09.04.2015, 15:36 Uhr

«Warum ich Apple verlassen habe»

Apple: Die Firma, die Milliarden Menschen beeinflusst, soll von kleingeistigen, kindischen und egozentrischen Managern geführt werden? Ein Aussteiger erzählt.
Immer wieder werden Tech-Firmen als hervorragende Arbeitgeber ausgezeichnet. Menschen stehen Schlange, um für die Giganten aus Silicon Valley arbeiten zu können. Sie versprechen sich Prestige, viel Geld, eine spannende Arbeit und einen modernen Arbeitsplatz. Dies dachte sich auch der Australier Ben Farrell, als er vor zwei Jahren bei Apple anheuerte. Nachdem er früher als Polizist tätig war, arbeitet er sich in den letzten Jahren in der IT-Industrie hoch und konnte sich so einen Job im mittleren Management bei Apples Kundenservice in Sydney ergattern. Eine riesige Chance. Der mittlerweile Ernüchterung gewichen ist. Farrell hat gekndigt, wie er in einem Blogbeitrag erzählt. Sein Fazit nach nicht einmal zwei Jahren: «Ich bin endlich aus der Apple-Institution geflohen. Nun bin ich frei und kein Teil dieser kollektiven iKult-Maschinerie mehr, deren dreckige, abgenutzte, schmierige und naive Mechanismen des Mobbings, der Belästigung und der Psychospiele jedes Jahr glänzende und polierte iPhones ausspucken». Heute arbeitet Farrell als freischaffender Reisejournalist.
Klar: Es sind die Worte eines Aussteigers und Ressentiments dem ehemaligen Arbeitgeber gegenüber haben viele. Auch wichtig: Der Betroffene betreibt einen Blog und seine Geschichte generiert Klickzahlen. Die Kritik ist trotzdem erwähnenswert, weil sie eine Kultur zum Vorschein bringt, die man irgendwo schon zu hören geglaubt hat. Dass sich nämlich Apple-Kunden ? und offenbar auch Angestellte ? derart mit der Marke identifizieren, dass die Leistung sekundär ist. Es gibt zudem auch andere Geschichten ber schlechte Arbeitsbedingungen bei Apple. Allerdings stehen die Ankläger selten mit Namen hin, weil die Angestellten in der Regel entsprechende Vereinbarungen unterschreiben müssen.

Machtspiele, Psychoterror

Farrell beschwert sich über 16-Stunden-Tage, die er auf sich nehmen musste. Oder über sinnlose Meetings, die nur mehr und mehr Meetings generierten. Relativiert aber, dass dies auch andernorts so sei. Ihn beschäftigt viel mehr, dass bei Apple lauter Machtspiele in Form von Psychterror betrieben werden, die den Eindruck verschaffen sollen, das Unternehmen sei der Mittelpunkt des Universums. Es soll ein Klima des passiv-aggressiven Sarkasmus vorherrschen, in dem Neuankömmlinge mit angeblichen Erfolgsgeschichten der Vergangenheit beeindruckt werden sollen. An Teamgeist fehle es dabei völlig, jeder schaue zuerst auf sich und zwischenmenschliche Kompetenzen hätten da keinen Platz. Einer der Vorwürfe Farrells: Für Ereignisse ausserhalb des Unternehmens haben die Verantwortlichen kein Verständnis. Farrell erzählt, wie er einen Geschäftsausflug verpasste, weil seine schwangere Frau die Treppe herunterstürzte und ins Spital gebracht werden musste. Seine Chefs bei Apple hätten ihm dafür eine negative Bewertung gegeben und ihm bis zum Ende Vorwürfe gemacht. Einige Wochen vor seinem Ausstieg sei Farrel zudem von einem durch Moskitos verursachten Virus ins Spitalbett gezwungen worden. Anstatt Unterstützung hätten ihm seine Vorgesetzten eine Präsentation geschickt, die er «schleunigst» fertigstellen müsse. Eine ähnlich dringende Nachricht habe er an einem anderen Morgen erhalten, weil jemand einen Report verlor und er ihn finden musste. Es sei der Morgen seiner Hochzeit gewesen.

Rassismus?

«Das Management war inkonsistent, launisch und fahrig», schreibt Ben Farrell. Einmal hätten sie sich absichtlich einen ganzen Tag hindurch zu spät in Konferenzanrufe eingewählt, um zu prüfen, welche Mitarbeiter genug Selbstvertrauen besitzen, das Management über sein zu spätes Erscheinen zu informieren. Als Farrell selbst eine Minute zu spät zu einem Meeting eintraf, sei er von ausländischen Vorgesetzten für seine «australische Arbeitsethik» kritisiert worden. Man habe ihm vorgeworfen, dass Australier unfreundlich seien und nur mit anderen Australiern arbeiten können. «In diesem Moment war bei Farrell der Breaking-Point erreicht.» Er konnte die psychischen Spielchen nicht mehr ertragen und weihte einen Vorgesetzen auf Executive-Stufe ein, der einen guten Ruf besass. Dessen Antwort war das Ende von Farrells Apple-Karriere: «Da gibt es nichts zu diskutieren. Benehmen Sie sich nicht so. Und äussern Sie solche Vorwürfe nie mehr.» Tat Farrell in seinem Blog nun doch noch. Nachdem er den Job hinschmiss. Ben Farrells Bericht bestimmt nicht repräsentativ für jeden Apple-Mitarbeiter, das zeigen verschiedene Kommentare. Einen interessanten Blick hinter die glänzenden Fassaden eines der mächtigsten Unternehmen der Welt gibt er dennoch. Ob dieser genügt, dass Apple ein weniger erstrebenswerter Arbeitgeber wird, ist aber zu bezweifeln. 



Das könnte Sie auch interessieren