Bots und Fake-News 13.03.2017, 17:15 Uhr

wie die digitale Welt Politik beeinflusst

Auch an der Politik geht die Digitalisierung nicht spurlos vorbei, Diskussionen werden zunehmend im Internet und auf sozialen Medien geführt. Am Parldigi-Dinner sprachen Referenten darüber, wie sich dadurch die Gesetzmässigkeiten verändern.
Ob im Wahlkampf oder bei Abstimmungen: politische Diskussionen werden längst nicht mehr nur im Parlament, an Hochschulen oder in der Beiz geführt. Auch im Internet und über die sozialen Medien findet ein reger Austausch zwischen Politisierenden und dem Stimmvolk statt. Mit der Digitalisierung gewinnen diese Kanäle auch zunehmend an Bedeutung. «Soziale Medien beeinflussen unsere Wahrnehmung massiv», sagte der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter am Parldigi-Dinner, einem Anlass der Parlamentarischen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit. Weil digitale Kampagnen nicht von Parteien oder Komitees, sondern von unseren Kontakten geteilt werden, seien diese emotionaler, zielgerichteter und damit wirkungsvoller. «Sie treffen den Nerv beim Empfänger», fügte der Co-Präsident von Parldigi an. Am Parldigi-Dinner wurde deshalb darüber diskutiert, wie sich die Demokratie und der politische Diskurs durch die Digitalisierung entwickeln.

Automatische Meinungsmache

 
Abraham Bernstein, Direktor des Instituts für Informatik an der Universität Zürich, erklärte in seinem Referat, dass schon lange nicht mehr nur Menschen in politische Diskussionen involviert seien. Damit meinte Bernstein Bots, die etwa über Twitter automatisch und anhand von Algorithmen Informationen weiterverbreiten. «Bots beteiligen sich heutzutage am Diskurs, ob man will oder nicht. Zudem lassen sie sich sehr einfach bauen.» Gemäss Abraham Bernstein seien im letzten US-Wahlkampf rund 50 Prozent der Likes, Follows und Retweets auf Seiten von Hillary Clinton von Bots generiert worden. Trumps automatisierte Twitter-Aktivität habe sogar bei 80 Prozent gelegen. «In der Schweiz könnte es in Zukunft ähnlich aussehen», gab Bernstein zu bedenken. Nächste Seite: Immer mehr Nachrichten in den Feeds

Immer mehr Nachrichten in den Feeds

 
Dass sich politische Diskussionen zunehmend auf soziale Medien verlagern, beobachtet auch die Politologin und Tech-Journalistin Adrienne Fichter. Sie führt dies auf die Tatsache zurück, dass immer mehr News den Weg in die Feeds von Usern finden und dort kommentiert und geteilt werden. Wie die Journalistin erklärt, profitieren davon zwar auch klassische Medien, gleichzeitig können aber auch Trittbrettfahrer auf den Zug aufspringen. Denn das Problematische an der Sache sei, dass der Facebook-Algorithmus Meldungen nicht aufgrund des Wahrheitsgehalts weiterverbreite, sondern jene bevorzuge, die das grösste Echo verursachten. «Fake-News-Anbieter können sich das zunutze machen, indem sie in Posts zur Interaktion aufrufen und so Reaktionen von Usern provozieren», fügt Fichter an. Fake-News-Anbieter haben ihre Resonanz in letzter Zeit so massiv steigern können – teils sei diese sogar grösser geworden als bei der «New York Times» oder der «Washington Post». Deshalb erachtet sie Facebook als eher ungeeignet für das Austragen von politischen Debatten. «Ausserdem sind soziale Medien nicht dafür konzipiert, die Meinungsvielfalt abzubilden und einen Konsens zu erzielen.»

Gegensteuer mit Ideen aus der Bevölkerung

Adrienne Fichter und Abraham Bernstein sind sich einig, dass mit der Digitalisierung auch Initiativen entstanden sind, die diesen Entwicklungen entgegenwirken wollen. Fichter erklärt, dass dadurch etwa die «Civic-Tech»-Bewegung aufgekommen ist, in der alle bürgerliche Beteiligungen im Netz zusammengefasst werden. «Pol.is» sei etwa ein solches Projekt. Es lässt Partizipation der Bevölkerung zu, bildet die unterschiedlichen Meinungen mittels künstlicher Intelligenz in verschiedenen Clustern ab und spielt diese übersichtlich zu Politikerinnen und Politikern zurück. Spannende Möglichkeiten bieten laut Abraham Bernstein auch Plattformen, über die Bürgerinnen und Bürger Ideen oder Lösungsvorschläge für Probleme einbringen können, auf die Politiker noch keine Antwort gefunden haben. Als Beispiel dafür nannte Bernstein die Plattform «All our Ideas», auf der die Community über Lösungsvorschläge für Fragestellungen abstimmen und neue Ansätze hinzufügen kann.



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