15.05.2014, 13:46 Uhr

Wie AHV-Gelder durch IT-Schlamperei verschwendet werden

Die Leistungen der IT-Abteilung der wichtigsten AHV-Zahlstelle ZAS sind nicht nachvollziehbar. Zu diesem Schluss kommt ein Untersuchungsbericht der EFK, dessen Inhalt derart brisant ist, dass der Informant von der Bundesanwaltschaft ins Visier genommen wurde.
Ein Untersuchungsbericht der EFK lässt vermuten, dass in der IT-Abteilung der AHV-Ausgleichskasse ZAS nicht gerade viel richtig gemacht wird
59 IT-Verträge hat die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) zwischen Mai 2012 und März 2014 abgeschlossen. Mit einer Ausnahme sind dabei alle IT-Beschaffungen ausserhalb des gesetzlichen Rahmens verlaufen. Dies sagt ein Untersuchungsbericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK), der dem Tages-Anzeiger zugespielt wurde. Der Inhalt des Berichts scheint für die Behörden von derartiger Brisanz zu sein, dass die Bundesanwaltschaft beim vermeintlichen Informanten eine Hausdurchsuchung durchführte. «Wir können bestätigen, dass wir aufgrund einer Anzeige ein Verfahren wegen Amtsgeheimnisverletzung führen», sagte uns die Bundesanwaltschaft auf Nachfrage. Und in der Tat werfen die Inhalte ein sehr schlechtes Licht auf die wichtigste Zahlstelle für AHV-Rentner. So sei die ZAS nicht in der Lage gewesen zu sagen, wie viel Geld 2013 und 2014 für die IT ausgegeben wurde. Einkäufe habe seit 2011 ein externer temporärer Mitarbeiter getätigt, der gemäss Bericht über ein «nicht adäquatem Anforderungsprofi» verfüge. Und seit über einem halben Jahr sei eine weitere externe Mitarbeiterin «ohne ausreichende Ausbildung im Einkaufsbereich» zuständig.

«Intransparent, nicht nachvollziehbar»

Die illegalen Vergaben begründet die EFK mit der Tatsache, dass die IT-Aufträge gestückelt wurden, um unter die WTO-Schwelle von 150 000 Franken zu fallen. Preisverhandlungen habe es keine gegeben, bei einem Vertrag sei sogar ein höherer Tagessatz als abgesprochen offeriert worden. Budgets und Terminpläne seien nur sporadisch eingehalten, die IT-Beschaffungen selten kontrolliert worden. Die EFK beurteilt die IT-Abteilung als insgesamt «intransparent und deren Leistungen als mehrheitlich nicht nachvollziehbar». Bei der ZAS existiere «kein ordnungsgemässes IT-Controlling», heisst es im Bericht. Die EFK kritisiert weiter, dass die ZAS für viel Geld Anwendungen selber programmieren liess, die bereits am Markt angeboten werden. Dem «Tages-Anzeiger» sagt Serge Gaillard, Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) und damit für die ZAS zuständig, dazu, dass die Zentrale Ausgleichsstelle «einzelne interne Lösungen wegen spezifischer Bedürfnisse entwickelt». Das Informatikportfolio werde derzeit überprüft. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Korruption im Spiel?

Geht es um Korruption?

Dass die IT-Abteilung der ZAS möglicherweise nicht über alle Zweifel erhaben ist, zeichnete sich bereits im Mrz ab. Damals berichtete der «Tagi», das die ZAS ein Projekt eines externen Informatikers absichtlich zum Absturz brachte, um interne Unzulänglichkeiten zu kaschieren. Dies zusammen mit den neusten Entwicklungen wirft die Frage auf, on in der IT-Abteilung der ZAS überhaupt irgendetwas richtig läuft. Sind die Fehler tatsächlich «nur» auf Inkompetenz zurückzuführen oder könnte es um Korruption gehen? Die EFK äussert sich dazu nicht, sie berichtet aber über Projektvorgaben, für die Lieferanten ausgesucht wurden, obwohl es noch gar keine Spezifikationen gab. Preisverhandlungen wurden offenbar ebenfalls nicht immer geführt und zahlreiche Externe seien seit über zwei Jahren weiterbeschäftigt worden, obschon deren ursprüngliches Tätigkeitsfeld mittlerweile mit internen Mitarbeitenden besetzt sei. Alleine im Jahr 2013 habe die ZAS für 52 externe Mitarbeiter 7,9 Millionen Franken bezahlt ? deren durchschnittlicher Jahreslohn habe 233 000 Franken betragen. «Im Vergleich zur fehlenden Erfolgsschuld ist dieser Betrag zu hoch», schreibt die EFK dazu. EFV-Direktor Gaillard bestreitet die Korruptionsvorwürfe.

2 Personen im Fokus

Die EFK nennt im Bericht zwei Namen, die Hauptverantwortlich für die desolate Leistung der IT-Abteilung sein sollen. Den Informatikverantwortlichen der ZAS, S.B. und die ehemalige ZAS-Direktorin Valérie Cavero. Letztere hat das ZAS im letzten November verlassen. Sie wurde vom «Tagi» kontaktiert, konnte aber keine Stellung zu den Vorwürfen nehmen, da sie nach eigener Aussage den Inhalt des Berichts nicht kannte. Offenbar sind die Probleme der ZAS-IT nicht erst der EFK aufgefallen. Auch ZAS-Mitarbeiter hätten  seit Jahren auf Probleme beim Controlling hingewiesen. «In der Vergangenheit kam es wiederholt zu krankheitsbedingten Abwesenheiten von Mitarbeitenden mit kritischer Einstellung», schreibt die EFK. Damit steht auch der Verdacht von Mobbing im Raum. Ein Verfahren gegen die ZAS aufgrund der Vorwürfe führt die Bundesanwaltschaft nicht. Den Bericht mit Stellungnahmen aller Beteiligten wird die EFK im Juli publizieren, bis dahin wird sich die ZAS nicht äussern. 



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