30.01.2014, 15:00 Uhr

Wie connectis von Getronics und NSA profitiert

Der IT-Dienstleister connectis hat seit gut 100 Tagen einen neuen Chef. Matthias Täubl wirft einen Blick auf die Schweizer IT-Branche und berichtet von Konsequenzen der NSA-Affäre.
Matthias Täubl sieht die «neue» connectis hierzulande gut aufgestellt
Seit gut 100 Tagen leitet Matthias Täubl die Geschäfte des IT-Dienstleisters connectis. Nach der Fusion mit dem Wettbewerber Getronics ist es um das Unternehmen im vergangenen Jahr etwas ruhiger geworden. Der Eindruck täuscht, sagt der neue CEO im Gespräch mit Computerworld. Sowohl intern als auch bei der Kundenakquise sei connectisaktiver denn je und verzeichnete 2013 sogar das beste Jahr in der Unternehmensgeschichte. Computerworld: Vor dem Geschäftsführerposten war Ihr Hauptgeschäft die Zusammenführung von connectis und Getronics. Wie weit sind Sie? Matthias Täubl: Die Themenkomplexe Portfolio, Kunden, Positionierung auf dem Markt – also die harten, messbaren Prozesse – sind abgeschlossen. Hingegen lässt sich das kulturelle Zusammenwachsen kaum planen und auch der Erfolg schwer quantifizieren. Heute würden sicher 80 Prozent der Belegschaft von connectis sagen, der Merger ist auch kulturell abgeschlossen. Die unterschiedliche Historie bleibt natürlich. Wie lange diese Unterschiede Bestand haben, lässt sich schwer einschätzen, so ein Prozess kann zwei oder mehr Jahre dauern. Gut funktioniert die Zusammenarbeit beispielsweise schon in Kundenprojekten: Die Teams haben sich schnell gefunden und arbeiten gut, Probleme werden gemeinsam gelöst, unabhängig davon, woher die Mitarbeiter stammen. Dieses Zusammenfinden ist rasch geschehen – auch, weil sich die Portfolios von connectis und Getronics sehr ähnlich waren. Gewinnen Sie heute andere Kunden, die die frühere connectis vielleicht nicht hätte überzeugen können?
Bei den Neuabschlüssen will ich drei Aspekte hervorheben: Neu spricht connectis heute Kundengruppen an, die international aufgestellt sind, etwa Ammann, L'Oréal und Sulzer. Diese Konzerne werden von der Schweiz aus gesteuert und erwirtschaften einen grossen Teil ihrer Wertschöpfung in der Schweiz. Zweitens ist connectis heute grösser: Wir sind rund 400 Mitarbeiter, was dem ein oder anderen Kunden mehr Sicherheit gibt. Neue Kunden im Bereich UCC (Unified Communications and Collaboration) sind beispielsweise Messe Schweiz oder die Migros Bank. Beide hätten vor zwei Jahren mit connectis allein vermutlich nicht abgeschlossen. Ausserdem ist drittens heute das Thema Konvergenz gereift: Kunden sehen die Informatik und die Kommunikation vermehrt als Einheit. Dabei konnte connectis früher nur den UCC-Teil bieten, nun ergänzen die Getronics-Ressourcen den Workspace-Bereich. Nächste Seite: überraschende NSA-Enthüllungen Welche Themen stehen aktuell auf den Agenden der Anwenderunternehmen? Schon angetönt habe ich das Thema Konvergenz, das zurzeit hoch im Kurs steht. Vielerorts sind noch Telefonanlagen von Alcatel oder Siemens installiert, parallel dazu arbeiten Cisco-Geräte und Telefonie-Software. UCC bringt alles technisch unter ein Dach und eröffnet auch dem Business Optimierungspotenzial. Hingegen sind Cloud-Technologien oftmals noch in der Evaluierungsphase. Firmen arbeiten daran, für eine skalierbare Infrastruktur bereit zu sein, eine tatsächliche Umsetzung ist vielerorts aber nicht an der Tagesordnung. Die Frage nach der NSA muss ich stellen: Wie haben die Kunden auf die Enthüllungen reagiert? Was hat sich für das Outsourcing-Geschäft geändert?
Auch nach der NSA-Affäre ist die Cloud ein Thema geblieben. Allerdings ist die Umsetzung noch nicht weit fortgeschritten. Das bestätigte auch jüngst eine Umfrage von Deloitte unter Schweizer CIOs: Die meisten Unternehmen befinden sich noch in der Analyse und der Realisierungsplanung. Einen negativen Einfluss des NSA-Skandals auf die laufende Evaluation konnte ich in Kundengesprächen aber nicht feststellen. Die meisten sind weniger überrascht von den Enthüllungen, als es in der Öffentlichkeit den Anschein haben mag. Davon unbenommen ist Datensicherheit weiterhin ein wichtiges Thema. connectis plant in Kürze die Zertifizierung nach dem Standard ISO 27001, was dann auch als Differenzierungsmerkmal dienen soll. Ein Grosskunde von connectis ist die öffentliche Hand. Wie beurteilen Sie die aktuelle Ausschreibungspraxis? Wird connectis dem Bund sein Personal ausleihen? Personalverleih ist für connectis kein Thema. Allerdings stehen die ausschreibenden Stellen grundsätzlich vor der Herausforderung, die richtige Mischung zu finden zwischen Chancengleichheit und Transparenz. Zudem tragen sie die Verantwortung, den Steuerfranken sinnvoll einzusetzen – auch vor dem Hintergrund, dass das Ausschreibungsprozedere sehr aufwändig ist und viel Geld kostet.



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