Der 67-Mrd-Dell-Deal 13.10.2015, 17:02 Uhr

Was bedeutet er für EMC, VMware, Kunden und Partner?

Live von der VMworld: Der Monster-Deal wird einiges durcheinanderwirbeln. Dell, EMC, VMware und Pivotal spannen zusammen. Die Chefs von VMware nehmen Stellung.
Der 67-Milliarden-Dollar Deal detonierte wie eine Mega-Bombe auf der VMworld, die zurzeit in Barcelona stattfindet. Michael Dell kauft die EMC-Gruppe, zu der die alte Storage-EMC, der Virtualisierungsmarktführer VMware und Pivtotal gehören. Als Kaufpreis werden offiziell 67 Milliarden Dollar kolportiert. 
Die von Patrick Gelsinger geführte VMware ist allerdings die Cash Cow der Gruppe, die den meisten Gewinn einfährt. Michael Dell wandte sich per Videobotschaft an die 10'000 Teilnehmer der Messe: "Ich werde in Zukunft aufs Engste mit meinem lieben Freund Patrick Gelsinger zusammenarbeiten". Nur: Der "liebe Freund" Gelsinger - immerhin der Star der Veranstalting und CEO der Firma - liess sich gar nicht blicken, sondern hielt sich dezent aus der Schusslinie. Wohl um die Nerven zu schonen. Gelsinger wird erst am Mittwoch die Morgen-Keynote halten. Stattdessen übernahm COO-Kollege Carl Eschenbach die undankbare Aufgabe, Kunden, Partnern und Journalisten von der Sinnhaftigkeit des 67-Mrd-Monster-Deals zu überzeugen.
Da werde sich kaum etwas ändern, wiederholte Eschenbach die bei derartigen Umwälzungen üblichen Beschwichtigungsversuche. Die blanken Fakten: Die Storage-EMC, die alte Infrastruktur-Geschäftseinheit, geht in den Privatbesitz von Michael Dell über, der seine Firma vor zwei Jahren von der Börse nahm. VMware bleibt öffentlich an der Börse notiert. Das sei für alle Beteiligten die beste Lösung, so Eschenbach. Die gesamte Transaktion wird in etwa neun Monaten über die Bühne gehen, wenn sich nicht noch ein anderer Käufer findet, der mehr zahlt.

Bietet HP oder Microsoft mehr?

Aber: Die schiere Höhe des Kaufpreises schränkt den Kreis potenzieller Käufer empfindlich ein. HP wäre sicher dazu in der Lage. Der Konzern splittet sich aber gerade in zwei unabhängige Unternehmen auf: Hewlett Packard Enterprise und HP Inc. HP wird den Teufel tun, und sich sicher nicht Hals über Kopf in ein weiteres M&A-Abenteuer stürzen. Obwohl Gespräche stattgefunden haben sollen. Ausserdem, ein weiteres Gegenargument, überlappt Hewlett-Packards Storage-Angebot (u.a. 3Par) stark mit dem Lösungsportfolio von EMC. Microsoft hätte sicher auch genug in der Portokasse, um sich die EMC-Gruppe leisten zu können. Nur hat Redmond mit Hyper-V bereits einen Hyper-Visor, der in den letzten Jahren kontinuierlich Marktanteile gewonnen hat. Und will sich eine Software-Company wie Microsoft tatsächlich mit der Kern-Hardware einer EMC komplettieren? Eigentlich nicht. Microsoft kann keine Hardware. Nicht wirklich. So wird sich wohl Michael Dell den Riesenhappen sichern.

Entlassungen wahrscheinlich

Dann aber wird sich viel ändern. Die Vertriebsmannschaften von EMC, Dell und VMware werden eine Konsolidierung über sich ergehen lassen müssen. EMC und Dell rücken enger zusammen, es wird Entlassungen geben. Auch die Partnerlandschaft wird sich lichten. Am allerwenigsten Sorgen muss sich VMware machen, die als weitgehend autonome Einheit an der Börse kotiert bleibt. "Ich versichere ihnen, wir werden alles daran setzen - auch um die Schulden zurückzuzahlen - dass VMware auch weiterhin erfolgreich bleibt", betonte VMware-COO Eschenbach. Und daran arbeitet das Unternehmen kontinuierlich. Gegenüber dem Dell-Deal gerieten die Neuankündigungen der VMworld fast in den Hintergrund. VMware integriert zum Beispiel Container in vSphere. Dafür virtualisiert die Firma Container, verpasst ihnen sozusagen einen virtuellen Maschinenanzug (jeVM), sodass Virtuelle Maschinen und Container gleichberechtigt nebeneinander laufen.  Mit dem Infrastruktur-Betriebssystem Photon lassen sich Cluster aus Container und Virtuellen Maschinen administrieren. Es kommt in Kürze auf den Markt und  besteht aus zwei Komponenten: dem Photon Controller, der als Open-Source erhältlich ist, und der Photon Maschine/Plattform, die im Subskriptionsmodell vertrieben wird. Ein drittes Bundle soll die Pivotal Cloud Foundry und die Photon Plattform kombinieren.

Schlachtruf SDDC

VMware zieht mit dem Schlachtruf des software-definierten, automatisierten Rechenzentrums (SDDC) in den Markt. Mit der neuen vCloud NFV (network funktions virtualisation), der vielleicht wichtigsten Neuvorstellung des ersten Konferenztages, hat das Unternehmen einen riesigen Schritt vorwärts getan. vCloud NFV soll insbesonders Telekommunikationsanbieter dabei helfen, ihre Cloud-Netzwerke aufzusetzen und zu optimieren. Und zwar hersteller-übergreifend, so das Versprechen. Die Lösung amortisiere sich innerhalb eines Jahres und generiere einen Return on Invest von 350 Prozent über einen Zeithorizont von fünf Jahren, verspricht VMware. Fazit: Um VMware muss man sich keine Sorgen machen. Bei Dell und EMC sind wir uns nicht so sicher.



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