01.04.2016, 11:58 Uhr

«Jeder hat eine Schweizer Bank in der Tasche»

US-Präsident Barack Obama soll mit der Aussage, mit verschlüsselten Handys habe jeder ein Schweizer Bankkonto in der Tasche, falsch gelegen haben. Jeder trägt eine Schweizer Bank mit sich herum.
An der Krypto-Währung Bitcoin scheiden sich die Geister: Die einen verteufeln sie als Instrument für Geldwäsche, die anderen sehen darin eine Möglichkeit, sichere (Finanz-)Transaktionen abzuwickeln. Vertreter beider Lager waren präsent an der Konferenz «Fintech» am Donnerstag in Zürich. Der Berater und Buchautor Andreas Antonopoulos zählt zu den Unterstützern von Bitcoin. Er attestierte US-Präsident Barack Obama, er habe mit seiner Aussage falsch gelegen, mit verschlüsselten Handys hätte jeder einSchweizer Bankkontoin der Hosentasche. «Mit einer Bitcoin-App hat heute jedermann eine komplette Schweizer Bank in der Hosentasche», sagte Antonopoulos. Mit der Krypto-Währung liessen sich alle Finanzgeschäfte abwickeln, die ein einheimisches Bankinstitut anbiete. Die Transaktionen seien dabei sicher wie das Schweizer Banking. 

«Auch Kriminelle laufen in Schuhen»

Antonopoulos identifizierte Bitcoin als ideale Lösung für Schweizer Banken, die heute eine persönliche und vertrauenswürdige Beziehung zu ihren Kunden haben. Das unterscheide die Schweizer zum Beispiel von US-Bankern, die ihren Kunden zwar ebenfalls zuvorkommenden Service böten, allerdings nur, um sie in Sicherheit zu wiegen. Denn hinter ihrem Rücken würden die Finanzmanager den Klienten das Geld aus der Tasche ziehen, will der Bitcon-Experte beobachtet haben. Dem Vorwurf, Bitcoin sei hauptsächlich ein Werkzeug für Geldwäsche und Kriminelle, entgegnete Antonopoulos, dass Technologie ist nicht per se kriminell sein könne. «Ich habe gehört, dass Kriminelle wie alle anderen Menschen auch Schuhe benutzen. Sie verwenden sie aber hauptsächlich, um vor der Polizei davon zu laufen», scherzte er.  Nächste Seite: Regulierung von Bitcoin zu früh Antonopoulos sah die Entwicklung von Bitcoin heute noch nicht am Ende. Die Unterstützer würden weiterhin an der Technologie arbeiten. Wie Bitcoin-Anwendungen in fünf bis zehn Jahren aussähen, sei nicht absehbar. Damit sei es allerdings auch zu früh, um über eine Regulierung von Bitcoin nachzudenken. Wenn die Technologie sich anders entwickle als es in den allfälligen gesetzlichen Vorgaben festgeschrieben ist, müsse der Regulierungsprozess von neuem gestartet werden, warnte der Experte.
Die Bedeutung von Bitcoin und Blockchain unterschätzt hat nach eigener Aussage Urs Rohner, Präsident des Verwaltungsrats der Credit Suisse. Heute zählt die Grossbank zu den Unterstützern des Konsortiums R3, das die Technologie erforscht und Prototypen auf Basis von Blockchain entwickelt. In echte Innovationsprojekte investiere die Grossbank jährlich zwischen 100 und 200 Millionen Franken. Zum Vergleich: Das IT-Budget betrage circa 3 Milliarden Franken. Rohner äusserte sich an dem Anlass überzeugt, dass die Kunden auch in zehn Jahren noch immer eine Bank haben wollen, die sie gut berät, die Sicherheit biete und der sie vertrauen können. Gleichzeitig gestand der Verwaltungsrat ein, dass die Credit Suisse dann anders aussehen werde als heute. Die Veränderungen in der Schweizer Finanzindustrie aktiv begleiten will der Direktor der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht, Mark Branson. An der Konferenz betonte er seine Unterstützung für eine Banklizenz «light» und eine «Sandbox» für Start-ups, in der die Gründer frei von Regulierungszwängen ihre Geschäftsmodelle testen könnten. Damit diese beiden Vorschläge zur Realität werden, brauche es allerdings den politischen Willen. «Die Gesetze kann die Finma nicht ändern», sagte er.
Die Zulassung von Bitcoin sah Branson als kritisch an, denn eine der Hauptanwendungen für die Krypto-Währung sei die Geldwäsche gewesen. Hier habe die Finma die vorrangige Aufgabe, den Finanzplatz Schweiz zu schützen. Der Regulator versuche aber so wenig wie möglich einzugreifen, wenn beispielsweise die Bitcoin zugrundeliegende Blockchain-Technologie für Backoffice-Prozesse in Banken zum Einsatz komme. Nächste Seite: die besten Schweizer Fintechs Dass sich Schweizer Start-ups auch im schwierigen regulatorischen Umfeld erfolgreich entwickeln können, belegen Zahlen des Swisscom-Managers Oliver Kutsch. Während es im März letzten Jahres in der Schweiz 93 Fintechs gab, sind es heute schon 178 Unternehmen. Gut 60 von ihnen hatten sich für den ersten Schweizer «Fintech Award» beworben. In den Final am Kongress «Fintech» schafften es vier Start-ups: das KMU-Finanzierungsportal Advanon, das virtuelle Versicherungsdossier Knip, der Compliance-Monitor Qumram und die Analyseplattform Sentifi.
Am Donnerstagabend wurden an dem Anlass die zwei Gewinner des «Fintech Awards» gekürt: Knip und Sentifi. Die beiden Gründer Dennis Just (Knip) und Anders Bally (Sentifi) äusserten sich zuversichtlich, mit ihren jeweiligen Geschäftsmodellen in Zukunft erfolgreich zu sein. Der Versicherungsmanager Knip plant etwa die europaweite Expansion. Sentifi will noch mehr Datenquellen erschliessen, um seine Finanzanalysen auf eine solidere Basis zu stellen. Statt heute 2,6 Millionen sollen es bis 2018 rund 100 Millionen Quellen sein, sagte CEO Anders Bally an der Konferenz.



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