17.09.2012, 11:20 Uhr

SAP will weiter wachsen

Die nächsten grossen Übernahmen dürften gemäss SAP-Finanzvorstand Werner Brandt wieder in den Wachstumsfelder Cloud, mobile Geräte sowie Datenbanken und Technik erfolgen.
SAP-Finanzvorstand Werner Brandt äussert sich zu den Plänen seines Unternehmens.
In den Kerngeschäftsfeldern könnte SAP kleinere Übernahmen tätigen, um beispielsweise einzelne Industriesektoren abzudecken. Derzeit sind die Walldorfer aber noch mit den jüngsten Grosszukäufen beschäftigt. «Wir haben vor kurzem SuccessFactors erworben und sind dabei Ariba zu akquirieren: Das sind bereits zwei grosse Akquisitionen diesem Jahr», sagte Brandt.  Allerdings ist nach Experten-Einschätzung nicht allzu schnell mit neuen Zukäufen im grossen Stil zu rechnen. Ausgehend vom bisherigen Übernahmetempo der Walldorfer sei eine Verschnaufpause zu erwarten. Seit SAP 2008 mit dem eigenen Grundsatz gebrochen hatte, weitgehend organisch zu wachsen, haben sie eine ganze Serie von Milliardenübernahmen gestemmt. Nun gilt für die absehbare Zukunft die Regel, das Wachstum zu zwei Dritteln organisch zu bestreiten und sich das letzte Drittel einzukaufen. «Wir kaufen dann zu, wenn Akquisitionen die Umsetzung unserer Strategie in unseren Wachstumsfeldern beschleunigen», sagte Brandt. 

Ariba-Übernahme vor Abschluss

Den Anfang machte der deutsche Konzern vor vier Jahren mit Business Objects, als die Walldorfer merkten, dass sie mit ihren analytischen Anwendungen nicht die Nummer Eins wurden. Der Kauf von Sybase war darauf gerichtet, im Geschäft für mobile Geräte auf einen Schlag eine starke Position zu bekommen. Das versucht SAP nun mit Successfactors und Ariba in der Datenwolke. Successfactors bietet Mietsoftware über das Internet an, Ariba ist eine Handelsplattform, auf der Unternehmen ihren Einkauf abwickeln. «Die Ariba-Aktionäre haben der Akquisition bereits zugestimmt», sagte Brandt. «Wir gehen weiterhin davon aus, dass wir die Akquisition im vierten Quartal abschliessen können.» Derzeit wird die Übernahme von amerikanischen Wettbewerbshütern geprüft. Mit einer Entscheidung rechnet Brandt in den nächsten Wochen. Ariba bringt SAP etwas völlig Neues. Es ist ein geschäftliches Netzwerk, eine Art Amazon der Geschäftswelt, welches es Unternehmen ermöglicht, ihren IT-Einkauf komplett über eine Plattform abzuwickeln. Das Geschäftsmodell sieht so aus, dass der Betreiber einen bestimmten Betrag des Einkaufsvolumens bekommt. 

Mitarbeiter verursachen Kosten

Die Schulden, die SAP für die beiden Grossübernahmen aufnahm, wollen die Walldorfer so schnell wie möglich zurückzahlen. «Das wird planmässig in den nächsten zwei Jahren der Fall sein», sagte Brand. «Angesichts unseres Cashflows, der im vergangenen Jahr knapp 3,8 Milliarden Euro betrug, sollte das möglich sein.» Insgesamt hatte SAP für Successfactors 3,4 Milliarden Dollar gezahlt, für Ariba 4,3 Milliarden Dollar.  Die Expansion zieht neben den Übernahmekosten weitere Aufwendungen nach sich. «Wir haben im ersten Halbjahr sehr stark investiert und Mitarbeiter eingestellt - vor allem in Vertrieb und Marketing - mit der Konsequenz, dass unsere Kosten stärker als die Erlöse gestiegen sind», sagte Brandt. «Im zweiten Halbjahr müssen wir die Kosten zwar nicht reduzieren, aber den Anstieg der Kosten im Griff behalten.» Das wird flächendeckend geschehen. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Europa braucht Wachstumsagenda

