05.12.2013, 01:01 Uhr

Telko-Bashing leicht gemacht

Wenn die schweizerische Telekommunikations-Branche zusammenkommt, gehört es dazu, über die Konkurrenz herzuziehen. Konstruktiv ist das aber keineswegs.
Gemeinsam statt einsam: führende Akteure der Telko-Szene könnten gemeinsam einiges erreichen
Orange-Chef Johan Andsjö und Cableom-CEO Eric Tveter sind dieser Tage an der Veranstaltung Telekommarkt Schweiz anzutreffen. Der Bieler Provider Finecom hat CEO Nicolas Perrenoud vorbeigeschickt, sogar der sich sehr rar machende Sunrise-Boss Libor Voncina lässt es sich nicht nehmen, in Rüschlikon sein Unternehmen zu propagieren. Es ist ein Treffen der Branchengrössen, nur einer fehlt: der Primus. Swisscom ist lediglich durch die Kommunikationsabteilung und Lobbyisten vertreten, Urs Schaeppi oder einen Stellvertreter sucht man vergebens. Kein Wunder, die Einladungen gingen im Sommer raus, also dann, als Swisscom gerade andere Sorgen hatte. Der Konkurrenz ist dies verständlicherweise egal, wer nicht da ist, kann sich nicht wehren. Also wird versucht, Swisscom in ein schlechtes Licht zu rücken. Ganz so einfach ist dies aber nicht. Johan Andsjö spricht beispielsweise davon, im B2B-Segment die Preise um 35 Prozent zu senken, um damit entweder die Kunden zu locken oder Swisscom zum Handeln zu zwingen. Was er vergisst: der Schweizer B2B-Markt war noch nie besonders preisfixiert. Und die Konsequenz solcher Preisanpassungen ist, dass die Leistungen schlechter werden. Seien es Produkte, Support oder Marketing, alles Dinge, die für Geschäftskunden einen grossen Stellenwert haben. Erfolgsversprechender ist da schon, dass sowohl Orange wie auch Sunrise vermehrt den Service-Gedanken leben wollen. Marktanteile könnten die Konkurrenten aber viel eher gewinnen, wenn die Regulatoren eingreifen würden. Diese werden darum in den Vorträgen von Andsjö und Tveter und in einem Interview von Voncina immer wieder angesprochen. Und die Regulatoren antworten.

Regulieren oder nicht?

###BILD_44045_left###«Jedes Jahr, wenn ich hier stehe, bedaure ich die Ausbalancierung des Marktes erneut», sagt ComCom-Präsident Marc Furrer bei seiner Präsentation. «Swisscom und zwei Kleine, das ist einfach eine ungesunde Situation.» Zwar sei es so, dass die Preise momentan nach unten gehen, die Frage sei aber, wie lange noch. Kommt für Orange und Sunrise deshalb Hilfe aus Bern? Keineswegs. «Es ist nicht Aufgabe der Regulierer, der Swisscom Markt wegzunehmen, die Herausforderung liegt bei der Konkurrenz», sagt Furrer. Andere Akteure müssen sich ebenfalls ernste Worte anhören: «Es kann nicht sein, dass Verbände Argumentationen der Swisscom übernehmen», sagt Furrer und spricht damit die in Arbeit befindliche Verordnung über Fernmeldedienste (FDV) an. Diese sieht unter anderem vor, die Netzzugangspreise anzupassen, dass also andere Anbieter für die Nutzung der Swisscom-Leitungen weniger bezahlen müssen. Verschiedene Interessensverbände wehren sich dagegen. Nicht nur Verbände, auch Politiker würden sich von Swisscom leicht überzeugen lassen, sagt Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli: «Ich kenne wenige Firmen, die unter der Bundeshauskuppel derart gutes Lobbying betreiben wie Swisscom.» Lesen Sie auf der nächsten Seite: jeder ist sich selbst der Nächste  ###BILD_44046_left###Die Swisscom ist also, obwohl abwesend, das Hauptthema des Tages. Nicht verstehen kann das «Bashing» Swisscom-Mediensprecher Carsten Roetz: «Wir hören immer wieder, was für gute Netze und welch tolle Abdeckung wir in der Schweiz haben und dass die Preise runter gehen. Und trotzdem scheinen sich viele an der jetzigen Situation zu stören», sagt er im Anschluss an eine Pressekonferenz, an der einige der genannten Akteure aufgetreten sind. Und andere, wie Konsumentenschützerin Sara Stalder, die ebenfalls eher die Anti-Swisscom-Brille aufgesetzt hat. Sie äussert sich auf dem Podium folgendermassen: «Auf unserem Telekommunikationsmarkt herrscht ein Stillstand. Wir haben einen Monopolisten und zwei kleine, die sich abstrampeln. Dadurch bleibt aber alles gleich und die Schweiz wird 20 bis 30 Jahre brauchen, bis mal irgendetwas passiert.»

Jeder ist sich selbst der Nächste

Das stimmt nicht ganz, erst gestern hat das BAKOM Zahlen veröffentlicht die beweisen, dass sich die Preise im Mobilfunk seit einigen Jahren in eine konsumentenfreundliche Richtung bewegen. Und ebenfalls diese Woche hat die Preisdebatte eine ganz neue Dimension angenommen. Eine Studie hat aufgezeigt, dass die Anbieter ihre Antennen ##{"type":"InterRed::Userlink","linktype":"b","linkoffset":0,"ziel_ba_name":"cwx_artikel","bid":0,"cid":0,"extern":"","fragment":"","t3uid":"64814","page":0,"text":"wegen verschiedener Verordnungen teuer bauen m\u00fcssen","target":"_top","alias":"","_match":"","_custom_params":[]}#! und beispielsweise hohe Lohnkosten nur nebensächlich sind. «Von wegen kein konkurrenzfähiger Markt» könnte man nach der Lektüre der Studie denken, die Politik ist es, die Schuld an hohen Gebühren hat. Denn dass die Telkos die Antennenkosten auf die Kunden umwälzen, ist logisch. Bloss: diese Studie wurde von Orange, Sunrise und Swisscom (und Alcatel Lucent) in Auftrag gegeben, die Studienautoren nur mit den Daten gefüttert, welche die Telkos herausgeben wollten. Auch Orange und Sunrise versuchen also, sich mit verschiedenen Schachzügen bei den Politikern und der restlichen Bevölkerung Vorteile zu verschaffen. Wie wäre es, wenn diese Ressourcen stattdessen genutzt würden, um sich zusammensetzen und konstruktiv zu diskutieren? Eine Veranstaltung wie in Rüschlikon wäre perfekt dafür. Schade nutzt man sie, um Animositäten auszutauschen.



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