15.09.2015, 11:46 Uhr

Deutscher Zoll bremst Schweizer Onlineshopper aus

Eine neue deutsche Zollregelung sorgt an der Grenze für verdutzte Gesichter: Schweizer erhalten derzeit an Paketstationen auf online bestellte Waren keine deutsche Mehrwertsteuer mehr.
Wie Recherchen von «SRF Espresso» zeigen, bleibt es Schweizer Onlineshoppern bis auf Weiteres verwehrt, auf online bestellte Waren aus Deutschland die Mehrwertsteuer zurückzufordern, sofern Abnehmer diese nicht persönlich im Geschäft abholen. Davon berichten dem Magazin Schweizer Grenzgänger, welche sich deutsche Waren bis anhin immer an sogenannte Paketstationen ausstellen liessen. Deutsche Onlineshops wie Amazon arbeiten nicht selten direkt mit solchen Dienstleistern zusammen, um im Grenzraum den Schweizern die deutsche Mehrwertsteuer von 19 Prozent direkt zurückzuerstatten. Ein florierendes Geschäft für die Anbieter, weil diese von den Abholern eine Gebühr erhalten. Damit ist nun Schluss: Seit Montag verweigern deutsche Zollbeamte das Abstempeln.

Neuregelung kam überraschend

Sogar für die deutschen Grenzstationen soll die Neuregelung sehr überraschend erfolgt sein, nachdem entsprechende Hinweise von der deutschen Bundesfinanzdirektion Hamburg per Eilverfahren an die Zollstellen gelangt seien. Begründet wird der Entscheid damit, dass der Kauf ausserhalb der EU getätigt worden sei - also in der Schweiz. Eine steuerfreue Ausfuhr gelte nur für Waren, die vor Ort im Geschäft abgeholt würden. Gemäss dieser Regelungsauslegung dürfe der Kunde sich den Kaufgegenstand nicht von Dritten befördern lassen.

Zollämter drängten auf Klarstellung von Sonderregelungen

Eine Sprecherin des Hauptzollamts Lörrach bestätigte gegenüber «20 Minuten», dass für alle Fälle des Internet-Versandhandels eine Steuerbefreiung nicht in Betracht komme. Diese dürfe nur immer der Händler in Anspruch nehmen und sei per se nicht verpflichtet, Rabatte an Kunden weiterzugeben. Die Hauptzollämter hätten schon seit zwei Jahren auf eine Regelung gedrängt. Hintergrund sei die Rechtsunsicherheit gewesen, zumal solche Bestimmungen in den Besonderheiten nicht ausführlich genug geregelt seien.

Seco zweifelt an der Rechtmässigkeit der Sonderregelung

Bleibt zu spekulieren, ob die verschärften Warenkontrollen auch im Zusammenhang mit einem erhöhten Zollabfertigungsaufkommen ins Leben gerufen wurden. Auf jeden Fall sorgt die deutsche Neuregelung unter Juristen bereits für rauchende Köpfe: Das Seco (Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft) gab auf Anfrage von «SRF Espresso» zu verstehen, nun abklären zu wollen, ob die Neuregelung gegen das Freihandelsabkommen EU-CH verstosse. Dieses dürfe nach Auffassung des Seco keine weiteren Steuern oder Angaben erheben.



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