05.10.2016, 12:15 Uhr

Google zündet Hardware-Feuerwerk

Wie erwartet, hat der Suchmaschinenriese die ersten eigenen Pixel-Smartphones präsentiert, dazu noch einen smarten Lautsprecher und seine eigene Virtual-Reality-Brille.
Google hat in San Francisco neue Hardware vorgestellt. Höhepunkt waren zweifelsohne die hauseigenen Pixel-Smartphones. Ausserdem im Zentrum stand Google Assistent, Googles digitale Sprachassistentin, die mit seinen umfangreichen Chatbot-Funktionen mehr Informationen aus der Google-Suche zusammenfassen soll. Überdies wurde ein sprachgesteuerter Lautsprecher vorgestellt. Dass die künstliche Intelligenz die neue Stossrichtung ist, wollte Sundar Pichai, Googles CEO, gleich von Anfang an anhand einiger Fortschritte beim Machine Learning verdeutlichen. Beispielsweise beim Erkennen von Motiven auf Bildern: Früher habe künstliche Intelligenz in einem Bild nur einen Zug als Objekt erkannt, heute sei KI auch in der Lage, Farben des Zuges zu bestimmen und was genau im Bild geschieht. Davon profitiere auch die Spracherkennung, die inzwischen sogar zwischen Deutsch und Schweizerdeutsch unterscheiden könne (ja, das sagte er wirklich). Zweimal Pixel Damit Google Assistant auch immer mit im Gepäck ist, hat der Suchmaschinist gleich zwei Smartphones aufgetischt. Die neuen Telefone, einmal mit Full-HD- und einmal mit WQHD-Amoled-Bildschirm (2516 x 1440 Pixel) heissen nun definitiv «Pixel». Dort steht nun die schlauere Google-Suche exklusiv bei längerem Drücken auf den Home Button zur Verfügung. So kann man mit Googles Telefonen nun schneller nach dem nächsten Zug oder Kino-Event fragen. Dabei habe man alles von Grund auf «selber designed», so sagt man. Geschmiedet hat die Smartphones aber eigentlich HTC. Hinweise auf den Hersteller gibt es keine. Lediglich ein «G»-Logo deutet auf den Konzern aus Mountain View hin. «Ein schönes Gerät», verspricht Rick Osterloh, Googles Hardware-Manager. Eine Neuerung sei zudem der bessere Aufnahmemodus HDR+ in einer (laut DxOMark-Experten) aktuell besten mobilen Hauptkamera. (HDR+ gibt es aber auch bei Konkurrenzprodukten.) In beiden Pixel-Telefonen kommt eine 12,3-Mpx-Kamera mit Bildstabilisator (anscheinend nur per Software) und eine grosse Blende (F/2.0) zum Einsatz. Google Fotos und der neue Messenger Google Duo sind ebenfalls vorinstalliert, Ersteres sogar für unbegrenzten Upload. Die neuen Marken-Handys verfügen ausserdem über eine Schnellladefunktion: 15 Minuten Laden sollen gleich für weitere sieben Stunden ausreichen. Um mit den Support-Leistungen von Apple Schritt zu halten, ist (zumindest in den USA) sogar ein 24/7-Fernwartungsdienst mit einer Screenshare-Option integriert. Das Pixel-Phone wird es in zwei Grössen (5 Zoll und 5,5 Zoll) und in drei Farben geben. Im kleineren Smartphone von Google sitzt ein 2770-mAh-Aku, im grösseren ein 3450-mAh-Akku. Das Pixel und das Pixel XL, wie man sie beim Namen nennt, werden vom neusten Qualcomm-Snapdragon-Prozessor (821) mit vier Kernen angetrieben. Dazu gibts 4 GB RAM sowie 32 GB oder 128 GB Speicher. Die weiteren technischen Details haben wir Ihnen unten in der Tabelle zusammengefasst. ! TABELLE ! Natürlich wird auch Android 7.1 auf den Neuzugängern vorzufinden sein. Software-seitig kommt ein Feature dazu, das Google schon an seiner Entwicklerkonferenz (Google I/O) angedeutet hat: So werden neue Updates künftig automatisch im Hintergrund nachgeladen und stehen beim nächsten Start zur Installation bereit. Preislich sind die beiden neuen Telefone definitiv der High-End-Klasse angesiedelt. In Deutschland kostet das 5-Zoll-Handy happige 759 Euro, das grössere Smartphone mit dem 5,5-Zoll-Bildschirm gleich 899 Euro. Vorerst werden die Geräte nur in den USA, Kanada, Deutschland, Grossbritannien und Indien auf den Markt kommen. Zum Schweizer Marktstart nennt Goolge noch kein Datum oder einen Preis.  