IBM Schweiz 09.09.2016, 11:22 Uhr

Geschäft mit Wetter und Blockchain

Das Wetter und die Blockchain-Technologie bieten für IBM auch in der Schweiz ein grosses Geschäftspotenzial. Öffentlich zitierfähige Kunden hat der Konzern jedoch noch nicht.
Bei IBM dreht sich viel um Zukunftstechnologie. Während das Geschäft seit Quartalen harzt, investiert Big Blue in neue Wachstumsfelder. Ein Zukauf in der jüngeren Vergangenheit war The Weather Company, ein US-amerikanischer Dienstleistungskonzern mit weltweit bester Vernetzung. Das Unternehmen erfasst Wetterdaten an global 2,2 Milliarden Messpunkten, die alle 15 Minuten neu ausgelesen werden. Diese Informationen nutzt The Weather Company, um seine Kunden zum Beispiel aus der Energiebranche, der Luftfahrtindustrie und dem Retail mit akkuraten und lokalen Wettervorhersagen zu beliefern. Das sagte Paul Walsh, Vice President Weather Analytics bei The Weather Company, an einem Anlass von IBM Schweiz. Die Wetterfühler der IBM-Tochter reichen natürlich auch in die Schweiz, wusste Walsh. Die Abdeckung ist sehr gut: Alleine rund 12'000 private Wetterstationen und 137 weitere von den Behörden würden 80 Prozent der Landesfläche abdecken. Die leistungsfähige Infrastruktur erlaube Updates im Takt von fünf Minuten. Alleine im Kanton Zürich stünden 1074 private und behördliche Wetterstationen, mit denen eine Abdeckung von sogar 300 Prozent realisiert werden kann. Die Updatefrequenz betrage ebenfalls fünf Minuten. 
Während die Betreiber der privaten Wetterstationen lediglich ortsbezogene Prognosen von The Weather Company als Kompensation erhalten, müssen andere Kunden zahlen. Je nach Anwendungsfall und Bedarf nutzt das Unternehmen eines von 162 Modellen für lokale und minutengenaue Vorhersagen. Wenn ein Kunde ebenfalls regionale Prognosen wünscht, um etwa sein Sortiment zu optimieren, abonniert er den Dienst der IBM-Tochter. Walsh wusste indes kein Kundenbeispiel aus der Schweiz. Die US-amerikanische Baumarktkette The Home Depot realisiert durch Wetterdaten rund 100 Millionen US-Dollar zusätzliche Verkäufe pro Jahr. Zum Vergleich: An 2200 Standorten erwirtschaftete der Weltmarktführer im vergangenen Jahr einen Umsatz in Höhe von rund 83,2 Milliarden US-Dollar. Dann sind 100 Millionen zusätzlich nicht mehr so viel. Mit einem weiteren Kundenbeispiel wusste Walsh eher zu überzeugen: Neu Bestandteil einer Police für Autoversicherungen sind Unwetterwarnungen. Zieht in einer Region ein Hagelsturm auf, werden die Fahrzeugbesitzer aufgefordert, ihre Autos unterzustellen. Der Service (mit Daten von The Weather Company) erwies sich als Erfolg: Die Versicherung konnte die Schadensfälle um 52 Prozent verringern. Quasi nebenbei eröffnet der Service dem Konzern noch einen neuen Kommunikationskanal mit seinen Kunden – ideal für das Lancieren weiterer personalisierter Dienstleistungsangebote. Nächste Seite: Business mit Blockchain Kunden ausserhalb der Schweiz hat IBM auch im Bereich Blockchain. Die japanische Börse testet die Technologie für den elektronischen Handel, die Tokioter Mizhuo Bank entwickelt auf der Grundlage der Blockchain eine eigene virtuelle Währung. In beiden Projekten involviert ist Know-how aus dem IBM-Forschungslabor in Rüschlikon. Wie Oliver Gahr, Manager IBM Systems Innovation, an dem Medienanlass sagte, leisteten die Kollegen aus dem Zürcher Vorort viel Grundlagenarbeit zu Datenschutz und Sicherheit von Blockchain-Implementierungen.
IBMs Implementierungen der Blockchain sind eine Kombination aus der öffentlicher Kontrolle und (firmenspezifisch) reguliertem Zugriff. Wie Gahr sagte, ist es für ein Unternehmen nicht akzeptabel, wenn jeder Mitarbeiter, Kunde oder Partner eine Einsicht in alle Transaktionen habe. Deshalb ergänzt Big Blue die Blockchain-Technologie um «Member Services». Damit können Kunden die Einsichts- und Zugriffsberechtigungen granular steuern. Ausserdem setzt IBM auf Konsens: Als Förderer des Hyperledger Projects – einer Open-Source-Plattform für Blockchain-Anwendungen – arbeitet IBM an der Standardisierung mit. Einige Tausend der bis anhin beigesteuerten 44'000 Codezeilen hätten ihren Ursprung ebenfalls bei IBM Research Zurich.  Gahr war überzeugt, dass Blockchain eine Grundlage bilden wird für zukünftige Geschäftsanwendungen. Mit Kunden in Europa arbeite er an Prototypen: So will ein Versicherungskonzern mit der Blockchain protokollieren, ob in einem autonomen Fahrzeug der Fahrer oder das Auto selbst das Steuer in der Hand hatte, wenn es zu einem Unfall kommt. Ein Hersteller von Airbags will sich vor billigen Plagiaten schützen und registriert dafür seine Produkte auf der Blockchain. Bei einem Defekt kann die Firma nachvollziehen, ob ein Airbag aus seiner Fertigung stammt oder ob es sich um eine Fälschung handelt. Wie Gahr sagte, könnten bei einem Rückruf die fehlerhaften Produkte ausserdem stärker eingegrenzt werden. Schliesslich mache es auch finanziell einen grossen Unterschied, ob 200'000 oder nur 500 Artikel zurückgerufen werden müssen. Der Experte gestand allerdings ein, dass es auch noch Herausforderungen gäbe: Eine ist die nicht ausreichende Geschwindigkeit, eine andere die fehlende Skalierbarkeit von Blockchain-Implementierungen. Im Rahmen des Hyperledger Projects werde an diesen Anforderungen gearbeitet, sagte Gahr.



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