26.06.2012, 14:03 Uhr

Mehr Freiheit mit eBooks

Uneinheitliche Kopierschutzmassnahmen verhindern das schrankenlose Lesen gekaufter Bücher. Wir erklären, was man wo lesen kann und wie es funktioniert.

Warum man sich eBooks überhaupt antun sollte

Papier lässt sich nicht nur mit dem Auge, sondern auch mit dem Tastsinn und dem Geruchsinn wahrnehmen – es wird folglich gerne als sinnlich bezeichnet, wodurch der Gegensatz zum angeblich seelenlosen, sinn-losen digitalen Buch hervorgehoben werden soll.
Das ist sicher ein Argument, doch dem gegenüber stehen eine ganze Reihe von guten Argumenten für die elektronische Form. Dank leistungsfähiger mobiler Geräte kann man in fast jeder Situation elektronisch lesen, in der man auch ab Papier lesen könnte. Gewisse eBook-Reader sind so günstig, dass man sie ohne Bedenken überall hin mitnimmt. Die Qualität der Darstellung ermüdet die Augen nicht mehr schneller als bei Papier. Manche Bildschirme erreichen Auflösungen, die höher sind als im Druck.

Wenn im Freien der Wind weht, braucht man sich nicht mehr darüber zu ärgern, dass sich die Seiten ständig selbst umblättern. Bei selbstleuchtenden Bildschirmen klappt das Lesen auch im Dunkeln, dazu wird in der Regel ein Nachtmodus mit dunklem Hintergrund angeboten. So schwärmen bei geöffnetem Fenster nicht alle Mücken und Nachtfalter in die Wohnung.

Das Buch öffnet immer sogleich an der zuletzt gelesenen Stelle. Praktisch ist die Volltextsuche: Ohne Probleme findet man Passagen wieder, die man noch einmal nachlesen möchte. Sehr bequem lassen sich Notizen und Markierungen anfügen, ohne das Buch zu besudeln. Diese Notizen kann man auch wieder löschen, und auch sie können durchsucht werden.

Sie möchten ein Buch sofort zu lesen beginnen? Klar: herunterladen und los gehts. Beim nächsten Umzug und auch in den Ferien gibt es weniger zu schleppen. Durch eBooks werden keine Wälder abgeholzt, eBooks sind nicht plötzlich vergriffen, eBooks verbrennen nicht. Damit sind sie sowohl resistent gegen unabsichtliche Brände, wie auch gegen die völlig hirnverbrannte Tradition der Bücherverbrennungen. Nächste Seite: Stolperstein DRM

Stolperstein DRM, oder: Warum eBooks nicht so toll sind, wie sie sein könnten

Solange man sich bei eBooks auf freie Inhalte beschränkt, ist die Freude ungetrübt. Mit freien Inhalten sind Werke gemeint, deren Urheberrecht abgelaufen ist. Das Project Gutenberg beispielsweise bietet Zigtausende von Klassikern in mehreren Dateiformaten, von denen garantiert mindestens eines auf jedem eBook-Reader unterstützt wird.

Bei geschützten Werken, für die man bezahlen muss, sieht es weniger erfreulich aus. Leider haben es die Anbieter wie so oft auch hier nicht geschafft, sich auf einen gemeinsamen Standard zu einigen, mit dem alles unkompliziert und schrankenfrei benutzt werden könnte. Stattdessen bekämpfen sich die verschiedenen Fraktionen (Amazon, Apple und die klassischen Buchhändler) gegenseitig mit nicht kompatiblen Datei- und Kopierschutzformaten und treten dabei gleichzeitig auch als Anbieter von Lesegeräten auf. Die Botschaft lautet: Kauf alles bei uns, dann hast du keine Sorgen.

Ausser Acht gelassen wird dabei, dass Bücher langlebige Inhalte sind. Ein gutes Buch liest man auch nach Jahren noch ein zweites Mal. Im Falle von eBooks kann das aber mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein, denn wenn man in der Zwischenzeit die Plattform gewechselt hat, ist nicht sichergestellt, dass die einmal gekauften Werke auch auf dem neuen Gerät noch geöffnet werden können. Angesichts der kurzen Halbwertszeiten von Tablets, Apps und zugehörigen Betriebssystemen sollte man sich genau überlegen, was man wo kauft – und auch über die technischen Voraussetzungen informiert sein. Diese erfahren Sie in den nächsten Abschnitten. Nächste Seite: Dateiformate und DRM-Formate

Dateiformate

Das am weitesten verbreitete eBook-Dateiformat ist ePub. Es kann von fast allen eBook-Readern wie auch von Tablets und Smartphones gelesen werden. Nur Amazon sperrt es bei seinen Kindle-Readern aus. Amazon benutzt in seinem Shop und auf seinen Geräten eigene Formate. Für den Kindle Fire ist es das Format mit der Dateiendung .kf8 (Kindle Format 8), ältere Kindle-Geräte verwenden .azw. Bücher in diesem Format lassen sich auch auf Smartphones und Tablets (iOS, Android, Windows Phone) und PCs (Mac, Windows) öffnen. Amazon selbst bietet dafür die jeweils nötige Software kostenlos an.

