01.02.2017, 07:08 Uhr

Autonome Fahrzeuge verstehen Autofahrer

An der ETH Lausanne haben Forscher gezeigt, dass autonome Fahrzeuge sich auch im Verkehr mit Autofahrern aus Fleisch und Blut behaupten können.
Wenn in entfernter Zukunft auf unseren Strassen nur noch autonome Fahrzeuge verkehren, werden diese sich gegenseitig über zahlreiche Sensoren, den Austausch von GPS-Koordinaten und WiFi-Verbindungen verständigen und koordinieren. Was passiert aber bis es so weit ist? Mit dieser Frage beschäftigen sich derzeit Forscher der ETH Lausanne im Rahmen des europäischen Forschungsvorhabens AutoNet2030.
Konkret schlagen sie ein kooperatives und dezentralisiertes System vor, bei dem jedes verbundene Fahrzeug mit seinen nächsten Nachbarn kommuniziert. Es kalibriert somit seine Position und reguliert selbstständig seine Geschwindigkeit. Auf diese Weise kann eine Kolonne aus autonomen Fahrzeugen sowohl auf einer, zwei oder mehr Spuren einer Autobahn fahren, als auch ein auf die Autobahn auffahrendes Fahrzeug integrieren und sich entsprechend neu positionieren. Besser noch, jedes Fahrzeug profitiert von den «Augen» seiner Nachbarn und verfügt somit über eine 360-Grad-Wahrnehmung. Ausserdem wäre die maximale Anzahl der Fahrzeuge, aus denen sich die Kolonne zusammensetzt, zumindest theoretisch unbegrenzt, da sich jedes Element vollkommen autonom positioniert.

Algorithmen stammen aus Lausanne

Die Steuerung der Kolonne beruht auf einer Kontrollsoftware, die auf einem durch das Labor für intelligente und verteilte Systeme und Algorithmen (DISAL) der EPFL entwickelten Algorithmus beruhen. «Wir arbeiten seit etwa zehn Jahren an dieser Art von verteiltem Kontrollalgorithmus. Grob zusammengefasst besteht die Idee darin, Akteure (Roboter oder Fahrzeuge), die für sich genommen nicht unbedingt sehr schlau sind, kooperieren zu lassen, um ein komplexes allgemeines Verhalten zu bekommen», erklärt Alcherio Martinoli, Leiter des DISAL. Aus mathematischer Sicht bedeutet das, dass der Algorithmus die von den Sensoren der Akteure gelieferten Informationen übernimmt und entsprechend in Echtzeit die Entwicklung der Kolonne reguliert. Die Kolonne organisiert sich in Abhängigkeit eines Austritts oder eines neuen Eingangs, von Spurwechseln oder der Einhaltung einer vorgegebenen Geschwindigkeit automatisch und ständig neu. Nächste Seite: Auf Testfahrt (Video)
Die Forscher des DISAL haben im Rahmen des Projekts AutoNet2030 das System zunächst mit Robotern an Simulatoren, anschliessend mit richtigen Robotern, danach mit Fahrzeugen an Simulatoren und schliesslich mit echten Fahrzeugen auf der Strasse getestet. Die abschliessende Vorführung fand Ende Oktober in Schweden auf der Teststrecke AstaZero statt. Drei Fahrzeuge waren an der Vorführung beteiligt: ein Lkw ohne Fahrer, ein autonomes Fahrzeug und ein Fahrzeug, das von einem regulären Autofahrer aus Fleisch und Blut gesteuert wurde. Die Forscher statteten das manuelle Fahrzeug mit GPS- und Lasersensoren sowie mit einer Mensch-Maschine-Schnittstelle aus, damit der Fahrer den Anweisungen folgen und sich in die Kolonne einfügen konnte. «Auch, wenn es mit drei Fahrzeugen nicht besonders spektakulär ist, konnten wir zum ersten Mal beweisen, was wir in der Simulation bestätigt hatten», freut sich Martinoli. «Dies ist ein Machbarkeitsnachweis», erinnert der wissenschaftliche Mitarbeiter Guillaume Jornod, der die Tests durchgeführt hat. «Aber es darf gehofft werden, dass die Hersteller unter dem Druck der Nachfrage immer kostengünstigere Lösungen entwickeln, um traditionelle Fahrzeuge auszustatten, dass sie sich mit den Akteuren des Internets der Dinge abstimmen und dass wir dieses System der Mutlispurkolonne auf heterogene Fahrzeuge ausweiten können.»



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