31.08.2015, 16:00 Uhr

Samsung Galaxy S6 Edge+ im Test

Wie sich Samsungs Phablet im Alltag schlägt und - vor allem - was der Vergleich zu seinem kleinen Bruder zeigt, lesen Sie in unserem ausführlichen Praxis-Check.
Man nehme das Galaxy S6 Edge und vergrössere es ein bisschen. Das ist im Grunde genommen das, was Samsung mit dem Galaxy S6 Edge+ gemacht hat. Oder doch nicht ganz? Hält man das 5,7 Zoll grosse Phablet zum ersten Mal in den Händen, fühlt es sich im Vergleich zu seinem kleineren Bruder erstaunlich leichtgewichtig an. Geschickt über den Grössenaspekt hinweg täuschen kurvige Elemente wie der stärker betonte Alurahmen.
Das beidseitig gewölbte Front-Glas unterstreicht dabei wieder die Design-Komponente – auch die gläserne Rückseite. Die Umgewöhnung daran fällt anfangs etwas schwer, wenn man sich als Autor Smartphones wie das HTC One (M8) oder das YotaPhone 2 gewöhnt ist. All diesen Geräten gemein ist die gewölbte Rückseite, welche sich haptisch gut in der Hand anfühlt und ihnen eine optimale Griffigkeit verleiht. Bei der planen Glasrückseite des S6 Edge+ verhält sich das aber in etwa so, als würde man ständig ein Nexus-5-ähnliches YotaPhone verkehrt herum halten.
Ob dieser Eindruck nun subjektiv geprägt ist? Wir empfehlen auf jeden Fall vor einem Kauf einen persönlichen «Hands-On-Test». Die edel anmutende Glasrückseite ist nicht jedermanns Geschmack, zumindest mir geht es dabei so. Ausserdem: Wer sich mit seinen Händen bei der Smartphone-Grösse unsicher fühlt, sollte unbedingt mit dem kleinen S6 Edge vergleichen. Mit normalgrossen Händen lässt sich das kleinere Gerät sehr gut einhändig bedienen. Ab einer Gerätegrösse von mehr als 5,1 Zoll können vereinzelte Bedienfunktionen wie z.B. schnelle Sprünge vom unteren zum oberen Bildschirmrand zu Daumenkrämpfen führen. Es sei denn, es macht einem nichts aus, zwischendurch für wenige Funktionen die zweite Hand zuhilfe zu nehmen.

Weniger Pixeldichte - aber merkt man das?

Mit gestochen scharfer Auflösung und knackigen Farben trumpft wieder das Display. Die Quad-HD-Auflösung von 2560 x 1680 Px hat die koreanische Display-Schmiede bei der Vergrösserung von 5,1 Zoll auf 5,7 Zoll beibehalten. In das gut ausgeleuchtete AMOLED-Display packt Samsung gleich 538 Pixel pro Zoll. Gegenüber den 577 ppi des kleineren 5,1-Zoll-Modells bemerkt man aber kaum einen Unterschied, auch nicht bei der maximalen Helligkeit. Im Gegenteil: Der vergrösserte Bildschirm brilliert sogar noch mehr. Kontraste und Schwarzwerte, auch Weisswerte, sind auf absolut hohem Niveau. Geht der Akku zu Neige, wirkt eine sparsamere 30-Prozent-Helligkeit noch immer sehr leuchtstark.

Multimediagenuss auf sehr hohem Niveau

Wirklich zum Augenschmaus wird der 0,2 Zoll grössere iPhone-Plus-Konkurrent beim Betrachten von 4K-Videoaufnahmen und hochauflösenden Fotos. Wer sich lieber ein Tablet spart und sich Filmgenuss auf einem grossen Smartphone zu Gemüte führt, wird sich mit Wonne an den gestochen scharfen Inhalten ergötzen. Apropos Sound: Die Lautsprecher können unglaublich laut, ohne blecherne Verzerrung, aufgedreht werden. Samsung hat im Galaxy S6 und S6 Edge damals einen neuen Lautsprecher eingebaut, der nun ähnlich wie beim iPhone 6 und 6 Plus in der Unterkante des Gehäuses sitzt und nicht mehr auf der Rückseite. Vor allem die Mitten sind sehr gut ausgewogen, während das iPhone 6 im Vergleich dazu etwas mehr Bass- bzw. Drum-Lautstärke durchdrückt. Im Vergleich zum etwas älteren HTC One (M8) hat man höchstens hier das Gefühl, als klinge das Gesamtspektrum bei HTC noch etwas voluminöser. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Kamera-Optimierungen

