Roche-CIO Alan Hippe 23.09.2014, 09:22 Uhr

«Brauchen die besten Informatiker der Welt»

Roche baut einen neuen IT-Standort vor den Toren Basels. CIO Alan Hippe sagt, wie er die besten Informatiker der Welt nach Kaiseraugst locken will.
Alan Hippe will die besten Informatiker der Welt für Roche gewinnen
Für mehr als eine halbe Milliarde Franken baut Roche im aargauischen Kaiseraugst eine neue IT-Zentrale auf. Über den Ausbau des Standorts sprach Computerworld mit Chief Information Officer Alan Hippe. Er erklärt Strategien der Informatikorganisation und äussert sich über die Herausforderung, die weltweit besten Fachkräfte für den Pharmakonzern zu gewinnen.
Computerworld: Warum bauen Sie eine neue IT-Zentrale am Standort Kaiseraugst?
Alan Hippe: Der in Zukunft zusammengezogene Informatikbetrieb in Kaiseraugst unterstreicht die bedeutende Rolle der IT für die Wertschöpfung von Roche. Computertechnologie unterstützt und treibt heute Innovationen in allen Geschäftsbereichen, unter anderem in Forschung und Entwicklung, Verkauf, Diagnostik. Überall ist die IT fest eingewoben in das Geschäft. Mit dem neuen Standort wollen wir die Zusammenarbeit auch bereichsübergreifend stärken.
Der eigentliche Grund für den Umzug ist allerdings, dass die Informatik heute über diverse Standorte in der ganzen Stadt Basel verteilt ist. Dies erschwerte die Interaktionen innerhalb der IT. Das Zusammenbringen der verschiedenen IT-Funktionen an einem Standort soll die Zusammenarbeit stärken.
Gab es alternative IT-Standorte? Allenfalls auch im Ausland?
Für die Kollegen hier im Dreiländereck hat sich diese Lösung angeboten, weil die IT damit nahe am Hauptsitz und an der ganzen Wertschöpfungskette ist. Allerdings ist Basel nicht der einzige Informatikstandort von Roche. Die IT ist ein globales Netzwerk mit grossen Abteilungen in Madrid, San Francisco und Warschau. In der Schweiz sind IT-Kollegen natürlich auch bei Roche Diagnostics am Hauptsitz in Rotkreuz beschäftigt. Für die ganze Unternehmensgruppe gilt: Die Informatik muss nahe beim Geschäft sein, also an dem Ort, an dem die Wertschöpfung geschieht.
Was geschieht mit den bisherigen Standorten?
Heute sind die IT-Standorte im Basler Stadtgebiet nur angemietet. Die Mietverträge waren ein weiterer Grund für den geplanten Umzug. Die bisherigen Räumlichkeiten nutzt Roche allenfalls anderweitig oder sie werden weitervermietet.
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Gab es Anreize seitens der Gemeinde oder des Kantons, die die Entscheidung erleichtert haben?
Roche ist schon heute mit rund 1850 Mitarbeitern in Kaiseraugst präsent und der grösste Arbeitgeber der Gemeinde. Das künftige Investment schliesst ein, dass wir einerseits neue Gebäude errichten, andererseits aber auch die Infrastruktur ausbauen. Für die Überbauung wird das Areal teilweise umgestaltet und auch eine neue Verkehrsführung ist vorgesehen. Die Zusammenarbeit mit den kantonalen Behörden während der Planung war sehr gut.
Zügeln Mitarbeiter nach Kaiseraugst?
Das wäre mir nicht bekannt. Allerdings ist ein Umzug auch gar nicht unbedingt notwendig, denn Kaiseraugst liegt vor den Toren Basels. Schon heute sind dort rund 400 IT-Mitarbeitende beschäftigt. Roche wird mit einem Shuttle-Service die Niederlassungen im Stadtgebiet mit dem neuen IT-Hauptsitz verbinden. Ausserdem ist das Areal Kaiseraugst ist im Halbstundentakt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln angebunden. Um die Verbindungen zu verbessern und Kapazitätsanpassungen entsprechend unserer Arealentwicklung sicherzustellen, sind wir in engem Kontakt mit den zuständigen Behörden und Verkehrsbetrieben.
