06.12.2013, 14:03 Uhr

Bund wiegelt Kritik an IT-Beschaffung ab

Im September hatten mehrere dutzend Parlamentarier die IT-Beschaffungspraxis des Bundes kritisiert. Die Kritik lässt der Bundesrat grossmehrheitlich nicht gelten.
Nationalrat Thomas Maier will Informatik-Lösungen anstatt Programmierpersonal beschaffen
Im öffentlichen Beschaffungswesen der Bundesinformatik ist der Wurm drin. Die Ausschreibungen werden als sehr aufwändig kritisiert, die Zuschlagsverfahren gelten als wenig flexibel und in der Praxis werden durch beispielsweise Personalverleih Wege gesucht, um kostspielige und ressourcenhungrige Projektbeschriebe umgehen zu können. Dies sind einige Kritikpunkte von Mitgliedern der Parlamentarische Gruppe ePower. Mitglieder des ePower-Kernteams hatten Ende September den Bundesrat aufgefordert, zu zentralen Kritikpunkten Stellung zu beziehen. Mittlerweile liegen die Antworten vor. Auf die Motion von Nationalrat Thomas Maier (glp/ZH), der «Informatiksachkredite ihrem ursprünglichen Zweck zuführen» will, indem in erster Linie Lösungen und Technologien anstatt Personalressourcen beschafft werden, reagierte der Bundesrat mit der Erklärung: «Hauptsächliches Ziel [der Personalstellungen] ist der Einkauf von externen Spezialisten beziehungsweise von nicht oder nicht in ausreichendem Mass vorhandenem Expertenwissen. In aller Regel werden externe Fachkräfte nur dann beigezogen, wenn es darum geht, kurzfristige, kaum planbare Aufgaben zu übernehmen.» Die Antwort rief den Informatik-Branchenverband Swicoauf den Plan. Aus Sicht des scheidenden GeschftsfhrersJean-Marc Hensch verkennt der Bundesrat die eigentliche Problematik. Die Personalstellungen würden mitnichten für «kurzfristige, kaum planbare Aufgaben» eingesetzt, heisst es in einer Mitteilung des Swico. Dass vielmehr grosse Informatikprojekte mit dem Personal realisiert werden sollen, beweise eine «Lawine» von aktuellen Ausschreibungen rund um IT-Grossprojekte wie Fiskal-IT, Informationssystem für die Arbeitsvermittlung und Arbeitsmarktstatistik AVAM. In den Ausschreibungen würden Zeiträume von fünf Jahren genannt, was laut Hensch nicht als «kurzfristig und kaum planbar» bezeichnet werden könne. Das gesamte Auftragsvolumen beziffert der Verband mit circa 150 Millionen Franken. Wie Swico weiter mitteilt, würden hier vielmehr Personalstellungen «missbraucht», um den Aufwand des Erstellens eines detaillierten Pflichtenhefts zu umgehen. Nur bei Engpässen und in Notfällen sei das Instrument der Personalstellung «sicher sinnvoll». Nächste Seite: Innovationsbremse Beschaffung
Neben Nationalrat Maier hatte sich auch die Zürcher SVP-Nationalrtin Natalie Rickli an den Bundesrat gewandt, um die «Anpassung des Öffentlichen Beschaffungsrechts» zu erwirken. Ihr ging es um das Zurückhalten innovativer Vorschläge im Beschaffungsprozess und den Schutz des geistigen Eigentums der Informatikanbieter. Der Bundesrat sieht innovative Ideen von Anbietern im Rahmen von Vergabeverfahren «bereits hinreichend schützt». Sämtliche Angaben der Anbietenden seien auch bei IKT-Projekten grundsätzlich vertraulich zu behandeln, sei im Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) festgeschrieben. Ausserdem könnten mit Instrumenten wie Verhandlungen, funktionalen Ausschreibungen sowie dem Dialogverfahren durchaus innovative Ideen in den Beschaffungsprozess eingebracht werden, ohne dass sie Wettbewerbern zugänglich gemacht werden müssten. Wie der Bundesrat ausserdem mitteilt, ist kürzlich das WTO-Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen revidiert worden. Neu sei mehr Flexibilität bei Beschaffungsverfahren und Verhandlungen möglich. Die entsprechende BöB-Revision gehe im nächsten in die Vernehmlassung.



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