Lesen Sie auf der nächsten Seite: Daydream View: Googles eigene VR-Brille Daydream View: Googles eigene VR-Brille Das Pixel ist ausserdem das erste Smartphone, das auf Googles kommende VR-Plattform «Daydream» ausgelegt ist. «Daydream View» heisst jetzt auch Googles erste eigene Vorzeigebrille. Sie soll 30 Prozent leichter sein als Konkurrenzprodukte wie Samsungs Gear VR. Das sah in der Präsentation recht schick aus. Sogar an ein Problem moderner VR-Headsets hat Google gedacht: Für bessere Luftzirkulation ist das Headset mit weichem Mikrofaserstoff ausgestattet, damit man in der virtuellen Realität weniger schwitzt. Im Controller mit seinen Bewegungssensoren ist an der oberen Seite ein klickbares Touchpad integriert. Erste Apps für Googles neue VR-Plattform Wie bei Samsung wird man auch das Smartphone in die Brille einschieben können, jedoch den Controller bei Nichtgebrauch darin verstauen können. Noch kommende Smartphones werden das Headset ebenfalls unterstützen. Samsung fährt bekanntlich mit Oculus einen eigenen Zug und steht somit nun faktisch in direkter Konkurrenz zu Googles VR-System. Passend zur Pixel-Serie wird auch das Daydream-Headset in verschiedenen Farben erhältlich sein. Anwendungen zählt Google dazu schon einige auf: So soll ein Harry-Potter-Film eine exklusive VR-App bekommen und bereits über 50 Partner mit der Entwicklung von Apps und Games beschäftigt sein. Von Google selber werden einige Grunddienste wie Google Play, Google Photos, aber auch Street View und natürlich YouTube zum Start als VR-Apps aufrufbar sein. Überraschung: Sogar Netflix hat schon eine Daydream-App in der Mache. Wie bei Samsungs VR-Headset wird man auch in Googles Brille sämtliche 360-Grad-Inhalte bei YouTube durchstöbern können. Das Headset mit der Fernbedienung wird im November in Europa zu einem Preis von 79 Dollar erhältlich sein. Smart-Home-Expansion  Sogar einen eigenen Router hat Google vorgestellt. Er hört auf den Namen «Google WiFi». Den wird es für 129 Dollar ab Dezember in den USA geben, das Dreierpaket für 299 Dollar. Auch der Chromecast bekommt, wie erwartet, Nachwuchs. Der Chromecast Ultra beherrscht jetzt 4K sowie HDR und das Konkurrenzformat Dolby Vision. Die neue Version des Google-Dongles wird im November für 70 Dollar erhältlich sein. Ausserdem wurde ein smarter Lautsprecher namens «Home» vorgestellt, den man übers heimische WLAN mit seinem Google-Konto koppelt. Auf Geheiss mit «OK Google» kann der schlaue Lautsprecher auch Musikstücke aus Google Play Music abspielen oder «Google Assistant»-Resultate wie Übersetzungen und Websuchen ausspucken. Wenn das alles so gut funktioniert, wie in der Demo gezeigt, überrascht uns die natürliche Sprachausgabe der sympathisch klingenden Assistentin (sofern das alles so gut funktioniert, wie in der Demo gezeigt). Mit Home werden sich auch weitere Geräte vernetzen lassen, damit man zum Beispiel direkt per Sprachbefehl über die Lautsprecher ein YouTube-Video auf dem Android-TV starten kann. Google verspricht sogar die Einbindungsmöglichkeit weiterer Smart-Home-Systeme. Beispiel: Philips Hue. Den schlauen Google-Lautsprecher wird man zunächst nur in den USA ab November für 130 Dollar in den Läden vorfinden. Google hat uns übrigens zu den gezeigten Produkten noch keine Preise und Termine für die Schweiz nennen können. Wir halten Sie auf dem Laufenden. Computerworld meint Nun wird auch klar, warum bis auf Weiteres nicht Huawei, sondern HTC als Smartphone-Partner gewählt wurde. Dem im Smartphone-Bereich angeschlagenen taiwanesischen Konzern war das Weglassen des eigenen Markennamens egal, weil sich HTC ohnehin vom Smartphone-Bereich als Primärgeschäft verabschiedet hat. Der global bereits gut etablierte chinesische Smartphone-Bauer Huawei wollte (wie Android Police weiss) hingegen in den USA seine Position stärken und sein Label auf dem Smartphone sehen. Zudem wurden möglicherweise einige Versprechungen zu Provider-Partnerschaften von Google nicht eingehalten oder durchgesetzt. Und das aktuelle Beispiel zeigt: Google schafft es auch mit dem Pixel-Smartphone nicht, sich bei mindestens zwei grossen US-Providern (Ausnahme Verizon) zu positionieren. Auf dem Papier sehen die technischen Daten der neuen Geräte schon einmal gut aus, auch wenn sie preislich nicht ganz erschwinglich sind. Bis die Smartphones bei uns im Handel sind, wird es noch eine Weile dauern, weil Google noch lange nicht über ein so grosses Verkaufsstellennetz wie Samsung oder Apple verfügt. Vielleicht auch, weil man auch in der Schweiz zuerst mit Carriern wie Swisscom das Gespräch sucht. Die vielen Google-Dienste wie der neue Messenger Google Duo und zusätzliche Sprachkommandos wird man wohl bei uns nicht in diesem Umfang wie in den USA nutzen. Und dennoch: Während Apple über ein iPhone und eine Apple Watch mit ein paar Hardware-Verbesserungen eine zweistündige Keynote abhält, ballert Google einfach mal so schnell fünf neue Produkte raus, angefangen beim Smart-Home-Lautsprecher bis hin zur VR-Brille.



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