06.11.2014, 11:52 Uhr

«Lasst uns die Start-ups feiern, morgen gibt es sie vielleicht schon nicht mehr»

Rund 800 Vertreter der Schweizer ICT wollten wissen, wer dieses Jahr die prestigeträchtigsten Preise der Branche erhält. Grosser Sieger des Swiss ICT Awards 2014 wurde die Basler Software iArt, die an den Olympischen Winterspielen in Sotchi für Aufsehen gesorgt hat.
Das Wachstum der Swiss ICT Awards * scheint vorerst gebremst. Rund 800 Gäste trafen sich im KKL Luzern, etwa gleich viele wie letztes Jahr. Die Veranstalter hatten sich im Vorfeld einen neuen Besucherrekord erhofft, so aber blieben einige Plätze frei. Wer zuhause geblieben ist, dem muss man sagen: selber schuld. Dass der Award der prestigeträchtigste der Branche ist, kann mit Fug und Recht behauptet werden. Der letztjährige Sieger in der Kategorie «Newcomer», die Zürcher Firma Starmind, hat beispielsweise in den vergangene zwölf Monaten Kunden- und Mitarbeiterzahl verdoppelt. Ob der Award dafür Haupttreiber war, ist nebensächlich. Denn falls nicht, hat die Jury – die aus 11 unabhängigen Mitgliedern besteht – mindestens Fachkompetenz bewiesen.

iRewind der Newcomer

Die Nachfolger von Starmind, iRewind, dürfte darum ihren Preis ausgiebig feiern. Die Lausanner entwickelten ein System, das Filmkameras und Software mit einer Smartphone-App und Gelokalisierung kombiniert. Die «OnAirCamera» richtet sich hauptsächlich an Sportler, die ihre Erlebnisse aufzeichnen möchten. Ein Skifahrer kann sich durch das auf der Piste verteilte System filmen lassen und erhält Multiangle-HD-Aufnahmen direkt auf sein Smartphone – ohne Server oder mobile Datenverbindung. Ebenfalls nominiert war die abobasierte Cloud-Plattform Memoways, ShoeSize.Me, die einn Plug-in für Online-Shops liefern, mit dem die ideale Schuhgrösse bestimmt werden kann und Nektoon, welche mit Squirro eine Suchmaschine geschaffen haben, die sich in CRM und andere Systeme integrieren lässt und die Nutzern beliebige Informationen in Echtzeit liefert, indem News, Social Media, Chats, Geschäftsberichte und weitere Quellen ausgewertet werden. Dabei kann nicht nur nach Wörtern, sondern auch nach Konzepten gesucht werden.  Auch wenn bei den Finalisten die Chancen auf Erfolg wohl grösser sind als in anderen Firmen: Garantien gibt es bekanntlich aber keine, die Langlebigkeit vieler Start-ups ist beschränkt. Moderator Reto Lipp sagte deshalb: «lasst uns die Start-ups heute feiern, morgen gibt es sie vielleicht schon nicht mehr.»

Die Programmiersprache von Twitter

Sicher keine Probleme dieser Art hat Martin Odersky, der den Swiss ICT Award in der Kategorie «Special» gewann. Der Professor der École polytechnique fédérale Lausanne (EPFL) wurde von der Jury für die Entwicklung der Programmiersprache Scala ausgezeichnet, die gemäss Begründung «das Beste aus den Welten der funktionalen und der objektorientierten Programmierung vereint». Scala wird heute unter anderem von Twitter eingesetzt. Dass das Bundeamt für Landestopografie swisstopo mit ihrem Geoportal den «Public Award» gewann, für den sämtliche Finalisten nominiert waren, überrascht nicht. Schliesslich gewann der Kartenviewer des Bundes schon diverse Preise, national und international.

Gian Simmen oder Martina Hingis?

Den wichtigsten Preis des Abends schnappte sich aber jemand anders. Die Basler Softwarefirma iArt mit ihrem Projekt «MegaFaces». Dass sie den Preis von Snowboard-Olympiasieger Gian Simmen überreicht erhielten, ist dabei einerseits absolut passend, andererseits eher weniger. Absolut passend, weil das Produkt an den Olympischen Winterspielen in Sochi für Aufsehen sorgte. Mit «MegaFaces» können in einem 3D-Fotoautomaten dreidimensionale Objekte gescannt und als bis zu acht Meter hohe, leuchtende Reliefs plastisch wiedergegeben werden. Nicht so passend war Gian Simmen, weil er «nur» einmal Olympiasieger wurde. iArt aber schon ein paarmal auf dem Siegertreppchen stand, unter anderem beim «Innovation Grand Prix» bei den Cannes Lion, bei den «Golden Awards of Montreux» oder bei den «Red Dot Award 2014ͪ». Roger Federer wäre darum wohl angebrachter gewesen. Aber man muss ja nicht immer übertreiben, Martina Hingis hätte auch gepasst.  Nebst iArt waren swisstopo, Cyberfish, die eine geschützte Videokommunikations-Plattform für Ärzte entwickelten, UBS mit ihrer e-banking und Mobile App sowie Klewel mit dem Webcasting-Tool Triskel nominiert. Die Sieger und Finalisten standen natürlich auch beim anschliessenden Netzwerken im Mittelpunkt, bei dem Catering und Stimmung überzeugen konnten. Wie geschrieben: wer die Swiss ICT Awards 2014 verpasst hat, ist selber schuld. * Computerworld ist Medienpartner des Swiss ICT Awards



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