Aus Wissenssilos ausbrechen», nannte Vckovski die dadurch nötig werdenden Veränderungen. Und wirkte dabei glaubhaft, weil er aus eigener Erfahrung sprach. Auch bei ihm in der Firma sei es teilweise schwierig, für bestimmte Aufgaben genügend Fachkompetenz zu finden, gab der Netcetera-CEO zu. Und im Gegensatz zu vielen anderen schob er auch nicht dem Fachkräftemangel die Hauptschuld für Rekrutierungsprobleme in die Schuhe. Unternehmer seien in der Pflicht, gemeinsam mit Arbeitnehmern Lösungen zu suchen, wie sie durch Weiterbildung interessant bleiben können, forderte Vckovski.
«Heute ist es so, dass viele entweder alles über nichts oder nichts über alles wissen», brachte Vckovski seinen sehr gelungen Vortrag auf den Punkt. Und hoffte, damit bei den Zuhörern Gehör gefunden zu haben. Was wahrlich keine einfache Aufgabe war, denn wenn es eines in Luzern genug gab, dann Inputs. Es gab derart viele Vorträge in kurzer Zeit, dass wohl die Meisten Probleme hatten, sich zwischen den Angeboten zu entscheiden. Wollte man Nationalrat Balthasar Glättli zuhören, wie er über die Rolle des Staates im Internetzeitalter sprach, konnte man nicht gleichzeitig den Vortrag von Anwalt Roland Mathys besuchen, der über Big Data als rechtliche Herausforderung redete. Oder wollte man wissen, was Futurologin Nicola Millard über das Büro der Zukunft denkt, bekam man nicht mit, was Thomas D. Meyer, Country Managing Director von Accenture, über die Digitalisierung und ihre Folgen für Unternehmen sagte. Ausser, man tauschte sich mit anderen Teilnehmern aus. Nächste Seite: Networking als Grund, immer wieder zu kommen

Networking als Grund, immer wieder zu kommen

Und das wurde ausgiebig getan. Zwar kritisierten einige, dass «fast nur Anbieter, aber keine Anwender» am ICT Symposium zugegen waren. Aber trotz dieser berechtigten Zwischentöne gibt es wohl niemanden, der nicht mindestens eine Visitenkarte ergattert hat - die ihm je nachdem mehr oder weniger nützen wird. Denn Gelegenheiten zum Netzwerken gab es en masse: Zwischen den Vorträgen, vor den Mahlzeiten, während der Mahlzeiten, nach den Mahlzeiten oder an der Bar. Dieses «Get-Together» ist natürlich gewollt und einer der wichtigsten Aspekte der Veranstaltung, die wir darum jedes Jahr gerne als einen der wichtigsten ICT-Networking-Anlässe der Schweiz bezeichnen. Andrej Vckovski sprach aus, was wohl die meisten Teilnehmer als Rechtfertigung sehen, das Symposium jedes Jahr wieder zu besuchen: «Wenn ich an solche Veranstaltungen gehe, komme ich anschliessend mit neuer Motivation und neuen Ideen an den Arbeitsplatz zurück. Zwar sind ein, zwei Tage dieser Form von Weiterbildung wirtschaftlich nicht wirklich produktiv, der Mehrwert ist aber ungleich grösser, als wenn ich im Büro sitzenbleiben würde.» Wenn es nun die verschiedenen Organisationen noch schaffen würden, ihre Events aneinander vorbei zu organisieren, könnten noch mehr Manager, Entscheider, Berater, Anwender, Anbieter ? einfach gesagt die ICT-Branche Schweiz - von Veranstaltungen wie dieser profitieren. Aber dafür müssten die Veranstalter miteinander kommunizieren. Und das ist wohl einfacher gesagt, als getan.



Das könnte Sie auch interessieren