04.01.2016, 11:19 Uhr

Seco prüft Swisscom-Privatisierung

Nach Kritik der OECD will das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eine Privatisierung der Swisscom prüfen.
Es ist der Evergreen der Schweizer Telekommunikation: Die Privatisierung der Swisscom. 1998 aus der ehemaligen PTT hervorgegangen, befindet sich das Unternehmen seither von Gesetzes wegen zur Mehrheit in Bundeshand. Ende 2014 besass die Schweizerische Eidgenossenschaft 51,22 Prozent des Aktienkapitals der Swisscom. Das bietet dem Unternehmen zahlreiche Vorteile. Unter anderem darf Swisscom seit jeher die Telekom-Grundversorgung der Schweiz sicherstellen. Der Bund legt zudem nur alle vier Jahre die strategischen Ziele für die Swisscom fest, jedes privat geführte Unternehmen kann von einer derart langen Leine nur träumen. Und wenn an bestehenden Gesetzen etwas geändert werden soll, besitzt die Swisscom einerseits den mit Abstand grössten Lobbyapparat der Telkos und kann sicher sein, dass es die Behörden schwer haben, neutral zu urteilen. Dass die Konkurrenz mit der Situation unzufrieden ist, versteht sich von selbst. Doch auch der Bund ist nicht nur glücklich, er muss sich mit diversen Zielkonflikten auseinandersetzen. Der Bund muss zwischen seinen Interessen als Regulator, Gesetzgeber und Grosskunde von Swisscom einerseits (tiefe Preise, hohe Qualität, breite Verfügbarkeit neuer Technologien) und seinen Interessen als Mehrheitsaktionär von Swisscom andererseits (Sicherung des Unternehmenswertes) abwägen. Deswegen wird immer wieder versucht, eine vollständige Privatisierung der Swisscom zu erreichen oder zumindest in einem ersten Schritt das bestehende Mehrheitsgesetz zu lockern. Eine Flexibilisierung des Mehrheitserfordernisses an Swisscom strebte der Bundesrat bereits 2001 im Rahmen des Gesamtpakets Post/Swisscom AG an. 2006 schlug der Bundesrat dann vor, die Swisscom vollstndig zu privatisieren, was vom Nationalrat abgelehnt wurde. Ende des letzten Jahres sagte der Bundesrat dann, dass er die Swisscom behalten wolle. Unter anderem sei ansonsten die Grundversorgung gefährdet, wie auch die neue Richtlinie, dass besonders kritische und zentrale Infrastrukturen der Bundesverwaltung durch inländische Unternehmen erbracht werden müssen. Nun wurde der Debatte ein neues Puzzleteil hinzugefügt. Ein OECD-Bericht rät der Schweiz, die Swisscom zu privatisieren. Als ehemalige Monopolistin geniesse sie immer noch Vorteile und bremse so den Wettbewerb, lautete die Kritik. Seco-Direktorin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch sagte in der NZZ am Sonntag, dass man den Vorschlag prüfen werde. «Ist eine Swisscom in der Lage, die Digitalisierung der Wirtschaft in ihrem angestammten Bereich der Telekommunikation genügend rasch und agil zu machen? Zumindest der Nachweis, dass ein Unternehmen in Staatshand schneller und effizienter als eine Privatfirma ist, ist gemäss OECD schwierig zu erbringen.» Deshalb stelle das Seco in der neuen «Wachstumsstrategie 2016 bis 2020» die Frage, was dies in Zukunft für die Entwicklung der Schweizer Wirtschaft bedeutee. «Was ist eine gute Eignerstrategie des Bundes? Genügt sie den heutigen Erfordernissen noch? Wie kann man die Governance noch weiter verbessern?» Das sind für Ineichen-Fleisch Fragen, die man gemeinsam mit den anderen Departementen anschauen und beantworten muss.



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