22.10.2012, 15:10 Uhr

Das IT-Land Schweiz braucht diese Frauen

Um bei Schülerinnen mehr IT-Interesse als nur die Nutzung von Twitter und Facebook zu vermitteln, hat Swisscom eine ICT-Woche für Mädchen eingeführt. Sie ist ein Erfolg.
Voller Begeisterung und Konzentration gehen die Mädchen die ihnen gestellten Aufgaben an.
25 000 Fachkräfte fehlen der Schweizer IT-Branche im Jahr 2020, sagt eine Studie von ICT Switzerland. Der fehlende Nachwuchst ist dabei das eine Hauptproblem,  das andere die erschreckend geringe Zahl von Frauen: Nur gerade 13 Prozent aller IT-Arbeiter sind weiblich. Die Gleichung wäre deswegen ziemlich einfach: Mehr weibliche IT Lehrlinge = mehr Frauen in der IT = mehr Fachkräfte. Trotzdem haben sich an dieser Aufgabe bisher alle die Zähne daran ausgebissen, jetzt versucht die Swisscom, sie zu lösen. Der Telekommunikationsanbieter hat die «ICT Woche für Mädchen» gestartet, in welcher 12-14-jährige Frauen an die Informatik herangeführt werden sollen. Eine Woche lief der Pilotversuch, zuerst in Bern, danach in Zürich. «Wir haben je zehn Plätze vergeben», sagt Urs Glogger, Projektleider der Mädchenwoche,die Nachfrage überstieg das Angebot. «Wir hätten in beiden Städten 50 Prozent mehr Plätze vergeben können». Doch das Projekt war zum Start auf zehn Plätze beschränkt, bereits bei der nächsten Ausgabe im Frühling 2013 kann sich dies aber ändern. 

Die IT-Zukunft von übermorgen

Violette Plastikherzchen ins Haar gesteckt, gefütterte rosarote Stiefelchen angezogen, eine Spange zwischen Ober- und Unterkiefer geklemmt bekommen: Mit diesem Look blickt einen die IT-Elite von übermorgen an, wenn man den Raum im Zürcher Swisscom-Tower betritt, in dem sich die ICT-Mädchenwoche abspielt. Wobei anblicken ein unglücklich gewähltes Wort ist, denn die Teenies scheinen völlig auf ihre Aufgabe konzentriert, es werden Lego-Roboter gebaut. «Ein Highlight», wie Gloggner sagt. Er zitiert Feedbacks aus Bern, wo das Projekt in der Woche zuvor stattgefunden hat. Die meisten Mädchen fanden aber nicht nur Gefallen an Robotik. Sie waren einfach dankbar, Einblick in die Welt der IT zu erhalten, auch in Zürich: Elsa, 13, wollte schauen «was es hier so gibt». Marianna, 14: «Ich dachte, es sei ein Männerberuf. Aber es ist recht abwechslungsreich».  Damit die heranwachsenden Frauen für eine spätere Berufsentscheidung ein umfassendes Bild der IT erhalten, hat Swisscom ein vollgepacktes Programm zusammengestellt.Es müssen Arbeitsplätze komplett aufgesetzt, Bilder bearbeitet, Kombinatorik-Wissen für die Programmierung von Automaten verwendet, die Programmiersprache FMSLogo gelernt, und Roboter gebaut werden. Nach dieser Woche, so hofft Swisscom, haben die Mädchen soweit Gefallen an der IT-Welt gefunden, dass sie sich vorstellen können, später in diesem Beruf zu arbeiten.  Eine, die diese Entscheidung bereits getroffen hat ist Vivienne, Mediamatikerlehrling bei Swisscom im 2. Lehrjahr. Gemeinsam mit zwei weiteren Lernenden unterstützt sie ihre potentiellen Nachfolgerinnen. «Ich finde diese Woche cool. Das hätte ich auch brauchen können», sagt Vivienne. Auf die Frauenproblematik in der IT angesprochen, weiss sie erfreuliches zu berichten: «Zumindest in meinem Beruf hat sich viel gebessert. Wir sind etwa 30 Prozent Frauen in der Klasse.» Das liege daran, dass Mediamatiker sehr vielseitig sein, eine Mischung aus KV, Informatik und Medien.  

Kosten im fünfstelligen Bereich

Diese Begeisterung möchte Swisscom auch in den 8. Klässlern wecken, welche gerade die Roboter bauen. Potential ist vorhanden: Von 387 ICT-Lernenden bei Swisscom sind erst 63 weiblich, der Anteil Frauen in anderen Swisscom-Lehrberufen ist doppelt so hoch. Damit sich das angleicht, investiert der Telekommunikationsriese einiges. Die Kosten liegen im fünfstelligen Bereich.», sagt Josef Räber, Leiter Berufsbildung Deutschschweiz der Swisscom. «Nebst dem gesamten Material erhalten die Mädchen auch kostenlos  zu essen, inklusive Znüni und Dessert.» Ob sich die Investitionen bezahlt machen, muss die Zukunft weisen. Das Engagement ist aber so oder so zu loben.



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