Top-Tempo-Sprinter Flash 10.03.2016, 15:49 Uhr

volles Tempo, halber Preis

Flash wirkt als Performance-Rakete. Aber nur dann, wenn auch das Netzwerk und der Storage Controller einen hohen Datendurchsatz bringen. Der Trend geht zu All-Flash: Anbieter kämpfen mit aggressiven Rabatten um Marktanteile.
Flash ist der Formel-1-Bolide unter den Speichertypen. Seit der Einführung des Tempo-Riegels misst man die Performance, also die Zugriffszeit auf gespeicherte Daten, nicht mehr in Millisekunden, sondern in Mikrosekunden. Flash-Speicher ist also über den Daumen gepeilt tausend Mal schneller als herkömmliche Festplatten (HDD Hard Disk Drives), bei denen noch mechanische Schreib-/Leseköpfe bewegt werden müssen. Und die Preise fallen: Nahezu alle von Computerworld angefragten Hersteller, zum Beispiel Netapp, EMC, Hitachi Data Systems (HDS) oder Fujitsu, melden eine stark angezogene Nachfrage auch auf dem Schweizer Markt. «Wir sehen heute grundsätzlich keine Installation mehr ohne Flash», unterstreicht Bruno Kocher, Presales Manager bei HDS. Gestern mussten die Lösungsanbieter gegenüber ihren Kunden begründen, wenn sie Flash in ihren Speicher einbauen wollten, denn Flash war teuer. Heute dagegen, so Koch, sei die Fragestellung: Warum nicht Flash?

Trabi mit Ferrari-Motor

Doch Flash einfach in die Speicherlandschaft einzupfropfen ähnelt dem Versuch, einen Ferrari-Motor in einen ostdeutschen Trabant einzubauen, um damit die Spitzengeschwindigkeit zu erhöhen. Ab Tempo 110 Km/h werden beim Trabi die Reifen qualmen. Auch bei einer Speicherlösung wird die Performance nicht nur von der Hochleistungs-Engine Flash, also den Input-Output-Operations pro Sekunde (IOPs), sondern vom Netzwerk, vom Storage Controller (Prozessor) und von der Storage Software beeinflusst. Die Gesamtlösung ist nur so schnell wie das langsamste Glied in der Kette. Ein Beispiel: Gestern, im Zeitalter der mechanischen Plattenspeicher, waren ein 4 Gbps Fibre Channel (FC) oder ein 1 Gbps Ethernet noch vollkommen ausreichend. Heute mutiert ein solches Netz zum Flaschenhals. Auf der sicheren Seite stehen Sie mit einem Netz-Datendurchsatz von 8/16 Gbps FC oder einem 10 Gbps, besser 25 Gbps Ethernet.

Flaschenhals Storage Controller

Ein zweiter potenzieller Flaschenhals ist der Storage Controller, der Türsteher zur Speicherlösung. Zwar sind heute verbreitet Multi-Kern-/Multi-Thread-Prozessoren im Einsatz, aber die Speicher-Software muss diese Fähigkeiten der Prozessoren auch nutzen können. Ein 8-Kern-Prozessor ähnelt einer achtspurigen, parallelen Datenautobahn. Kann die verwendete Speicher-Software aber gar nicht alle acht Kerne parallel ansprechen (sondern immer nur einen Kern), dann rumpeln die Datenpakete seriell, also hintereinander, über die einspurige Landstrasse zum Endanwender. Der wundert sich dann über die trotz Flash hohe Verzögerung.
Diese Stolpersteine auf dem Weg zum Hochperformanz-Speicher sollten Sie im Hinterkopf behalten. Wenn dagegen alle Komponenten zusammenpassen, ist optimale Performance garantiert. Sascha Meier, Field CTO bei EMC, verweist auf Schweizer Grosskunden und Service Provider aus der Telekommunikationsbranche, auf Finanzinstitute und Kunden aus dem öffentlichen Sektor, die Flash-Lösungen von EMC einsetzen. Flash beschleunigt sämtliche transaktionalen Workloads, etwa Datenbanken, virtualisierte Umgebungen oder latenzsensible VDI-Lösungen. Auf Alltagsdienste wie ihren virtualisierten Desktop oder auf Datenbankabfragen warten Endanwender nicht gerne. In grösseren Archivsystemen oder Backup-to-Disk-Lösungen würden SSD Drives (Flash/Solid State Disk) jedoch bislang nur zur Beschleunigung der Metadaten eingesetzt. Die Daten selbst lagern zurzeit noch auf herkömmlichen SAS-Festplattenspeichern. Nächste Seite: Aggressive Preiskämpfe der Anbieter