Europa braucht Wachstumsagenda

Europa braucht laut Brandt eine Wachstumsagenda. Der dem Rest der Welt konjunkturell hinterherhinkende Kontinent müsse wieder stärker wachsen und das gehe nur über Innovation. «Auf europäischer Ebene existieren verschiedene Programme mit einem Milliardenvolumen, um Innovation zu fördern», sagte Brandt. Das müsse einhergehen mit einer Flexibilisierung des Arbeitsmarktes in vielen Ländern - wie mit der Agenda 2010 in Deutschland geschehen. «Arbeitslosenquoten, wie wir sie heute in Spanien, Griechenland oder Portugal sehen, sind nicht tragbar.»  Ein Auseinanderbrechen der Eurozone hält Brandt nicht für das geeignete Mittel, um die aktuelle Krise in Europa zu lösen. «Meiner Meinung nach wäre es nicht der richtige Weg, wenn einzelne Länder aus der Eurozone ausschieden», sagte Brandt. SAP selbst hat keine allzu grosse Eisen in den südeuropäischen Krisenländern im Feuer. In Portugal, Italien, Griechenland und Spanien macht SAP etwa zwei Prozent der Software-Umsätze, der Anteil am Gesamtumsatz liegt bei weniger als vier Prozent. «Das sind keine Grössenordnungen, die angesichts der aktuellen Turbulenzen Anlass zur Sorge geben.»

Zufrieden mit Hana

Noch sind die Hana-Verkaufszahlen zwar bescheiden. Bis Ende Juni steuerte die Datenbank mit 113 Millionen Euro gerade mal knapp 1,6 Prozent zum Gesamtumsatz bei, zufrieden ist Brandt trotzdem: «Unser Geschäft mit Hana läuft ausserordentlich gut»

Doch das Wachstum ist rasant. Im Gesamtjahr will SAP mit Hana schon 320 Millionen Euro umsetzen. «Wir haben im Moment 500 Kunden», sagte Brandt. Der technologische Vorsprung vor der Konkurrenz betrage nach wie vor eineinhalb bis zwei Jahre. Hana ist eine Eigenentwicklung der Walldorfer. Mit dem Programm wird die Auswertung von komplexen Datenbanken in den Hauptspeicher des Computers verlegt und so erheblich beschleunigt. Beim Hauptspeicher sind die Zugriffszeiten sehr viel kürzer als bei Datenbeständen auf der Festplatte.

35 Prozent Marge im Blick

Die neuen Wachstumsfelder haben eine geringere Marge als das angestammte Geschäft mit auf Unternehmensrechnern installierter Software (On Premise), das SAP gross gemacht hat. Die beiden Margen werden sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren jedoch annähern, sagte Brandt. Trotz starken Wachstums in Geschäften mit geringerer Profitabilität bekräftigte Brandt das Ziel, die Marge insgesamt hochzufahren. «Wir haben uns für 2015 ein Profitabilitätsziel von 35 Prozent gesetzt und wir sind gut unterwegs, dieses auch zu erreichen», sagte er.

Sollte SAP die 35 Prozent schaffen, würde ein langgehegter Traum, die Rendite auf das Niveau von Oracle zu heben, in Erfüllung gehen. 2011 waren die Walldorfer noch zwei Prozentpunkte von ihrem Ziel entfernt. In den ersten sechs Monaten ging die Marge wegen der stark gestiegenen Umsätze und gestiegenen Kosten leicht zurück.

Insgesamt zeigte sich SAP in den vergangenen Quartalen aber weitgehend immun gegen die Schuldenkrise in der Eurozone und Einbrüche in einigen Kundenbranchen. Die Wachstumsaussichten für Software sieht Brandt in diesem Jahr weltweit bei sechs Prozent, wobei Europa mit plus 2,5 Prozent zwar schwächer dasteht als Amerika und Asien, aber noch wachsen soll.



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