18.09.2013, 16:00 Uhr

Zürich ist das Open-Data-Zentrum der Schweiz

Die Zürcher sind in Sachen Open-Data Vorreiter in der Schweiz. Innerhalb der Grenzen gibt es aber Differenzen. Während die Stadt schon länger ein eigenes Portal hat, möchte sich der Kanton so schnell wie möglich dem Bund anschliessen.
Marco Sieber und Michael Grüebler von der Stadt Zürich sind mit ihrem OGD-Projekt bisher zufrieden
An der OKCon in Genf geht es harmonisch zu und her wie in einem Bambi-Film. Alle sind nett zueinander, loben sich gegenseitig und freuen sich, wenn der Kollege etwas entwickelt hat. Kein Wunder, die Teilnehmer der OKCon haben auch ein gemeinsames Ziel: Offene Verwaltungsdaten für alle zugänglich zu machen. Das soll einerseits die Wirtschaft ankurbeln und ? das der Traum - sogar die Welt ein bisschen verbessern. Doch ausgerechnet am Montag, dem Schweizer Tag, wurde das Reh aufgeschreckt. Der Launch des Open-Data-Portal des Bundes stand kurz bevor, ein Redner erzählte, dass sich der Kanton Zürich Ende Oktober dem Portal anschliessen und Daten zur Verfügung stellen wird. Als erste Nicht-Bundesbehörde notabene. Im Publikum fragte daraufhin Michael Grüebler, der bei Statistik Stadt Zürich die Abteilung «Innovation & Technologie» leitet, ob es denn um mehr als, wie er bisher dachte, einen ersten Versuch handeln soll. Hintergrund: während die Stadt Zürich bereits vor über einem Jahr ein eigenes OGD-Portal lanciert hat, befasst sich der Kanton erst seit Mai intensiver mit dem Thema. Und nun wird trotzdem der Kanton zuerst an das Bundesportal «angedockt».

Unterschiedliches Vorgehen

Der Vertreter des Kantons, Peppino Giarritta, Chef Stabstelle E-Government der Staatskanzlei, erklärt, wie man vorgegangen ist, um so rasch so weit zu sein: «Wir sind schon länger an der strategischen Ausarbeitung von Open-Government-Data. Seit Mai beschäftigten wir uns intensiver damit und haben ein Pilotprojekt ins Leben gerufen.» Dieses hat zum Ziel, bis Ende Oktober «20-30 Datensätze» im Bundesportal zu veröffentlichen. Die Daten gehören zwar weiterhin dem Kanton, die Implementierung nimmt aber der Bund vor. «Damit macht es sich der Kanton einfach», sagt Michael Grüebler. «Eigentlich ist angedacht, dass die verschiedenen Organisationen das vom Bund verwendete CKAN-Framework verwenden und eine eigene Instanz bereitstellen.» So machen es auch die bisher angeschlossenen Bundesämter. Giarritta relativiert: «wir nutzen das Portal des Bundes, um Erfahrungen mit Open-Government-Data zu sammeln und werden dann entscheiden, ob wir eine eigene Infrastruktur aufbauen. Das Angebot des Bundes, sich dafür am Portal zu beteiligen ist jedenfalls interessant.» Der Kanton wird Geo- und Statistikdaten verfügbar machen, «von Ämtern also die es gewohnt sind, ihre Daten zu veröffentlichen». Darüber hinaus sei zurzeit noch nichts geplant, auch wenn Giarritta überzeugt ist, dass «andere Stellen ebenfalls noch Daten liefern werden». Lesen Sie auf der nächsten Seite: politische Legitimation fehlt

Politische Legitimation fehlt

Dieses Unbestimmte ist es, das Grüebler am Vorgehen des Kantons stört. «Ich finde es gut, dass der Kanton einen ersten Schritt macht. Aber ich habe Mühe damit, dass keine Strategie zur konkreten Umsetzung ersichtlich ist.» In der Stadt Zürich gab es im Rahmen des Legislaturschwerpunkts eZrich einen Stadtratsentscheid, seither ist definiert, wie mit Open Government Data umzugehen ist. Darum seien auch die Verantwortlichkeiten klar abgesteckt, die Ämter wüssten, was sie tun müssen, sagt Grüebler. Im Kanton wurde Open Government Data zwar im Frühling in der E-Government-Strategie verankert, trotzdem muss Giarritta zugeben: «eine Umsetzungsstrategie mit verschieden Schritten haben wir noch nicht, da ist Stadt Zürich weiter.» Er erläutert sein Vorgehen: «Bei uns geht es auch darum, Fragen zu Organisation und Strukturen zu klären, die es für OGD braucht.» Sein Projekt befände sich noch in einer Versuchsphase. Es soll in einem halben Jahr ausgewertet werden.

Städtischer Vorsprung

Die Stadt ist da wegen des Zeitvorsprungs deutlich weiter. Projektleiter Marco Sieber gibt aber zu, im Laufe des Prozesses ebenfalls Fehler gemacht zu haben. «In der zweiten Jahreshälfte 2012 haben wir uns während dreier Monate auf den Aufbau innerer Strukturen konzentriert und nach aussen praktisch nichts gemacht.» Die Folge: das Interesse war entsprechend gering. Darum hätten sie mittlerweile gelernt, dass mit dem Start des Portals die Arbeit noch lange nicht beendet ist und einen Massnahmenkatalog erarbeitet. Mittlerweile konnten so bereits 160 Datensätze veröffentlicht werden. Potential nach oben sei da noch vorhanden. Wenn danach aber in Richtung Kanton mit den Worten «entscheidend ist, wie viel Zeit man investieren will» geschossen wird, wirkt das zumindest unglücklich. Klar ist, dass der Kanton eine politische Legitimation braucht, um OGD umsetzen zu können. Momentan ist es ein Schuss ins Blaue, es ist durchaus möglich, dass die Regierung das Projekt in einem halben Jahr unterbindet. Davon geht Giarritta aber nicht aus, er ist überzeugt, Rückendeckung zu haben. Um das Risiko zu minimieren wird momentan trotzdem fast kein finanzieller Aufwand in Kauf genommen «mit wenig Mitteln viel lernen» lautet die Devise.

Gemeinsam statt einsam

Klar ist auch, dass Zürich ? Stadt und Kanton ? Vorreiter in Sachen Open Data ist. Es gibt zwar auch ähnliche Projekte in Basel-Stadt, Genf und St. Gallen, doch in der restlichen Schweiz ist man noch nicht so weit. Darum werden sich Stadt und Kanton nun zusammensetzen und den anderen von den eigenen Erfahrungen profitieren lassen. Ein erste Kooperation findet bereits nächsten Monat statt: die Stadt Zürich veranstaltet die Hacknights, unter anderem um neue Anwendungen für ihre ODG-Plattform zu erhalten. Mit dem Kanton laufen Gespräche, er ist zur Partizipation eingeladen worden. Und will anscheinend eigene Daten beisteuern. Ein erfolgsversprechender Anfang ist gemacht. Aber wie bei OGD generell gilt auch hier: ausruhen gibt es nicht.



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