Aggressiver Preiskampf

Die Analysten von IDC bescheinigen in ihrem «MarketScape: Worldwide All-Flash Array 2015-2016 Vendor Assesment» EMC mit seiner Flash-Lösung XtremeIO die grösste Marktpräsenz. Aber auch HPE (3Par 7450c), IBM (FlashSystem) sowie die beiden noch jungen Anbieter Purestorage (FlashArray) und SolidFire (SF Series) haben sich in der Spitzengruppe positioniert. Die Marktforscher von Gartner verdächtigen EMC, mit hohen Rabatten und attraktiven Wartungsverträgen ihr Scale-out-Flash XtremeIO in den Markt gedrückt zu haben. Gartner lobt aber auch die sehr schnelle Reaktion der Sales-Teams auf Probleme und eine überzeugende Roadmap für das Produkt. Bei Konkurrent Hewlett Packard Enterprise hebt Gartner die Zuverlässigkeit, Robustheit und Skalierbarkeit der Flash-Lösungen hervor. Gemeint sind die 3Par StoreServ 7450c sowie die Einsteigerlösung 3Par StoreServ 7200c All-Flash Array. Auch HPE geht mit sehr attraktiven Preisen aggressiv in den Markt und sticht dort die Konkurrenz oft aus. Als Schwächen der Lösung kritisieren die Analysten: Das Reporting, analytische Funktionalitäten und die In-line-Deduplizierung seien noch ausbaufähig beziehungsweise relativ unerprobt.

2016: Jahr des All-Flash

In den letzten Jahren wurden hybride Speichersysteme für den allgemeinen Gebrauch typischerweise mit 10 bis 30 Prozent Flash und 70 bis 90 Prozent Hard Disk Drive (HDD) ausgestattet. «2016 wird voraussichtlich ein grosser Teil der Kunden All-Flash-Lösungen beschaffen, also Systeme, in denen zu hundert Prozent Flash Drives eingesetzt werden», prognostiziert Sascha Meier von EMC. Für Meier hängt der Trend hin zu All-Flash mit den (volumenmässig) immer grösser werdenden SSD-Drives und dem massiven Preisverfall über die letzten Jahre zusammen. In Kombination mit Datenreduktionstechniken wie Thin Provisioning, Inline-Deduplikation (Dedup in Echtzeit), Kompression und Intelligent Copy Management führe das dazu, dass der Preis-Leistungsvergleich zwischen Hybrid und All-Flash in vielen Fällen zugunsten von All-Flash ausfalle. Diese Trends zusammengenommen versetzen Kunden in die erfreuliche Lage, Hochgeschwindigkeitsspeicher mit grossen Kapazitäten preisgünstig einzukaufen. Anbietern wiederum eröffnet sich ein attraktiver, schnell wachsender Markt, der 2019 weltweit 7 Milliarden Dollar Umsatz generieren soll (Gartner). Das heisst aber auch: Speicheranbieter müssen ihr Lösungsportfolio dem neuen Marktbedarf anpassen, also auf Flash umstellen. Ganz in diesem Sinne handelte Netapp. Der Anbieter gab Anfang Februar die Akquise der Flash-Spezialistin SolidFire bekannt. Nächste Seite: Netapps Marktstrategie

