15.01.2014, 11:09 Uhr

Seco vergibt 34 Millionen Franken unter der Hand

Das neue Jahr ist noch keine 3 Wochen alt, da gibt die IT-Ausschreibungspolitik im Bund schon wieder zu reden. Das Seco vergab in den letzten Jahren diverse Millionenaufträge. Alle unter der Hand.
Die IT-Praxis in Bundesbern gibt auch 2014 zu reden. Das Seco vergab in den letzten Jahren Millionenaufträge unter der Hand
Das Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco) hat die Aufgabe, ordnungs- und wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen zu schaffen, aufgrund derer ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum entstehen soll. Bei der Vergabe von IT-Aufträgen nimmt das Amt diese Aufgabe offenbar mehr schlecht als recht wahr. Seit letztem Sommer ist bekannt, dass das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) fr 22 Millionen Franken dem US-Softwarehersteller CSC den Auftrag erteilte, das Auszahlungssystem der Arbeitslosenkassen (ASAL) zu migrieren. Der Auftrag wurde nicht öffentlich ausgeschrieben, da es gemäss Seco keine Alternative zu CSC gab, die das System entwickelt hatten. Die eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) zweifelte im Vorfeld der Vergabe am Wahrheitsgehalt dieser Aussage, führte aber keine tiefgehende Untersuchung durch. Wie Recherchen des Tages-Anzeiger zeigen, war dies wohl die falsche Entscheidung.

34 Millionen freihändig vergeben

Offenbar hat das Seco von 2009 bis 2011 43 Aufträge im Wert von 34 Millionen freihändig vergeben. So durfte eine Firma  - die Namen bleiben unter Verschluss - in diesen Jahren Zeit Leistungen im Umfang von 26 Millionen Franken erbringen, ohne sich im Wettbewerb durchsetzen zu müssen. Eine zweite Firma erhielt gemäss «Tagi» dutzende freihändige Aufträge im Wert von 4,4 Millionen Franken. Der Rest der Vergaben ging an sieben weitere Unternehmen. Keine einzige Vergabe wurde öffentlich bekannt gemacht, obwohl dies Vorschrift gewesen wäre. Die Nichtpublikation habe auf einem «falschen Verständnis» der gesetzlichen Grundlage beruht, erklärte die Seco-Medienstelle der Zeitung. Freihändige Vergaben sind gemäss Gesetz nur in Ausnahmefällen erlaubt. Das Seco berief sich in praktisch allen Fällen auf eine davon, die besagt, dass «Leistungen zur Ersetzung, Ergänzung oder Erweiterung bereits erbrachter Leistungen» nicht öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Diese Folgeaufträge müssen aber in angemessenem Verhältnis zum Grundauftrag stehen. Dass dies stets der Fall war, muss bezweifelt werden, auch wenn nicht bekannt ist, welcher Aufwand sich hinter den Leistungen versteckt. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Teure Wartung Auf dem Dokument, das dem «Tages-Anzeiger» vorliegt, sind die ausgeführten Aufträge nur ungenau beschrieben: «Dienstleistung; Wartungsvertrag am IT-System der Arbeitslosenversicherung» (3 Millionen Franken, 2010), «Dienstleistungen für neue Projekte, Umbauten o. ä. bei der Arbeitslosenversicherung» (1 Million, 2010) oder «Softwarewartung für die Sicherstellung des IT-Betriebs» (3,2 respektive 3,7 Millionen, 2011) ist zu lesen. Softwarewartung für 3,7 Millionen Franken lässt darauf schliessen, dass der Vertrag entweder weit mehr als ein reiner Wartungsvertrag war oder die Software derart schlecht, dass sie dauernd gewartet werden musste. Oder es wurde schlichtweg ein viel zu hoher Stundenansatz angewandt. Und können 43 Aufträge im Wert 34 Millionen von 2009 bis 2011 - mehr als ein Auftrag pro Monat - tatsächlich verhältnismässig sein? Das Seco kann die Zweifel nicht aus der Welt schaffen, will dem «Tages-Anzeiger» nicht sagen, auf welchen Grundaufträgen diese Leistungen beruhen. Ob diese je ordentlich ausgeschrieben wurden, bleibt damit unklar.

Einsicht und Konsequenzen

Mittlerweile hat bei Seco ein Umdenken stattgefunden. Das Ausschreibeverfahren sei überprüft worden, sagt die Medienstelle dem «Tages-Anzeiger». Dabei stellte das Staatssekretariat für Wirtschaft fest, dass die langjährige Praxis kaum gesetzeskonform war. Juristische Gutachten hätten gezeigt, dass «nach einer offenen WTO-Ausschreibung nicht beliebig lange Folgeaufträge erteilt werden können». Letzten Herbst vergab das Seco fünf grössere Informatikaufträge für die Arbeitslosenversicherung in offenen Verfahren. Bei denen arbeiteten die externen ITler mit Studnenansätzen zwischen 160 und 180 Franken. Die Stundenansätze der freihändigen Vergaben werden nicht bekanntgegeben, so dass nicht überprüft werden kann, ob diese in vergleichbarem Rahmen lagen.



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