20.05.2014, 10:51 Uhr

IBM-Forscher schaffen Speicherplatz für Big Data

Wissenschaftler am IBM-Forschungszentrum in Rüschlikon bei Zürich haben einen Speicherrekord mit Magnetbändern aufgestellt. Mit der Technik soll die Branche fit gemacht werden fürs Big-Data-Zeitalter.
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Mit dieser Vorrichtung gelang den IBM-Forschern in Rüschlikon der Bandspeicherrekord
Forscher von IBM Research – Zürich haben in Zusammenarbeit mit dem japanischen Unternehmen Fujifilm 85,9 Gigabit pro Quadratzoll auf ein weiterentwickeltes Barium-Ferrit-Magnetband geschrieben. Mit der weiterentwickelten Technik könnte eine LTO-Kassette bis zu 154 Terabyte an unkomprimierten Daten aufnehmen. Dies entspricht der 62-fachen Kapazität einer heutigen Bandspeicherkassette im Industriestandard Linear Tape-Open der sechsten Generation (LTO6) und stellt einen neuen Rekord bezüglich Datendichte pro Flächeneinheit auf linearem Partikel-basierten Magnetband dar. Zur Veranschaulichung: 154 Terabyte entsprechen der Textmenge in ca. 154 Millionen Büchern, die ein 1800 km langes Buchregal füllen würden. Diese signifikante Steigerung zeigt, dass eine der ältesten, aber gleichzeitig zuverlässigsten und kostengünstigsten Speichertechniken im Zeitalter von Big Data weitere enorme Kapazitätssteigerungen für die nächsten Jahre bietet.

Ideal für digitale Archive

Gemäss dem IT-Analysten IDC wird die weltweite Datenmenge bis 2020 auf etwa 40 Zettabyte (ein Zettabyte entspricht 10E21 Bytes) angewachsen sein. Ein grosser Teil dieser Daten wird jedoch nicht häufig oder binnen Millisekunden abgerufen werden müssen und in digitalen Archiven lagern. Dazu gehören Daten- und Videoarchive, Backup-Dateien sowie Sicherungskopien im Rahmen des Daten-Recovery-Managements oder der Einhaltung gesetzlicher Auflagen. Bandspeichersysteme sind für solche Anwendungen prädestiniert und weitaus energieeffizienter und kostengünstiger als Festplattenspeicher. «Bandspeicher sind wie geschaffen für Big Data», erklärt Evangelos Eleftheriou, IBM Fellow am IBM -Forschungszentrum in Rüschlikon. «Die Technologie bietet eine hohe Speicherkapazität mit geringem Platzverbrauch, sie ist zudem über Jahrzehnte hinweg zuverlässig. Ausserdem verbrauchen Bandspeicherkassetten keine Energie, wenn sie nicht in Betrieb sind – all dies für weniger als 2 Rappen pro Gigabyte.» So konnte zum Beispiel das griechische Fernsehsender AlphaTV durch die Nutzung von IBM LTO Ultrium 5 Bandspeicher sein Videoarchiv von 140 auf 36 Quadratmeter reduzieren und damit signifikant die System- und Energiekosten reduzieren. Auch beim Large Hadron Collider, dem weltweit grössten und leistungsstärksten Partikelbeschleuniger am europäischen Kernforschungszentrum CERN, kommen Magnetbandkassetten zur Speicherung der Messergebnisse zum Einsatz. In den ersten drei Betriebsjahren wurden mehr als 100 Petabyte im CERN-eigenen Massenspeichersystem aufgezeichnet. Der grösste Teil dieser Daten ist auf über 52'000 Bandkassetten archiviert. Nächste Seite: Die Weiterentwicklung im Detail Um den heute veröffentlichten Rekord zu erzielen, entwickelten die IBM-Wissenschaftler verschiedene wichtige Techniken für Bandspeichersysteme weiter. So ermöglicht eine verbesserte Schreibkopftechnik die Nutzung viel feinerer Barium-Ferrit-Partikel auf dem Magnetband. Eine verfeinerte Steuertechnik erlaubt eine nanometergenaue Präzision bei der Positionierung des Lese- und Schreibkopfes und damit eine bis zu 27-mal höhere Spurdichte im Vergleich zum heute kommerziell erhältlichen LTO6 Format. Innovative Signalverarbeitungs-Algorithmen ermöglichen eine zuverlässige Datenverarbeitung bei Einsatz eines extrem schmalen, nur 90nm breiten, magnetoresitiven (GMR) Lesekopfes. Seit 2002 arbeitet IBM insbesondere bei der Optimierung von zweifach beschichtetem und auf Barium-Ferrit-Partikeln basierendem Magnetband eng mit Fujifilm zusammen. Dank dieser Kooperation und massgeblichen Innovationen am System haben die Wissenschaftler in dieser Zeit drei Mal Rekordspeicherdichten demonstriert. Darüber hinaus forscht IBM an explorativen Techniken, um längerfristig die Speicherdichte weiter zu steigern. Anfang Mai 2014 zeigten Wissenschaftler vom IBM-Forschungszentrum in Almaden, Kalifornien, an der Intermag Konferenz, dass ein neuer Magnetbandtyp das Potenzial für eine Speicherdichte von weit über 85,9 Milliarden Bits pro Quadratzoll aufweist. Sie erforschten dazu mit Hilfe von spezialisierten Testinstrumenten und unter kontrollierten Laborbedingungen die magnetischen Eigenschaften einer kleinen Probe eines neuartigen gesputterten Magnetbandmaterials. Die Arbeit zeigt auf, dass Kapazitätssteigerungen von Bandspeichern auch durchaus noch möglich sein könnten, nachdem die heutige Technologie dereinst ausgeschöpft ist.



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