Welche Rolle spielt(e) die Diskussion um Einwanderung bei der Standortwahl? Erwarten Sie Engpässe bei IT-Fachkräften?
Interessante Fragen, mit denen wir uns alle werden auseinandersetzen müssen. Bei der aktuellen Standortwahl hatte die Einwanderungsdiskussion aber keine Bedeutung.
Jedoch gilt für Roche, dass die besten Köpfe für die Informatik eine absolute Notwendigkeit sind, um im Wettbewerb die Spitzenposition einzunehmen. Dafür benötigen wir die besten Informatiker der Welt. Die Bewerber können wir heute nach Basel locken, weil die Schweiz ein attraktiver Standort ist. Wichtig ist auch der Austausch von Mitarbeitenden zwischen den verschiedenen Roche-Standorten wie Madrid, San Francisco und Warschau. Mit Blick auf die zurzeit diskutierte Zuwanderungsbeschränkung bin ich der Überzeugung, dass sich in der Gesetzgebung und der Umsetzung der Pragmatismus durchsetzen wird. Ich rechne nicht mit Nachteilen für den Standort Schweiz.
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Die Informatiker nehmen sicher ihre Computer mit nach Kaiseraugst. Welche Infrastruktur wird gezügelt?
Schon heute betreibt Roche ein Rechenzentrum in Kaiseraugst. Dort liegt der Schwerpunkt auf dem Infrastrukturbetrieb. Diese Installation wird im Zuge des Ausbaus modernisiert und die Kapazität erheblich ausgebaut. Allerdings ist dafür dank moderner Technologien und Konzepte wie High?Density Data Centers nicht mehr Fläche erforderlich.
Werden in den neuen Gebäuden moderne Arbeitsplatzkonzepte angewandt, beispielsweise Ruhezonen, Telefonkabinen und Treffpunkte?
Selbstverständlich schaffen wir in den vier IT-Gebäuden moderne Büro-Umgebungen. Dabei orientieren wir uns aber nicht an den Konzepten unserer Mitbewerber aus der Branche, sondern passen die Installationen an die Bedürfnisse von Informatikern an. Roche wirbt um die besten Fachleute der Welt und steht dabei im Wettbewerb mit den besten Unternehmen im IT-Bereich. Eine attraktive und adäquate Arbeitsumgebung ist wichtiges Rekrutierungskriterium, um die besten Kandidaten zu bekommen.
Die Entwürfe sehen heute ein offenes Raumkonzept mit flexiblen Arbeitsplätzen, Meeting-Bereichen, Ruhezonen, Cafeterien, Auditorien und einem Fitnesszentrum vor, um nur einige Details zu nennen. Zusätzlich zu dem schon genannten Shuttle-Service wird es auch einen Veloverleih und Veloparkplätze geben.
Viel Wert legt Roche natürlich auf die adäquate Ausstattung der Gebäude mit Technologie. Die Infrastruktur wird sich mit den Besten messen können: Beispielsweise sind sechs eigene Videokonferenz-Räume und ein arealweites WLAN geplant. Wenn wir auf Mobilität setzen, müssen wir auch die passende Infrastruktur dafür bereitstellen.
Das tönt nach einem attraktiven Arbeitsumfeld. Zügeln Sie selbst nach Kaiseraugst?
Nein, ich bleibe im Hauptsitz in Basel. Meine weltweite Verantwortung für Finanzen und Informatik bringt mit sich, dass ich sehr viel unterwegs bin. Natürlich besuche ich schon heute auch die Kollegen in Kaiseraugst, aber auch die IT an den anderen Standorten will ich nicht vernachlässigen. Wenn die neuen Gebäude stehen, werde ich sicher noch häufiger in Kaiseraugst sein.



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