Landminen 09.01.2017, 14:35 Uhr

Forscher wollen mit Drohnen Jagd auf Minen machen

Auch lange nach dem Ende kriegerischer Konflikte reissen Minen weltweit Unschuldige aus dem Leben. Schweizer und deutsche Forscher wollen die hinterhältigen Sprengfallen nun aus der Vogelperspektive finden.
Der Kampf gegen Minen ist ein schwieriges Unterfangen: Minensucher pieksen Sonden in den Boden und begeben sich in Lebensgefahr. Hunde müssen für sehr viel Geld ausgebildet werden für die Suche nach den Sprengkörpern. Und wenn Raupenfahrzeuge die Minen sprengen, zerstören sie dabei auch den ganzen Boden. 
Um das Problem zu entschärfen, riefen Wissenschaftler der Fachhochschule Nordwestschweiz mit der Uni und Hochschule Ulm das Projekt FindMine ins Leben: Die Forscher wollen mit Drohnen Jagd auf Landminen machen. Ihre Drohne soll dabei über verminte Gebiete fliegen und den Boden mittels Radarsensoren nach Sprengkörpern abscannen - kostengünstig und sicher aus der Vogelperspektive. Man könne mit Drohnen nun mal viel grössere Flächen absuchen, sagt Professor Christian Waldschmidt, Leiter des Instituts für Mikrowellentechnik an der Universität Ulm. Die Zahl der durch Landminen verletzten oder getöteten Menschen auf der Welt stieg im vergangenen Jahr drastisch. Mindestens 6461 Menschen seien Opfer geworden, berichtete die Organisation Handicap International in München vor kurzem unter Berufung auf den «Landmine Monitor 2015». Das sind rund 75 Prozent mehr als 2014. 78 Prozent der Opfer waren den Angaben zufolge Zivilisten - davon wiederum 38 Prozent Kinder.

Drohne und Radar 

Während die Schweizer in dem dreijährigen Projekt an der Drohne selbst bauen, kümmern sich die Ulmer um den Radarsensor, der die hinterhältigen Fallen im Boden erkennen soll. Ein kompliziertes Vorhaben: Die Sensoren dürfen nicht zu schwer sein, die Drohnen schwanken im Flug.  Die Drohne soll per Autopilot 1,50 Meter hoch über dem Boden schweben und entlang ihrer Flugbahn elektromagnetische Wellen 20 Zentimeter tief in den Boden schiessen. Das Signal wird im Boden reflektiert, aus Unmengen von Aufnahmen soll ein hochauflösendes Bild generiert werden.  Eine Mine hat eine spezifische Form und ist mit dem Sprengstoff TNT gefüllt, sie leuchtet sehr hell auf dem Bild auf. Auch Attrappen und selbst gebastelte Minen wollen sie finden. Nach dem Drohnenflug sollen Minenräumer die Sprengfallen ausgraben.  Vor allem die Ungenauigkeit in der Drohnen-Bewegung macht den Forschern zu schaffen. «Das ist eine gewaltige Herausforderung», sagt Waldschmidt. «Das hat noch keiner gemacht.» Denn die Drohnen sollen natürlich möglichst alle im Boden versteckten Minen finden.  Nächste Seite: Selbstgebaute Sprengkörper

Selbstgebaute Sprengkörper 

In einer speziellen Absorberkammer testen sie die Forscher die Sensoren, der Raum ist mit Schaumstoffpyramiden abgedichtet, in die Kohlenstoff eingelagert ist. Alle unerwünschten Strahlen werden dort absorbiert.  Die Not macht die Ulmer Tüftler erfinderisch. Weil ihnen der Zugang zu echten Minen und Attrappen verwehrt ist, bauen sie Sprengkörper mit Cremedosen und Silikonfüllung nach. «Wir wollen die elektrischen Eigenschaften der Mine nachbilden», sagt Doktorand Markus Schartel.  Die Minen-Drohne soll vor allem in trockenen Regionen zum Einsatz kommen. «Irak, Iran, Syrien, Ex-Jugoslawien - es gibt noch wahnsinnig viele Minengebiete», sagt Waldschmidt. Feuchte Böden durchdringt sie nur schlecht.  Erste Tests sind absolviert, nun müssen Drohne und Radartechnik aufeinander abgestimmt werden. Gegen Ende der dreijährigen Projektlaufzeit wollen die Forscher die Drohne in tatsächlichen Minengebieten wie Sarajevo oder in Kambodscha testen.  Man peile keine «Revolution» an, sagt Christian Waldschmidt, Leiter des Instituts für Mikrowellentechnik an der Universität Ulm. «Aber wir wollen die Detektion massiv beschleunigen.»



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