12.06.2015, 08:39 Uhr

Twitter-Chef nimmt den Hut

Beim Kurznachrichtendienst muss wieder sein Mitgründer Jack Dorsey ran
Twitter sucht einen neuen Chef: Der bisherige Konzernlenker Dick Costolo wirft nach einem Absturz der Aktie und Dauerkritik von Anlegern das Handtuch. Zum 1. Juli übernimmt zunächst Twitter-Mitgründer Jack Dorsey vorläufig die Führung. Die Brse quittierte die Ankündigung in einer ersten Reaktion mit einem nachbörslichen Kurssprung von rund acht Prozent. Enttäuschende Ergebnisse und Zweifel an der Strategie sorgten schon länger für Unmut bei Investoren. Twitter hatte im ersten Vierteljahr einen Verlust von gut 162 Millionen Dollar eingefahren und die eigenen Erwartungen beim Umsatz verfehlt. Das Unternehmen hatte zuletzt 302 Millionen aktive Nutzer und wuchs langsamer als von den Anlegern erhofft. Nun ruhen die Hoffnungen vorerst wieder auf Twitter-Mitgründer Dorsey, der als Erfinder des Kurznachrichtendienstes gilt. «Ich sehe keine Strategie- oder Richtungsänderung voraus», sagte er. Dorsey hatte 2006 den allerersten Tweet abgesetzt und war bereits von Mai 2007 bis Oktober 2008 Vorstandschef gewesen.

Schwierige Expansionspläne mit sperrigem Dienst

Costolo versuchte jahrelang, mehr neue Mitglieder anzulocken. Noch vor zwei Wochen gab er sich bei einem Auftritt kämpferisch und kündigte an, seinen Kurs fortzuführen. Er mache sich auch keine Sorgen um seinen Job, sagte er damals bei einer Konferenz des Technologieblogs «Recode». Unter der Ägide Costolos hat Twitter einige Änderungen und Nutzerverbesserungen eingeführt, doch im Gegensatz zu Facebook bleibt das Problem, das Twitter ein relativ unübersichtlicher und für den Gelegenheitsnutzer sperriger Dienst ist. Nur schon der Mechanismus mit dem @-Handle (wer sieht welchen Tweet in seiner Timeline), ist vielen Nutzern nicht auf Anhieb klar. Auch die Ankndigungen von Costolo vom November halfen wenig. Zuletzt wurde der Mechanismus der Direktnachrichten (DM) überarbeitet, jetzt will das Unternehmen gar die Zeichenbeschränkung der DM von 140 auf 10'000 anheben.

Übernahmekandidat?

In US-Medien wird spekuliert, dass Twitter von einem grösseren Wettbewerber geschluckt werden könnte. Die Aktienstruktur mache eine Übernahme vergleichsweise einfach, schrieb die «New York Times». Chris Sacca, ein langjähriger Twitter-Investor, bezeichnete die Firma gegenüber dem Finanzdienst Bloomberg als massgeschneiderten Zukauf für Google . Andere halten es für möglich, dass der 38-jährige Dorsey als ständiger Chef bleibt. Ein weiterer der drei führenden Mitgründer, Evan Williams, werde Twitter bei der Suche nach einem neuen Chef unterstützen, teilte das Unternehmen mit.



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