18.02.2014, 14:58 Uhr

SAPs ungelöste Probleme

Die Anwendergruppe DSAG legt den Finger in die Wunden von SAP. Was stört die Kunden in der Schweiz, Deutschland und Österreich am meisten? Wo muss SAP nachbessern?
DSAG-Vorstandsmitglied Andreas Giraud zeigt die Painpoints bei SAP auf.
Auf den Technologietagen legt die deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) gerne ihren Finger in die Wunden von SAP. So auch dieses Mal, und es ging ums Geld. Konkret: um die Auslegung der Wartungsverträge. SAP modernisiert die Bedienoberflächen seiner Software, verbessert die "User Experience", will aber die Kosten anscheinend auf die Kunden abwälzen.  Es sei dringend nötig, die SAP "User Interfaces" zu modernisieren, betonte DSAG-Vorstandsmitglied Andreas Giraud auf einer Pressekonferenz in Stuttgart, die gerade zu Ende ging. SAP hat mit seinem Projekt Fiori auch bereits eine Initiative aufgegleist. Aber: Die neuen, benutzerfreundlichen Fiori-Apps sind lizenzkostenpflichtig. SAP will Geld dafür. "Die Kosten des Redesigns werden auf die Anwender abgewälzt, und die wollen das nicht", sagte Giraud in Stuttgart.

Streitpunkt Wartungsverträge

Die Anpassung an bestehende Technologien, dazu zählen auch die Benutzeroberflächen (GUIs), sei Bestandteil der Wartungsverträge, betonte Giraud. SAP-Anwenderunternehmen bezahlen also bereits für die Modernisierung der Oberflächen und dürfen nicht doppelt zur Kasse gebeten werden, heisst das im Klartext. SAP-Aufsichtsratschef Hasso Plattner hatte jüngst kritisiert: "SAP ist zu kompliziert, zu zögerlich, zu bürokratisch" (Computerworld berichtete). Der ERP-Gigant hat das verstanden und arbeitet daran. Die Richtung stimmt also. Aber über die Aufteilung der Kosten und die Interpretation der bestehenden Wartungsverträge herrscht - wieder einmal - grosse Uneinigkeit. Ein weiterer Streitpunkt heisst Hana. SAP forsiert seine In-Memory Appliance Hana, die weltweit von 2772 Unternehmen produktiv eingesetzt wird, nicht nur als Datenbank, sondern auch als Entwicklungs- und SAP-Anwendungsplattform. SAP Hana müsse transparenter und kostengünstiger werden, sodass in den Unternehmen die IT-Kosten gesenkt und der Mehrwert gesteigert werden könne, fordert Giraud und verweist auf den sogenannten Tailored-Datacenter-Ansatz mit finanziell gestaffelten Angeboten.

Hana-Migration: Kosten höher, als erwartet

In der nachfolgenden Q&A-Runde für Journalisten wurde deutlich: Die Migration auf Hana ist nicht ohne Tücken. Wer ohne grosse Veränderungen sein ERP, seine Daten und Tabellen auf Hana migriert, kann nur einen Bruchteil der in Aussicht gestellten Performance-Gewinne realisieren. SAP verspricht Geschwindigkeitssteigerungen um den Faktor 100x bis 1000x, in Ausnahmefällen sogar bis zum Faktor 10 000x. Um Performance-Steigerungen in dieser Grössenordnung zu erreichen, ist es aber nötig, etwa die Datenformate anzupassen. Anscheinend funktioniert das noch nicht so, wie gewünscht. Die DSAG hat sich den Investitionsschutz der SAP-Anwenderunternehmen auf ihre Fahnen geschrieben und fordert daher eine reibungslose Integration von Hana in bestehende IT-Landschaften. Da kommt noch Arbeit zu auf SAP. Ausserdem erhöht das Unternehmen die Kostenhürden für Fremddatenbanken. So wurde letztlich der Kostenaufschlag für SAP-Kunden, die ihr ERP auf IBMs DB2 Blu - wie Hana ebenfalls mit In-Memory-Technologie ausgestattet - fahren, von 8 Prozent auf 15 Prozent nahezu verdoppelt. Bei SAP verweist man lapidar darauf, dass die Bepreisung kundenspezifisch vorgenommen werde. Die jüngste Investitionsumfrage der DSAG unter 413 IT-Führungskräften (37 aus der Schweiz) ergab: Die SAP-Budgets in Deutschland, Österreich und der Schweiz steigen moderat (Computerworld berichtete). 83 Prozent der CIOs wollen im laufenden Geschäftsjahr ihr SAP ERP, aber auch ihre Systemlandschaften, konsolidieren. Das bedeutet zweierlei: Die IT-Chefs geben erstens bewährten Standards oberste Priorität und fahren zweitens Modifikationen, also in Eigenregie durchgeführte Ergänzungen, zurück. Denn Eigenentwicklungen erschweren künftige Updates.

SAP-Budget in DACH

Laut DSAG setzt sich ein typisches SAP-Budget in der DACH-Region wie folgt zusammen: 33 Prozent des SAP-Gesamtkuchens entfallen auf die Lizenzkosten, 15 bis 16 Prozent beansprucht die Hardware-Ausstattung für sich und 51 Prozent - der überraschend grosse Löwenanteil - gehen für Beratung zum Beispiel punkto Harmonisierung, Konsolidierung und Integration drauf. Also gerade für die IT-Vorhaben, die auf der Agenda der Schweizer CIOs an oberster Stelle stehen.



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