17.02.2017, 15:45 Uhr

Verhaftung von Samsung-Chef schockiert Südkoreas Wirtschaft

Bestechung, Veruntreuung und Steuerflucht: so lauten die Vorwürfe gegen Lee Jae Yong, den inoffiziellen Chef der Samsung-Gruppe. Nach langem Hin und Her hat ihn ein Gericht in Seoul nun doch verhaften lassen.
In Südkorea stürzt der Korruptionsskandal um Präsidentin Park Geun Hye den grössten Konzern des Landes vollends in die Krise. Wegen Bestechungsvorwürfen wurde der faktische Chef der Samsung-Gruppe, Lee Jae Yong, am Freitag verhaftet. Das entschied ein Gericht in Seoul, nachdem die Staatsanwaltschaft neue Beweise vorgelegt hatte. Der Schritt ist ein weiterer Nackenschlag für den Smartphone-Giganten Samsung Electronics. Das Kronjuwel des Konglomerats und Aushängeschild der viertgrössten Volkswirtschaft Asiens laboriert noch an den Folgen des Milliarden-Debakels um das Handy Galaxy Note 7, das wegen Brandgefahr vom Markt genommen wurde.  
In der heimischen Wirtschaft wächst nun die Angst vor weiteren Rückschlägen. «Ein Management-Vakuum bei Samsung wird die Unsicherheit verstärken und das Vertrauen in der Welt untergraben. Das bedeutet eine grosse Belastung für die Wirtschaft, die ohnehin schon mit Problemen zu kämpfen hat», erklärte der Arbeitgeberverband.

Schmiergeld für Fusion

Hintergrund der Verhaftung ist der Erbfolge-Poker in der Samsung-Gruppe. Diese wird von Lee geführt, seit sein Vater Lee Kun Hee 2014 durch einen Herzinfarkt ausser Gefecht gesetzt wurde. Um die Macht der Familie in Zukunft zu festigen, hat der 48-jährige Enkel des Firmengründers einen Umbau des Konglomerats in die Wege geleitet. Wichtiger Bestandteil der Pläne war eine milliardenschwere Firmenfusion innerhalb der Gruppe. Dies wurde Lee jedoch zum Verhängnis. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft zahlte er umgerechnet 34 Millionen Euro Schmiergeld, um die Zustimmung der Regierung zu dem Deal zu bekommen. Das Geld ging an Organisationen von Choi Soon Sil. Sie ist eine Freundin von Präsidentin Park und steht im Zentrum des Korruptionsskandals, der das Land in seinen Grundfesten erschüttert. Choi wird unter anderem vorgeworfen, mit Hilfe ihrer Beziehung zur Staatschefin Sponsorengelder von zahlreichen Unternehmen eingetrieben und sich dabei persönlich bereichert zu haben. Die Tochter eines früheren Sektenführers und Förderers von Park sitzt in Untersuchungshaft. Gegen Park läuft ein Amtsenthebungsverfahren.

Bestechung, Veruntreuung und Steuerflucht

Dem 48-jährigen Lee droht jetzt ein Prozess wegen Korruption, Untreue und Meineids. Zusätzlich wird er beschuldigt, Gewinne aus Straftaten verborgen zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat zehn Tage Zeit, um Anklage gegen Lee zu erheben. Nach einer Anklage müsste ein Gericht binnen drei Monaten ein Urteil sprechen. Im Januar hatte das Gericht einen ersten Haftantrag noch zurückgewiesen. Danach sammelten die Sonderermittler neue Verdachtsmomente - diese genügten nun für eine Verhaftung. Samsung und Lee haben ein Fehlverhalten in dem Fall stets bestritten. Ob die Gruppe gegen die Verhaftung vorgehen oder einen Kautionsantrag stellen wird, ist nach Angaben eines Konzernsprechers noch nicht entschieden.

Entscheidungen auf Eis gelegt

Lees Gefängnisaufenthalt dürfte nach Ansicht von Experten zwar nicht das Tagesgeschäft des Flaggschiffs Samsung Electronics beeinträchtigen, das beim kommenden Smartphone-Modell Galaxy S8 unter besonderem Erfolgsdruck steht. Aber strategische Entscheidungen der Gruppe wie langfristige Investitionen und wichtige Zukäufe würden wohl auf Eis gelegt. Das gelte auch für weitere Überlegungen zur Neuorganisation. Auch die turnusmässige Personalrotation in dem Konzern mit rund einer halben Million Beschäftigten hängt in der Schwebe. «Das grösste Problem ist, dass Lee der einzige ist, der die Richtung von Samsung als Ganzem vorgibt», sagte ein Firmensinsider. Solange der Konzernchef in Haft ist, dürfte sein Vize Choi Gee Sung die Geschicke der Gruppe lenken. Der 66-jährige Samsung-Strategiechef diente als Lees Mentor und war in die Erbfolge-Überlegungen eng eingebunden. Deswegen stand er allerdings auch im Visier der Ermittler. In Unternehmenskreisen wird daher vermutet, dass nun auch Spitzenmanager von Konzerntöchtern stärker in den Vordergrund rücken könnten, etwa Samsung-Electronics-Chef Kwon Oh Hyun. An der Börse gab der Kurs des Apple-Rivalen zeitweise um gut ein Prozent nach.



Das könnte Sie auch interessieren