18.07.2012, 11:04 Uhr

Mayer kam nicht - Yahoo stagniert

Yahoo stagniert. Im letzten Quartal wurde ein Umsatz von 1,08 Milliarden Dollar erzielt, praktisch gleich viel wie im Vorjahreszeitraum. Der Gewinn viel um vier Prozent auf 227 Millionen Dollar. Mehr als die Zahlen interessierte allerdings, was Marissa Mayer zu sagen hatte. Die glänzte allerdings mit Abwesenheit.
Marissa Mayer: perfekter CEO oder Biest?
«Weil dies Melissas erster Tag ist, wird sie nicht an dieser Telefonkonferenz teilnehmen», sagte Finanzchef Tim Morse, als er die Yahoo-Zahlen des zweiten Quartals vorstellte. Damit enttäuschte er die meisten Medienvertreter und Analysten, denn die Zahlen waren nicht besonders spannend. Diese haben sich gegenüber dem Vorjahreszeitraum nicht gross verändert, der Umsatz stagnierte, während beim Gewinn ein leichtes Minus von vier Prozent auf 227 Millionen Dollar zu verzeichnen war. Pro Aktie gab es 0,27 Dollar Gewinn, das immerhin überraschte die Analysten, welche mit 20 Cent pro Anteil gerechnet hatten, die Aktie stieg darum nachbörslich. Viel lieber hätten die Finanzexperten aber gehört, was Marissa Mayer, seit gestern CEO von Yahoo, zur Strategie des Internetpioniers zu sagen gehabt hätte. Denn Mayer, deren Karriere in der Schweiz bei der UBS begann, tritt das Amt mit einem Rucksack voller Vorschlusslorbeeren und einem makellosen Lebenslauf an. Beim einstigen Branchenprimus Yahoo erhofft man sich von ihr, dass sie weiterführt, was ihr bei Google vorzüglich gelang: Neue Produkte schaffen, welche die Internetwelt verändern und mit ihrem jungen Image Yahoo als Arbeitgeber für Talente attraktiv machen. Dies war gestern die am weitesten verbreitete Meinung, berühmte Tech-Investoren oder renommierte Journalistensahen bereits die Wiedergeburt Yahoos.

Das Biest Marissa Mayer? 

Doch mittlerweile hat der Wind im Blätterwald etwas gekehrt, allen voran «Businessinsider.com» hat ein interessantes Interview geführt. Ein ehemaliger Google-Verantwortlicher hat demnach gesagt, «Das ist ein grossartiger Tag für Google ? und ein Nagel in den Sarg Yahoos». Die Quelle beschreibt Mayer als Person, die «härter als irgendjemand sonst arbeitet» und «klüger als 99 Prozent der Leute ist». Allerdings könne sie sich nicht zurücknehmen und «versteht keinen anderen Führungsstil als Einschüchterung oder Erniedrigung ihrer Mitarbeiter». Demzufolge habe auch niemand im Unternehmen verstanden, warum sie so viel Macht hatte, zitiert Businessinsider weiter. «Ausser, dass sie effektiv 24 Stunden, sieben Tage die Woche arbeitet». Interessant sind auch die Aussagen zu ihren Führungstaktiken: «Sie hatte sich daran gewöhnt, die Leute dazu zu bringen, vor ihrem Büro Kaffe zu trinken und herumzusitzen, bis sie ihnen einen Termin gab. Dann mussten die geladenen Personen zur vereinbarten Zeit wiederkommen und vor dem Büro warten, damit sie schliesslich einen nach dem anderen in Fünf-Minuten-Terminen abgefertigen konnte, auch die Vizepräsidenten Googles. Man fühlte sich vollkommen veralbert.» Lesen Sie auf der nächsten Seite: Steve Jobs als Vorbild

Steve Jobs als Vorbild

Um herauszufinden, ob Yahoo mit Mayer nun das Genie bei Google oder einen Tyrannen erhält, wurde noch eine andere Google-Angestellte befragt, die mit ihr nahe zusammengearbeitet haben. Ihre Antwort: «Marissa ist sowohl als auch. Vor gut zehn Jahren war sie wirklich so, doch wie alle ist auch sie erwachsen und selbstsicherer geworden. Sie ist heute eine andere Person und eine andere Führungskraft.» Dies bedeute aber nicht, dass sie mit weniger Engagement bei der Sache ist oder von ihrem Mitarbeitern weniger verlangt. Die Anti-Mayer-Quelle hat Business-Insider in einer Mail demnach noch eine ziemlich akkurate Beschreibung geliefert: «Marissa ist ein Albtraum als Mensch, aber sie beendet, was sie beginnt. Und wenn eine Voraussetzung für den CEO ist, eine gute Person zu sein, hätten wir Apple nicht.» Und diese Anspielung auf Steve Jobs kann sich Marissa Mayer zu Herzen nehmen. Denn auch von ihr wird erwartet, dass sie ein einst erfolgreiches Unternehmen wieder aus der Beinahe-Bedeutungslosigkeit herausführt. Spätestens dann würde sich auch niemand mehr daran stören, wie viele Leute vor Mayers Büro Kaffee trinken müssen.



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