Netapp rüstet auf

NetApp gilt als Späteinsteiger in den Markt der Solid-State-Arrays und versucht, mit der Akquise gegenüber Konkurrenten wie EMC oder HPE Boden gut zu machen. Gleichwohl hat der Anbieter mit seiner EF-Serie und mit seinem All-Flash FAS bereits eigene Flash-Lösungen im Portfolio. SolidFire ist jetzt die dritte Flash-Lösung im Bunde, und Netapp verkauft das als Vorteil. All-Flash Array sei nicht gleich All-Flash Array, sagte Laurence James, Product Alliance & Solution MKT Manager Emea zu Computerworld. Sie adressieren unterschiedliche, klar voneinander abgegrenzte Kundenbedürfnisse: Die EF-Series lieferten extreme I/O-Leistung für einzelne Anwendungen, vorrangig im Datenbankumfeld. All-Flash FAS (auf Basis von clustered Data ONTAP) spiele seine Stärke besonders in virtualisierten Umgebungen aus. Die Lösungen von SolidFire wiederum seien im Cloud-Umfeld sehr leistungsstark. Zu den Schwächen von SolidFire zählt IDC allerdings, dass die Lösungen nicht direkt Replikas, also Zweit- und Drittkopien zu Sicherungszwecken, auf die Arrays von Konkurrenzanbietern übertragen können. Viele Kunden benutzen die teureren All-Flash-Arrays als Primärspeicher, greifen aber zu Backup- und Sicherungszwecken gerne auf die preiswerteren – und langsameren – klassischen Speicher von Konkurrenten wie EMC, HPE oder IBM zurück. Das ist mit NetApps SF-Serie bislang nicht möglich. Nächste Seite: Die 'Love your Storage'-Garantie

Herausforderer: Pure Storage

Der zweite junge Wilde, der die etablierten Anbieter EMC, IBM, HPE und Netapp herausfordert, heisst Pure Storage – das erfolgreichste Storage Start-up, das bislang noch nicht aufgekauft wurde. IDC erwähnt die ungewöhnlich hohe Zufriedenheit der Kunden mit ihrem FlashArray. Der Support sei vorbildlich, die Lösung leicht zu implementieren und zu betreiben. Ausserdem erreiche die Verfügbarkeit extrem hohe Werte, so IDC. Ein zusätzlicher Pluspunkt: Pure Storage gewährt auf jedes verkaufte Flash Array eine sogenannte «Love your Storage Guarantee»: Kunden können ihr Flash bedingungslos innerhalb von 30 Tagen zurückgeben und erhalten den Kaufpreis retour. Aber es gibt auch Schwächen: Das FlashArray unterstützt zurzeit lediglich eine auf Snaphots basierende Datenreplikation, kein Clustering, und bei 12,2 Tbyte pro Unit ist die Maximalgrenze bereits erreicht. Beschränkungen, die in der nächsten Version wegfallen sollen.

Predictive All-Flash von Nimble

Ende Februar stellte Nimble Storage seine neuen All-Flash-Arrays mit Predictive Analytics (von Infosight) vor. Nimbles All-Flash-Serie besteht aus den vier Modulen AF3000, AF5000, AF7000 und AF9000, erreicht 1,2 Millionen IOPS und skaliert bis auf 8,2 PByte hoch. Wegen der integrierten Analyse-Software vermarktet Nimble seine schnellen Speicher als Predictive ALL-Flash-Arrays. Die Hardware basiert auf Samsung-SSDs der Serie 3D V-Nand 4TB PM863. Mit einem einzigen Array und zwei Erweiterungs-Shelves lasse sich die Kapazität auf bis zu 553 TByte erweitern, sagt Nimble. Bei einer typischen De-Duplizierungs- und Kompressionsrate kommt man auf eine effektive Speicherkapazizät von rund 2 PByte. In einer 4-Node Scale-Out-Konfiguration wird dann die Maximal-Kapazität von 8,2 PByte erreicht.



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