Kamera-Optimierungen

Was die Kamera anbelangt: Das S6 Edge+ behält seine 16-Mpx-Hauptkamera mit der grossen Linsenöffnung (f/1,9) bei. Auch bei der Frontkamera belässt man es bei der 5-Mpx-Kamera. Naturaufnahmen von Bäumen und Sträuchen werden sehr farbecht und ausbalanciert wiedergegeben.
Bei rasend schnellen Serienaufnahmen hat man das Gefühl, als wurde tatsächlich etwas am Bildstabilisator optimiert. Selbst bei einer schnellen Aufnahme im raschen Vorbeigang fokussiert die Linse erstaunlich gut nach. Die Bilder werden dadurch noch einen Tupf verwacklungsärmer erfasst.
Die Hauptkamera der S6-Modelle bleibt ein unverkennbares Qualitätsmerkmal. Wie es scheint, hat der koreanische Konzern an der Software geschraubt, nachdem auch den kleineren S6-Modellen im Zuge des letzten Lollipop-Updates geringfügige Firmware-Optimierungen zugute kamen.

Finde den Unterschied

Im Vergleich zum Galaxy S6 Edge ist das Galaxy S6 Edge+ nicht viel schwerer und grösser. In Zahlen: Das S6 Edge+ misst 15,4 x 7,6 x 0,69 cm – das kleine Galaxy S6 Edge 14,2 x 7 x 0,7 cm. Der grosse Bruder bringt 20 Gramm mehr auf die Waage: 153 Gramm statt 132 Gramm. Das S6 Edge+ ist übrigens nach wie vor nicht wasserdicht und der Akku nicht wechselbar.

Mehr RAM – mehr Gesamtleistung?

Und sonst? Das S6 Edge+ hat 4 GB RAM an Bord, das kleine Edge hat 3 GB RAM unter der Haube. Aber heisst das auch 25 Prozent Leistung? Nein. Der AnTuTu Benchmark fällt auf unserem Testgerät mit 68'899 Leistungspunkten sogar minim niedriger aus als auf dem normalen S6 Edge (70'029 Punkte). Das kann daran gelegen haben, dass wir das neue Samsung-Handy gleich zu Beginn mit über 20 Apps beladen haben. In beiden Modellen ist wieder der hauseigene Achtkern-Exynos-Prozessor verbaut. Genauso rasant verhält sich das High-End-Phablet nach wie vor beim Surfen und beim Multitasking mit mehreren Apps. Beim Geekbench 3 liegt der Benchmark etwa gleichauf: 1481/5219 Punkte bei der Single-/Multicore-Leistung im Vergleich zu den 1489/5147 Punkten des kleinen Modells. Diese Leistungswerte konnte auch nach vier Monaten keines unserer bisher getesteten Smartphones überbieten.

Stärkerer Akku

Ein Hauptunterschied ist die stärkere 3000-mAh-Batterie. Beim Vorgänger haben wir bemerkt, dass sich das Gerät per USB-Kabel in nur 60 Minuten von 0 auf 90 Prozent regeneriert. Beim grösseren Modell dauert das bis zu anderthalb Stunden. Die Akkuleistung liegt dafür bei mehr als 12 Stunden ständiger Bildschirmaktivität und mit eingeschaltenem WLAN erwartungsgemäss auf sehr hohem Niveau. Dabei nuckelt das farbgewaltige Display deutlich weniger am grösseren Akku. Erstaunlich: Nach einem intensiven Smartphone-Tag mit 60 Prozent Bildschirmhelligkeit lässt einem der Akku mit einem Füllstand von über 50 Prozent nicht im Stich. Es sei aber an dieser Stelle erwähnt, dass wir uns auf einen Testzyklus von lediglich zwei Anwendungstagen beziehen. Ein Smartphone frisch ab Fabrik braucht in der Regel einige Tage bzw. Ladezyklen, bis sich die Batterie optimal einpegelt. Nächste Seite: Die Sache mit dem Speicher