Schliesslich können Bücher oder Magazine auch in Formaten wie PDF, HTML oder gar reinem Text (.txt) vorliegen.

DRM-Formate

Sowohl Apple als auch der klassische Buchhandel verwenden das Dateiformat ePub – trotzdem sind gekaufte Bücher nicht untereinander austauschbar. Einkäufe aus dem Apple-Store laufen nicht auf dem Oyo-Reader und den verschiedenen Sony-Readern. Auf dem iPad lassen sich umgekehrt Werke vom Buchhandel anzeigen, aber nur innerhalb einer speziellen App, nicht in der iBooks-App von Apple. Der Grund für diese unbefriedigende Situation: Apple, Amazon und der restliche Buchhandel benutzen je ein eigenes DRM-System (Digital Rights Mangament). Dieses hat den Zweck, kostenpflichtige eBooks vor illegaler Verbreitung zu schützen. Mit einem DRM-System geschützte Bücher können zwar wie gewöhnliche Dateien beliebig kopiert und verschoben werden, doch der Inhalt lässt sich nur anzeigen, wenn der Benutzer als rechtmässiger Käufer des Buches authentizifiert wird.

Wenigstens sind die Bücher der in der Schweiz verfügbare Online-Buchhändler wie books.ch, buch.ch oder thalia.ch untereinander austauschbar: Sie verwenden alle das DRM-System Adobe Digital Editions in Kombination mit ePub oder (selten) mit PDF.

Zusammenfassung



Auf der nächsten Seite: Einige konkrete Möglichkeiten

Einige konkrete Möglichkeiten

Wie die Tabelle zeigt, ist das iPad und seine Artverwandten (iPhone, iPod touch) das «kompatibelste» Gerät, denn es kann alle Formate anzeigen. Die Adobe-DRM-Bücher aus dem Buchhandel sind dafür die zukunftssichersten eBooks: Sie lassen sich überall lesen ausser auf dem Amazon Kindle. Demzufolge wäre die ideale Lösung, im Online-Buchhandel kaufen und dann überall lesen, z.B. auf dem iPad.

Was die Tabelle allerdings nicht zeigt: Wie einfach oder kompliziert es ist, die jeweiligen Inhalte zum Laufen zu bringen. Zum Beispiel ist das Einkaufen neuer Bücher mit dem Kopierschutz von Adobe auf dem iPad recht umständlich.

Mit Adobe Digital Rights geschützte Bücher lassen sich mit der Reader-App von Orell Füssli anzeigen. Der Reader steht für iPad und iPhone sowie für Android-Geräte kostenlos zur Verfügung.

Es ist nicht möglich, Bücher in der App selbst zu kaufen. Besucht man mit dem Browser des iPads www.books.ch, eröffnet sich aber die Möglichkeit, Bücher direkt in die App herunterzuladen (Anleitung mit Screenshots). Nur funktioniert das natürlich bei den Websites von anderen Buchhändlern nicht, und bei books.ch fehlen oft eBooks, die man auf thalia.ch oder buch.ch findet. In diesem Fall muss man einen Browser wie iCab benutzen, der Dateien herunterladen und an die Reader-App senden kann. Oder man kauft Bücher grundsätzlich nur am PC und überträgt die Dateien dann aufs iPad.

Beim Einkaufen im iBooks-Store ist es genau umgekehrt: Die Bücher bleiben in der mobilen Apple-Welt gefangen, sind also nicht zukunftssicher. Andererseits ist iBooks die bequemste Methode; Bücher lassen sich herunterladen und sogleich in der selben App lesen. Die iBooks-App ist hervorragend gemacht, das Angebot somit verlockend. Das Lesen mit der iBooks-App macht Spass, Einkäufe können jederzeit auf Zweit- und Drittgeräten gratis nachgeladen werden, und sogar die eigenen Notizen in den Büchern lasssen sich auf Wunsch mit mehreren Geräten synchroniseren.

Für Android gibt es die Oyo-App von Thalia. Damit können Bücher bei Thalia (grosse Auswahl) eingekauft und in der gleichen App geladen werden.

Auf einfachen eBook-Readern wie dem Oyo oder den Readern von Sony ist ePub mit Adobe-DRM ebenfalls lesbar. Die dafür nötige Software wird auf dem Computer installiert und von dort das Buch auf den Reader übertragen.

Die eBooks aus dem Amazon-Shop lassen sich mit einer speziellen Kindle-App auf den verschiedensten iOS- und Android-Geräten anzeigen. Teilweise braucht es dafür nicht einmal eine App: Der Kindle Cloud Reader zeigt die gekauften Bücher direkt im Webbrowser von Mac, PC und iPad an. Auf einem einfachen Reader wie dem Oyo oder dem Sony Reader lassen sich die Amazon-Einkäufe aber nicht lesen, denn diese Geräte bieten weder einen Webbrowser noch die Fähigkeit, Apps zu installieren.



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