19.06.2013, 20:00 Uhr

Kostenfrage dominiert BÜPF-Diskussion

Am Open Hearing zur Revision des BÜPF kamen wichtige Vertreter der Strafverfolgungsbehörden und der Branche zu Wort. Doch anstatt über die Grenzen des Schnüffelstaates wurde über Paragraphen und Kosten diskutiert.
Christa Hofmann (Swico), Matthias Stürmer, Andreas Brunner (Kt. Zürich) und Stefan Blättler (Kapo Bern) am Open Hearing.
Über die Revision des Bundesgesetz zur berwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BPF) trat die Rechtskommission des Ständerates Anfangs Mai ein, die Diskussion rund um das neue Überwachungsgesetz des Bundes war jedoch sehr verhalten und fand in den grösseren Medien kaum statt. Die parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit lud zu einem Open Hearing ein. Es war schon beinahe ein Fügung, dass der Prism-Skandal kurz vor dem Hearing aufgedeckt wurde. Entsprechend gut war denn auch das Kommissionszimmer im Bundeshaus besucht und Nationalrätin Edith Graf-Litscher durfte neben fünf Nationalrätsmitglieder viele technisch versierte Zuhörer aus der IT-Branche begrüssen.

Strafverfolgungsbehörden loben die Revision

Nachdem Patrick Rohner vom Bundesamt für Justiz eine kurze Einführung zu den wichtigsten Änderungen des BüPF gab, durfte der Zürcher Oberstaatsanwalt Andreas Brunner seine Sicht der Dinge darlegen. Rhetorisch brillant, stellte er das BÜPF als notwendiges Strafverfolgungsinstrument dar, welches in keiner Weise als Überwachungstaatsgesetz verunglimpft werden dürfe. «Dass das BÜPF auf eine grossflächige Überwachung der Bevölkerung abzielt, ist schlicht falsch» wies er die in letzter Zeit vermehrt auftauchenden kritischen Stimmen aus der Internetaktivistenszene in die Schranken. Diese Aussage blieb in dieser Form unwidersprochen.

Der Swico widerspricht

Das anschliessende Statement der Swico-Vertreterin Christa Hofmann hat zwar nichts an der Schärfe verloren, mit der der Verband schon eine Stellungnahme zur BPF-Revision gewürzt hatte, blieb jedoch - auch auf Grund unfairer Zwischenrufe aus dem Publikum - eigenartig blass. Hofmann machte zwar auf wirklich heikle Punkte in der BÜPF-Revision aufmerksam, unter anderem der Einsatz des Staatstrojaner und die Ausweitung des Geltungsbereiches auf kleine Anbieter, doch ihr Gegenpart Brunner wischte die Bedenken jeweils beiseite. Auch kritisierte Hofmann die Verlängerung der Vorratsdatenspeicherung von 6 auf 12 Monaten und verwies auf Studien, die keine positiven Einfluss auf die Strafverfolgung nachweisen konnten.

Die Kostendiskussion

Dem widersprach Stefan Blättler, Kommandant der Kantonspolizei Bern vehement. «6 Monate reichen nicht, das erschwert die Beweisführung erheblich» führte der Polizist ins Feld und kritisierte gleichzeitig die Kosten, die für einen Überwachungsseinsatz dem Staat aufgebürdet wird. «25'000 Franken für eine Überwachungsanfrage, das zahlt der Steuerzahler». Und da war die Diskussion plötzlich beim Punkt der Kosten angekommen, den auch die anwesenden Parlamentarierinnen, namentlich Edith Graf-Litscher und Natalie Rickli, am meisten interessierte. Es wird geschätzt, dass die Überwachungsmassnahmen im Rahmen des bestehenden BÜPF rund 20 Mio. Franken jährlich kosten. Geld, das vom Staat berappt werden muss. Blätterler fand, dass das eigentlich von den Providern übernommen werden sollte. Was für die grossen vier (Cablecom, Orange, Sunrise, Swisscom) verkraftbar sein wird, könnte für kleinere Anbieter schnell mal an die Existenzgrundlage gehen.

Zuletzt gab Rolf Auf der Maur, Jurist und Vizepräsident der Swiss Internet Industry Association (Simsa) zu bedenken, dass ein Grossteil der BÜPF-Paragraphen Delegationsnormen enthalten, also auf Verordnungsstufe und gar nie in einem demokratischen Prozess definiert werden. Somit können die dem Fernmeldegesetz unterworfenen Firmen gar nicht wissen, was für Daten sie speichern müssen. Spätestens hier kam er auch wieder auf die Kostenfrage zu sprechen - denn je nach Verordnungsgrundlage fallen diese höher oder tiefer aus.

Fazit

Wer gehofft hatte, eine hitzige Diskussion über Grundrechte und Grenzen des Schnüffelstaates an diesem heissen Mittwochnachmittag zu erleben, der wurde enttäuscht. Zwar wurden von der Swico-Vertreterin wichtige Punkte angesprochen, diese wurden aber von den anwesenden Behördenvertretern sogleich neutralisiert. Die Vertreter der Justiz wollen natürlich geeignete Mittel für die Strafverfolgung und sehen dies im BÜPF grösstenteils abgedeckt. Widerspruch gab es noch vom anwesenden Nationalrat Balthasar Glättli. Er liess auch Oberstaatsanwalt Brunner zur folgenden Aussage über den geplanten Einsatz des Staatstrojaners hinreissen: «Ich bin kein Techniker, das ist alles sehr kompliziert.» Mag sein, aber wenn das Beweisinstrument faktisch den Beweisträger verändert, sollte bei einem Juristen die eine oder andere Alarmglocke läuten.



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