18.02.2011, 08:40 Uhr

Kannibalisierung durch Online-Shop verhindern

Laut landläufiger Meinung schädigt der Onlinehandel das stationäre Geschäft. Die Universität St. Gallen hat analysiert, unter welchen Bedingungen Verkäufer vom Web profitieren.
Oliver Emrich von der Universität St. Gallen sieht grosses Potential im Online-Handel
Der Schweizer Onlinehandel ist Weltklasse ? zumindest wenn es um den Lebensmittelabsatz im Web geht. Die beiden grossen Anbieter LeShop und coop@home zählen zu den beliebtesten Internetshops hierzulande. Beide haben den Schritt aus dem stationären Handel ins Web gewagt und dabei gewonnen ? legt zumindest eine Studie der des Forschungszentrums fr Handelsmanagement der Universität St. Gallen und des Software-Lieferanten hybrisnahe. Die St Galler Wissenschaftler ermittelten in einer Befragung von Internetkäufern, wie sich lokale Händler mit ihren Onlineshops hierzulande positioniert haben. Die Befragung von 500 Schweizer und 1000 deutschen Kunden von Onlineshops ergab grundlegende Unterschiede zwischen dem Webhandel hierzulande und dem im Nachbarland. Während hiesige Shops insbesondere für Lebensmittel und Unterhaltungsmedien bekannt sind, verdienen Internethändler jenseits der Grenze am meisten Geld mit Bekleidung und Elektronik. Laut den Studienautoren Professor Thomas Rudolph und Oliver Emrich von der Universität St. Gallen treiben den Schweizer Online-Lebensmittelhandel insbesondere zwei Kundengruppen: häufige Vielkäufer und seltene Zielkäufer. «Multi-Channel-Händler mit Unterhaltungsmedien gewinnen zulasten stationärer Shops im Internet an Marktanteilen, was durch die fehlende Buchpreisbindung verstärkt wird», fügt Emrich an. Jedoch ermittelten die St. Galler Wissenschaftler auch Gemeinsamkeiten zwischen dem Multi-Channel-Handel der Schweiz und Deutschland: So sind auf bestimmte Warengruppen spezialisierte Shops online erfolgreicher als solche, die vergleichbar mit einem Warenhaus ein breites Sortiment anbieten.

Wettbewerb stärken, Verkäufe steigern

Das Ausnutzen nationaler Eigenheiten und das Einschränken auf bestimmte Warengruppen sind jedoch nur zwei Faktoren, die den Erfolg von Multi-Channel-Händlern bestimmen. Auch zeigen die Studienergebnisse, dass von einer alleinigen Kannibalisierung des Offlinegeschäfts durch den Internethandel keine Rede sein könne. «Bei einer isolierten Umsatzbetrachtung der Vertriebskanäle wird der Einfluss des Online-Shops dramatisch unterschätzt», sagt Emrich. Vielmehr liessen sich mit dem zusätzlichen Online-Verkaufskanal Kunden von Konkurrenten abwerben oder Käufer dazu animiert werden, statt nur zum Beispiel eines Artikels gleich mehrere Waren zu bestellen. «Mit der richtigen Cross-Channel-Strategie kann es gelingen, dass 60 bis 70 Prozent des Online-Umsatzes auf Basis von Wettbewerbswachstum und Kundenentwicklung beruhen», fasst der Studienleiter zusammen. Nächste Seite: «Königsweg im Online-Handel» Die drei Faktoren Kannibalisierung, Wettbewerbswachstum und Kundenentwicklung fasst die Universität St. Gallen in einem «Cross-Channel-Barometer» zusammen. Mit diesem Instrument wollen die Forscher für stationäre Händler Umsatz-Effekte durch das Internet-Business ermitteln können. Dabei berücksichtigt das Barometer auch Wechselwirkungen: «Vom Online-Shop geht eine starke Markenwirkung aus, die für Wachstum in anderen Vertriebskanälen sorgt», nennt Emrich ein Beispiel.

Der Königsweg im Online-Handel

Unternehmen, die bislang den Online-Handel noch kritisch sehen, können ihre Käufer und Kunden der Wettbewerber durch zusätzliche Angebote für den Internetkauf gewinnen. Die St. Galler Wissenschaftler raten im ersten Schritt allerdings dazu, dass sich Firmenverantwortliche auf die Stärken ihres bisherigen Geschäfts konzentrieren. So sollten das Design, der Preis, der Service, das Sortiment und die Werbung über den Offline- und den Online-Verkaufskanal zunächst homogen gehalten werden. In der Wahrnehmung der Kunden, heisst es in der Studie, sind insbesondere die Faktoren Service und Sortiment entscheidend für den Multi-Channel-Erfolg. Bessere Dienstleistungen und eine grössere Produktauswahl seien gute Gründe, um den Kunden den Schritt ins Web schmackhaft zu machen. Design, Preis und Werbung spielten hier zunächst eine untergeordnete Rolle, so Emrich und Rudolph in der Studie. Die vollständige Auswertung kann bei vom Forschungszentrum fr Handelsmanagement der Universität St. Gallen bezogen werden.



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