19.09.2013, 17:21 Uhr

Swisscom sucht neue Vertriebswege im B2B-Bereich

Mit der Ernennung von Christian Petit zum Leiter Grosskunden zeigt die Swisscom, dass die Verschmelzung von Privat und Business immer weiter vorangeht. Denn Petit war zuvor Leiter des Privatkundensegments.
Christian Petit und Urs Lehner sehen Veränderungen auf das Swisscom Geschäftskundensegment zukommen
Nach dem Tod von Carsten Schloter wurde Urs Schaeppi Swisscom CEO ad interim. Weil dieser zuvor als Swisscom Chef Schweiz zustzlich ad interim das Grosskundensegment leitete, musste für diese Position ein Nachfolger gesucht werden. Swisscom wurde schnell in den eigenen Reihen fündig und ernannte per 1. September Christian Petit zum Leiter Grossunternehmen. Die letzten 6 Jahre leitete Petit die Privatkundenabteilung, diese Tatsache könnte sich für Swisscom als Glücksfall erweisen. Denn Privat- und Geschäftswelt verschmelzen immer mehr, jeder Business-Kunde ist gleichzeitig auch ein Privat-Kunde. Weil Petit bald beide Seiten gut kennt, könnte er zur Idealbesetzung werden. 43,6 Prozent der Schweizer besitzen ein Smartphone, unter den Swisscom-Kunden sind es sogar 54 Prozent. Dies sei europäischer Spitzenwert, sagt Petit. Doch das bedeutet auch, dass das Wachstumspotenzial in diesem klassischen Telefoniesegment gering ist. Kommt dazu, dass Kunden auf klassische Mobiltelefonie immer weniger ein spezielles Augenmerk richten, zu etabliert ist sie mittlerweile. Dies sagt Urs Lehner, Leiter Marketing und Sales Grossunternehmen bei Swisscom, der eine Studie zitiert, wonach das Telefonieren mit dem Handy bis in 2 Jahren nur noch von 10 Prozent der Kunden als relevant angesehen wird. Stattdessen werden IP-basierte Voice-Angebote zur Selbstverständlichkeit und vor allem in Unternehmen zusehend an Bedeutung gewinnen. Damit verdient Swisscom aber immer weniger, da die Preise laufend sinken. 

300 Prozent Umsatzsteigerung

Dass das einstige Kerngeschäft der Swisscom, die Telefonie, an Bedeutung verliert, ist keine neue Entwicklung. Seit Jahren weitet man deshalb die Geschäftsfelder aus, ist mittlerweile sogar auf dem Strommarkt aktiv. Die Telefonie-Einbussen müssen ja kompensiert werden. Im Geschäftskundenbereich sieht Swissom Mobile Device Management (MDM) als grosse Chance und Wachstumstreiber. Um knapp 300 Prozent sei der Umsatz in diesem Bereich im letzten Jahr bei Swisscom gewachsen, sagt Urs Lehner. In diesem Jahr soll er nochmals dreistellig zunehmen. Gleichzeitig finde laut Lehner eine Entwicklung von MDM hin zu «Enterprise Mobility Management» statt, mit dem die verschiedenen technischen Mobilitätsaspekte eines Unternehmens umfassend gemanaged werden können. Unternehmen wollen ihren Mitarbeitern also Möglichkeiten geben, den Moblity-Trend auszuleben. Und gleichzeitig sicheren Zugriff auf Unternehmensressourcen garantiert haben. Als Services gibt es dafür beispielsweise Secure Apps, Secure Docs oder Secure Intranet. Hier möchte die Swisscom ein wichtiger Player im Schweizer Markt werden. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Verhalten anpassen

Verhalten anpassen

Das verlangt von Swisscom aber, dass sie ihr Verhalten entsprechend anpasst. Denn auch wenn Mobilitätstreiber wie BYOD oder Cloud in aller Munde sind, Unternehmen lassen sich in der Regel Zeit, bevor sie Trends eine Chance geben. Und Umfragen zeigen immer wieder, dass diese neuen Entwicklungen bei CIOs nicht nur gut ankommen. Es braucht also intensive Beratung. Doch mittlerweile ist es zu wenig, nur mit den IT-Leitern über die technische Implementierung eines Services zu sprechen. Auch die Angestellten müssen in den Prozess eingebunden werden, schliesslich sind sie von beispielsweise einer BYOD-Strategie wesentlich direkter betroffen, wie wenn das Unternehmen einen neuen Outsourcing-Partner sucht.  «Vielleicht müssen wir uns andere Ansprechpartner innerhalb der Firmen suchen», sagt Christian Petit dazu. «Und wir müssen uns auch fragen, ob wir genug vom Consulting verstehen.» Darum, so Petit, werden die Mitarbeiter heute in einer speziellen Abteilung geschult, Kundenanfragen nicht nur zu beantworten, sondern sie auch zu hinterfragen. Als Resultat sollen die Swisscom-Mitarbeiter und Partner in Verkaufsgesprächen nicht gleich die technischen Details erörtern, sondern sich mit dem Kunden zusammensetzen und vorhandene Skepsis oder Ängste überwinden. Der Verkäufer wird also gleichzeitig zum Psychologen. Für die CIOs der Unternehmen bedeutet dies, dass der klassische Vertriebsweg via IT nach wie vor eine Option ist, dass aber in Zukunft der IT-Dienstleister auch versuchen wird, Kunden auf anderen Wegen zu adressieren.



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