26.11.2015, 13:30 Uhr

Bank Notenstein soll Cyberattacke auf Schweizer Finanzblog durchgeführt haben

Der bekannte Finanzjournalist Lukas Hässig wirft der Bank Notenstein vor, vor drei Jahren eine DDoS-Attacke auf seinen Blog Inside Paradeplatz gestartet zu haben. Beweise dafür will er keine vorlegen.
Vor drei Jahren wurde der bekannte Finanzblog «Inside Paradeplatz» Opfer einer DDoS-Attacke. Heute schreibt dessen Besitzer, Lukas Hässig, den Angreifer nun zu kennen: Die Bank Notenstein, eine Raiffeisen-Tochter. Die Geschichte liest sich wie ein schlechter Spionage-Film aus den 70ern: Vor drei Jahren trafen sich an einem frühsommerlichen Arbeitstag Ende Mai, Anfang Juni, Notenstein-Chef Adrian Künzi, sein IT-Chef Cristoph Schwalm und ein namenloser Techniker, um einen aufsässigen Journalisten ruhig zu stellen. Dieser hatte gewagt, Artikel zu verfassen, welche den Ruf der damals neugestarteten Raiffeisen-Tochter beeinträchtigten. Der besagte Journalist war Lukas Hässig, Inhaber des bereits damals für seine kritische aber journalistisch teilweise fragwürdige Berichterstattung bekannte Finanzblogs «Inside Paradeplatz», der in Branchenkreisen über eine grosse Reichweite verfügt.

2 DDoS-Attacken in 12 Wochen

An der Sitzung evaluierte Künzi deshalb mit seinen IT-Spezialisten Möglichkeiten, weiteren Schaden für das Unternehmen abzuwenden. Die Lösung: Der Techniker wurde laut Lukas Hässig beauftragt, eine DDoS-Attacke zu starten. Einige Tage später, am 5. Juni 2012, war Inside Paradeplatz lahmgelegt. Eineinhalb Tage dauerte der Angriff, der nur Vorbote einer grösseren Attacke war. Knapp drei Monate später, am 28. August 2012, war der Finanzblog erneut vollständig blockiert. Erneut war es ein DDoS-Angriff, der den Server lahmlegte. Hässig entschied sich dazu, den Server laufen zu lassen und nur «Inside Paradeplatz» abzuschalten. Das nützte wenig, die Attacke liess nicht nach und auch die Hilfe von Cyberexperten aus aller Welt brachte «Inside Paradeplatz» nicht wieder zum Laufen. Also Entschied sich Hässig dazu, mehr in Infrastruktur und Sicherheit zu investieren. Vorspulen bis November 2015: Als Lukas Hässig herausfand, wer damals hinter dem Angriff steckte, konfrontierte er Notenstein-Chef Adrian Künzi. Dieser habe Hässig am Telefon «mit 200-prozentiger Sicherheit» versichert, nichts mit den damaligen Cyber-Attacken zu tun gehabt zu haben und auch nicht zu wissen, wer dahinterstecken könnte. Allerdings soll Künzi zugegeben haben, einmal «einen bekannten externen Internet-Spezialisten» beauftragt zu haben, zu untersuchen, ob sich Rückschlüsse auf Kommentare und Informationen bei «Inside Paradeplatz» ziehen liessen. Er und seine Kollegen hätten sich «halt in einer frühen Phase» über einige Artikel zu Notenstein «aufgeregt».

Keine Beweise, kein Gerichtsverfahren

Diese Geschichte erzählt Lukas Hässig in einem heutigen Blogeintrag. Seine Vorwürfe sind hart, auf angeordnete Cyberattacken stehen Geld oder Freiheitsstrafen. Doch Hässig erwähnt mit keinem Wort, woher er die Informationen hat. Darauf von Computerworld angesprochen, sagt der 51-Jährige lediglich: «Man muss sich schon sicher sein, bevor man eine solche Geschichte schreibt. Das ist ja ein grösseres Geschütz, das ich hier auffahre.» Um seine Geschichte einordnen zu können muss man wissen, dass Lukas Hässig auf der einen Seite ein ausgezeichneter Journalist ist. Er hat schon für den «Tages-Anzeiger» und die «Handelszeitung» geschrieben und Bücher publiziert. Er gewann verschiedene Preise, unter anderem einen für «unabhängigem Journalismus» 2010 und vor zwei Jahren den «Rechercheur des Jahres» der Fachzeitschrift Schweizer Journalist. Aber Lukas Hässig ist auch dafür bekannt, auf seinem Blog journalistische Qualitätskriterien nicht immer einzuhalten, indem er keine Quellen nennt und den Kritisierten oftmals keine Möglichkeit zur Stellungnahme bietet. Hässig sei der «Roger Köppel der Finanzjournalisten», sagte mir einmal ein befreundeter Banker. Ob Hässig die Wahrheit schreibt und Notenstein wirklich hinter dem Cyberangriff steckt, ist unklar. Der Journalist würde sich kaum soweit aus dem Fenster lehnen, wenn er keine Beweise hätte. Dann hätte er sehr schnell eine Klage am Hals (die Credit Suisse hat ihn erst letzte Woche wegen Verleumdung angeklagt, allerdings aus ziemlich obskuren Gründen). Andererseits ist es merkwürdig, dass Hässig derart vage bleibt. Und selber keine juristischen Schritte plant. Von uns darauf angesprochen sagt er lapidar: «Ich schreibe lieber, als dass ich vor Gericht ziehe.»



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