26.03.2014, 10:40 Uhr

Wie viele Credit-Suisse-Informatiker sind noch Schweizer?

Die Credit Suisse ersetzt immer mehr Schweizer Informatiker durch Inder, berichtet der «Tages-Anzeiger». Der IT-Chef Schweiz widerspricht, seine Argumente sind aber schwach.
Bei der Credit Suisse sollen immer weniger Schweizer Informatiker arbeiten - sie werden durch Inder ersetzt, berichtet eine Zeitung
«20 bis 30 Prozent der IT-Mitarbeiter im Uetlihof und in Oerlikon sind aus Indien, in einzelnen Stockwerken sitzt nur noch an jedem zweiten Arbeitsplatz ein Schweizer». Dies sagen Credit-Suisse-Informanten dem Tages-Anzeiger. Die indischen Arbeitskollegen seien fachlich kompetent und zwischenmenschlich in Ordnung. Sie würden in der Regel aber über wenig Berufserfahrung und kein bankfachliches Wissen verfügen, wodurch sie auf die Schweizer angewiesen seien, die dadurch wiederum von ihrer Arbeit abgehalten würden. Die Inder ersetzen ? um Kosten zu sparen - Schweizer, die entweder entlassen oder in Frühpension geschickt werden. Mario Crameri, IT-Chef der Region Schweiz, dementiert die Zahlen auf Anfrage des «Tagi». Rund 75 Prozent aller IT-Mitarbeiter in der Schweiz seien Schweizer und von den Ausländern würden 95 Prozent aus europäischen Staaten, hauptsächlich Deutschland und Grossbritannien stammen. Zudem habe die CS länger als Konkurrenten oder Unternehmen der Pharmabranche in der IT die «Strategie einer extrem lange Wertschöpfungskette verfolgt». Bis 2008 habe man den IT-Bereich noch ausgebaut, inzwischen sei man aber zur Erkenntnis gelangt, dass andere Firmen das besser machen könnten.

Vor allem bei Service-Providern angestellt

Und hier liegt die Unvollständigkeit in der Aussage von Crameri. Seine Zahlen beziehen sich lediglich auf die Informatiker, welche die CS selbst angestellt hat. Die meisten Inder sind aber bei Service-Providern angestellt, die für die CS IT-Projekte durchführen. Der «Tagi» nennt Accenture, Cognizant, Wipro und TCS, eine tochter des indischen Mischkonzerns Tata. Und das ist der entscheidende Punkt, denn in der Schweiz gibt es den sogenannten «Inländervorrang», bei dem Arbeitgeber beweisen müssen, dass sie für die Besetzung der Stelle keine geeignete Person aus dem Inland oder einem Staat, mit dem ein Freizügigkeitsabkommen abgeschlossen worden ist, finden. Wenn nun aber beispielsweise die indische Cognizant Leute für die Umsetzung eines CS-Projekts sucht, wird das Gesetz umgangen. Die Bank könnte die Recherchen der Zeitung relativ einfach als falsch hinstellen, indem sie Zahlen des Gesamtbilds präsentieren würde. Das tut sie aber nicht. Weder zur Entwicklung der Mitarbeitenden im Bereich IT Schweiz noch zum Verhältnis Schweizer, Europäer und Drittstaaten-Angehörige will sie dem «Tages-Anzeiger» gegenüber Auskunft geben. Sie sagt nur, dass die CS rund einen Drittel ihrer weltweit 10 000 IT-Spezialisten in der Schweiz beschäftigt, die Zahl hierzulande aufgrund von Kosten- und Effizienzmassnahmen rückläufig sei und sich der Ausländeranteil in der Schweiz nicht verändert habe. Nach dieser Kommunikationsverweigerung mutet es merkwürdig an, wenn Crameri sagt, «das Thema muss uns interessieren». Es sei nicht die Strategie der CS, in der Schweiz IT-Arbeitsplätze zu vernichten. Dass sie aber genau dies tun, darber berichtet Computerworld schon seit lngerem.

Bonusrelevant?

Entsprechend schlecht sei die Stimmung in der Banken-IT, werden die Informanten zitiert. «In den Pausen wird sehr viel über die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust gesprochen», sagt ein Betroffener dem «Tages-Anzeiger». «Und», fügt er an, «über das Abzocken des oberen Managements.» Apropos Management: die Beweggründe der CS für die Ersetzung der Schweizer durch Inder scheinen nicht so klar zu sein, wie gedacht. Eine «gut informierte CS-Quelle» sagt der Zeitung, «der interne Tagesansatz für einen Inder, der hier vor Ort arbeitet, ist fast gleich hoch wie derjenige eines Schweizers». Die «ganze Aktion» sei auf «kurzfristige Gewinnsteigerung ausgerichtet», die bonusrelevant sei.



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