01.09.2016, 10:38 Uhr

Neues Altes von der Topsoft

Im 20. Jahr der Topsoft hat das altbekannte Konzept seinen Zenit erreicht. 2017 soll sich sowohl inhaltlich als auch bei der Infrastruktur einiges ändern.
Mit der Topsoft ist es wie mit Männern: Es geht nicht wirklich mit ihnen, ohne sie aber auch nicht. Das Resümee am zweiten Tag der Messe fällt durchaus positiv aus. Zumindest vom Lärmpegel her betrachtet scheint bedeutend mehr los zu sein als in vergangenen Jahren. Dass es vergleichsweise viele Besucher hat, dürfte einerseits an der leicht gestiegenen Anzahl Aussteller liegen, andererseits an der zeitgleich stattfindenden Marketingmesse SuisseEmex, von der sich manch Besucher auch in die Halle 5 an die Topsoft begeben oder mitunter auch verirrt hat.

Top und Flop

Tag 1 schien für viele Aussteller der bessere gewesen zu sein: «Gestern war laut meinen Kollegen für uns der beste Tag ever in 20 Jahren, heute ist eher Flaute», sagt Hans Peter Bosshard, Berater/Projektleiter für Abacus-Lösungen, von der Customize AG. Alles in allem würden sich aber Aufwand und Ertrag in der Regel die Waage halten. Die Topsoft sei im Vergleich zu Mammutmessen wie IFA oder Cebit, auch zusammen mit der Emex, eher winzig. Trotzdem: «Es macht durchaus Sinn, eine auf Software fokussierte Messe zu veranstalten, als unter vielen Ausstellern und Themen unterzugehen», so Bosshard.

Auch bei Löwenfels Partner hält sich der Besucheransturm in Grenzen: «Es  geht darum, gesehen zu werden. Man muss präsent sein», sagt auch Manfred Hediger, Verkaufsleiter ECM-Lösungen. Es komme darauf an, mit welchen Erwartungen man hier sei, ergänzt Löwenfels-COO Walter Capozzolo. «Das Big Business macht man natürlich nicht, das ist klar. Aber fürs Networking ist die Messe sehr wichtig.»

Trend Digitalisierung verpasst?

Die Topsoft adressiert ganz klar KMU. «Ich frage mich, wo die alle sind?», so Peter Arnet, General Manager von Kyocera Document Solutions Schweiz, gegenüber Computerworld. Die abertausenden Firmen mit Mitarbeitern zwischen 50 und 500 Mitarbeitern, müssten alle hier sein. Die Leere an manchen Ständen sei bedenklich, Arnet weiter. «Alle reden von Digitalisierung, das Top-Thema dieser Tage. Das sollte die doch interessieren!» Möglicherweise wurde das Thema von den Veranstaltern zu wenig in den Fokus gerückt oder die falschen Leute angesprochen, spekuliert Arnet. Eine Softwaremesse sei eben keine Elektronik- oder Marketingmesse, die die Leute eindeutig mehr anlocke. Wenn seine Kunden zehn, zwölf Kontakte machen, seien sie zufrieden. Das sei okay. Trotzdem dürfe sich die Topsoft den aktuellen Themen nicht verschliessen.

«Software erinnert eben an CMS, CRM und ERP. Und ein ERP-System braucht man nun mal nicht alle Jahre neu», ergänzt Urs P. Amrein, Marketingmanager und Partner bei Opacc Software. «Unsere Kunden kommen sowieso nicht an die Topsoft, sondern an unsere Hausmesse im Herbst nach Luzern.» Trotzdem sei es wichtig präsent zu sein. Schon allein um zu sehen, was die Konkurrenz so treibe. Zudem gäbe es einige Start-ups, die spannende Sachen vorstellen. «Topsoft ist ein must, auch wenn mal nichts läuft», so Armrein.
Das Thema Digitalisierung hat aber durchaus, wenn auch am Rande, eine Rolle gespielt. Beispielsweise im Referatsprogramm und an den Podiumsgesprächen an der sogenannten «topsoft Wall». Die Themen reichten von Digitalisierung im Mittelstand, über On/Off Boarding von Mitarbeitenden bis zu Chancen, Risiken und Mehrwert für die IT auf dem Weg zum voll automatisierten Arbeitsplatz. Nächste Seite: verhaltener Start für PaperlessWorld

Generalprobe für PaperlessWorld

Etwas enttäuscht über zu wenig Besucher und Interesse gab sich auch Peter Kanele, Geschäftsführer der Event-, Marketing- und Kommunikationsfirma Pitschagentur und verantwortlich für den Erlebnisfachkongress «PaperlessWorld». Der Kongress will zusammenhängende Fachgebiete rund um die Digitalisierung von Dokumenten erleb- und nachvollziehbar machen. Er geht dabei auf Themen wie Cloud, Big Data, Postverarbeitung, Daten- und Rechtssicherheit oder Industrie 4.0 ein.
Die Zusammenarbeit mit der Topsoft fand heuer zum ersten Mal statt und soll künftig ausgebaut werden. «Es ist dieses Jahr, auch aus wirtschaftlichen Gründen, eine Kompromisslösung», erklärt Christian Bühlmann von den Topsoft-Veranstaltern schmid+siegenthaler. Aufgrund der kurzfristigen Entscheidung zur Zusammenarbeit mit der Topsoft und der knappen Vorbereitungszeit gibt sich Kanele dennoch zufrieden. «Wir sehen es als Generalprobe, aus der wir lernen und im nächsten Jahr legen wir richtig los. Es braucht Zeit, bis derartige Themen bei den Leuten ankommen.» Für 2017 plant Kanele ein schalldichtes Zelt im Mittelpunkt der Halle und will drum herum 30-40 DMS-Aussteller ins Boot, respektive ans Zelt holen, die sich dann dort ganz individuell und spielerisch präsentieren sollen. «Die Messe muss moderner werden. Alte Stände, wie man sie seit 20 Jahren kennt, locken heute keinen mehr hinter dem Ofen vor», Kanele abschliessend. Nächste Seite: Topsoft erfindet sich neu, ein bisschen

Neues Konzept für 2017

Die Kritik nehmen die Topsoft-Veranstalter durchaus ernst und schlagen 2017 nach 20 Jahren neue Wege ein. Sowohl inhaltlich als auch infrastrukturell soll sich einiges ändern. Mit einem neuen Ausstellungskonzept und zusätzlichen Messe-Events will die Topsoft mehr Raum für individuelle Auftritte bieten. So werden Lounges, frei gestaltbare Flächen (man muss keinen Topsoft-Stand mehr mieten, wenn man einen eigenen hat), Präsentationsmöglichkeiten für Exponate oder kleine, einzelne, individuelle Arbeitsplätze das Angebot ergänzen. Zusätzlich können natürlich auch die klassischen Standbauten weiterhin verwendet werden. Mit der neuen Infrastruktur werden dann vielleicht auch neue Aussteller angelockt und das mitunter verstaubt anmutende Thema Software etwas aufgepeppt.

Und es gibt sie doch: die Eier legende Wollmilchsau – nur eben nicht als Software-System.


(Computerworld ist Medienpartner der Topsoft)



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