Die Sache mit dem Speicher

Ein weiterer Unterschied besteht beim Nutzspeicher: Das S6 Edge+ gibt es nur in den 32-GB- und 64-GB-Speicherbestückungen. Eine 128-GB-Ausführung hat Samsung wegrationalisiert. Wahrscheinlich, weil wenige Anwender so viel Speicher benötigen, und sich diese Ausführungsvariante aufgrund des gesalzenen Preises (damals Fr. 1049.-) zu wenig gut verkauft hat. Samsung hätte besser daran getan, dem Phablet wie zu früheren Zeiten einen microSD-Slot zu sponsern: Ein Feature, das viele Anwender von früheren Samsung-Galaxy-Smartphones vermissen.

Wenig neue Software

Nach der Einführung des kleinen Galaxy S6 Edge konnte man sich fragen, was der Knick mit dem gewölbten Display auf funktionaler Ebene bringt. Viel mehr als das Anlegen von häufigen Kontakten, Info-Streams von Twitter-Trends oder farblich blinkenden Anrufe bot dieser nicht, bietet er auch jetzt noch nicht: Einzig praktisch ist nun die Möglichkeit, fünf häufig genutzte Apps auf der Seitenleiste anzubringen.
Im Gegensatz zum iPhone 6 war die letzte Samsung-Auflage kein wirklicher Kassenschlager: Nach jüngsten IDC-Zahlen erlitt Samsung im Smartphone-Business, insbesondere in China, stark rückläufige Zahlen. Mit 73,2 Millionen weltweit verkaufter Smartphones im zweiten Quartal 2015 bleibt Samsung zwar Marktführer, büsste aber in dort 53 Prozent ein und wurde mittlerweile auch von Xiaomi und Huawei auf den vierten Platz der gefragtesten Handy-Anbieter verdrängt, während Apple mit 62,1 Prozent Wachstum (!) noch immer den chinesischen Markt beherrscht. Das sollten sich Samsung und andere Hersteller wie HTC aus Sicht des Autors zum Anlass nehmen, nicht nur ständig an Hardware-Verbesserungen zu feilen, sondern auch stärker bei Software-Innovationen anzusetzen. Bleibt auch zu hoffen, dass Samsung mit seiner europäischen Portfoliostrategie die Kunden langfristig nicht verwirrt: Statt auf das leicht kleinere «Note 5» mit Stylus-Stift setzt Samsung in der Schweiz auf das gebogene Edge+. Samsung-Sprecher Gordon Müller bestätigte gegenüber PCtipp, dass das neue Note 5 in den USA und Asien ab August auf den Markt komme. Die Verfügbarkeit des Samsung Galaxy Note 5 werde abhängig von der Nachfrage und der spezifischen Marktsituation variieren. Unterdessen würde aber auch die Einführung des Galaxy Note 5 in anderen Ländern geprüft, heisst es bei Samsung auf Anfrage.

Fazit

Das Samsung Galaxy S6 Edge+ ist ein brillantes, aber auch teures High-End-Smartphone mit einer atemberaubenden Kamera und einem der besten Displays. Selbst mit einer stärkeren Batterie bleibt das S6 Edge+ ein erstaunliches Leichtgewicht. Bei einem hohen Strassenpreis von Fr. 799.- lohnt sich je nach Präferenz auch der Vergleich mit dem kleinen S6 Edge. Dieses kostet jetzt je nach Anbieter bis zu 150 Franken weniger. Auf jeden Fall raten wir zu einem Ausprobieren in einer Verkaufsstelle: Die Gerätegrösse und die glasige Rückseite müssen für den Benutzer stimmen. Das Galaxy S6 Edge+ ist ab dem 4. September offiziell in der Schweiz erhältlich.



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