Flash gewinnt 03.09.2015, 16:34 Uhr

«In 12 Monaten kauft niemand mehr rotierende Disks»

Flash-Speicher ist extrem schnell und nicht mehr teurer als klassische 10K-SAS-Lösungen. CW sprach mit HPs Serge Bourgnon über die optimale Speicherkonfiguration, rasend schnelle Antwortzeiten und die Trends auf dem Schweizer Storage-Markt.
Flash galt lange Zeit als extrem schnell, aber auch als extrem kostspielig. Zwei Eigenschaften, die kein Kunde gerne im Doppelpack erwirbt. Aber die Preise für Flash sind stark gefallen. Eine steigende Nachfrage und fallende Produktionskosten haben dafür gesorgt. In zwölf Monaten werde keiner mehr klassische rotierende Disks kaufen, prophezeit Serge Bourgnon, Counry Leader HP Storage bei Hewlett-Packard Schweiz. Im Interview mit CW erläutert er die Gründe, und warum viel Flash nicht immer auch viel nützt. Herr Bourgnon, Flash galt lange Zeit als sehr schnelle, aber auch sehr teure Speicherlösung. Viele Kunden bevorzugen aus diesem Grund hybride Speicherlösungen. Sind Hybrid-Lösungen immer noch so gefragt bei ihren Kunden?
Bourgnon: Nein, unsere Kunden setzen sehr konsequent auf Flash – entsprechend machen wir den Grossteil unseres Umsatzes in der Schweiz mit Flash-basierten Speicherlösungen. In den vergangenen Quartalen ist der Umsatz mit Flash jedes Quartal um etwa 10 Prozent gewachsen. Der Hauptgrund: Die Kosten für Flash sind extrem gesunken.
Was heisst extrem?
Bourgnon: Vor fünf Jahre hatten wir die 50-GByte-Solid-State-Disk (SSD), heute sind wir bei 3,84 TByte. Der Preis pro GByte ist mindestens um den Faktor 100 gefallen. Wir bieten unseren Kunden Lösungen mit einem GByte Flash für 1,50 Franken , und zwar nicht pro Monat, sondern über die gesamte Laufzeit von vier Jahren. Bei anderen Technologien wie SAS oder Near-Line-Disk hat sich der Preis zwar auch reduziert, aber in einem viel kleineren Umfang. Die Flash-Produktion hat stark angezogen, dadurch reduzieren sich die Produktionskosten und damit auch der Verkaufspreis. Ausserdem lassen sich durch den Einsatz von Flash weitere Einsparpotenziale realisieren.
Noch einmal zum Preis: Im Vergleich mit der klassischen Hard Disk, um wie viel teurer ist die schnellere Flash-Variante zurzeit noch?
Bourgnon: Rechnet man Einsparmöglichkeiten wie Inline-Deduplizierung mit ein, dann sind Flash-Lösungen heute nicht teurer als SAS-basierende Disks. Sehr effiziente Deduplizierungsalgorithmen sparen Speicherplatz, benötigen aber ein Speichermedium mit schnellen Antwortzeiten. Disks sind dafür weniger geeignet als SSDs. Vergleicht man die Investitionskosten und den TCO über vier Jahre, dann können wir heute Flash-Lösungen bauen, die genauso kostengünstig sind wie die klassischen 10K-SAS-Lösungen – aber mit wesentlich besseren Leistungskriterien.
Und die Lebensdauer von Flash-Speicher?
Bourgnon: Flash hat zwar eine begrenzte Anzahl von Schreibzyklen, die sich in letzter Zeit aber extrem erhöht hat. Auf alle SSDs in 3PAR Systemen geben wir eine fünfjährige Garantie. Ausserdem kontrolliert die SSD sich selbst und zeigt im GUI an, wenn Gefahr besteht, dass Zellen in den nächsten zwei, drei Monaten ausfallen. Gehen Zellen durch extreme, einseitige Belastungsprofile innerhalb der fünfjährigen Garantiezeit kaputt, werden sie von Hewlett Packard kostenfrei ersetzt. Daten, die auf einer „sterbenden“ Disk liegen, werden ausserdem automatisch auf andere Disks migriert.
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Aus welchen Gründen setzen Kunden SSDs ein? Ist die hohe Performance immer noch das Hauptargument?
Bourgnon: Das ist sicherlich einer der Hauptgründe. Wir reden hier von einem Performancegewinn um den Faktor 100. Aber Performance hat mehrere Facetten. Vielen Kunden sind IOPs, also extrem viele Schreib-/Lese-Zugriffe pro Sekunde, gar nicht so wichtig. Die brauchen gar nicht so hohe IOPs-Werte. Viel wichtiger sind ihnen die Antwortzeiten, die sich mithilfe von Flash von fünf bis 15 Millisekunden auf unter eine Millisekunde reduzieren lassen. Das spüren die Anwender schon sehr deutlich. Noch viel wichtiger aber ist die Reduktion der Komplexität. Hybride Speichersysteme benötigen einen zusätzlichen Software-Layer, der Daten je nach Priorität auf schnelle oder auf langsamere Medien verteilt, und dieser zusätzliche Layer kostet wieder wertvolle Sekundenbruchteile. Diese Komplexität entfällt mit Flash.
Geht der Trend also in Richtung All-Flash?
Bourgnon: Das hybride Modell, das SAS-Disks und Flash kombiniert, ist veraltet. Ich glaube, dass in zwölf Monaten kein Kunde mehr klassische drehende Disks kaufen wird. Vielleicht wird man sie in Extrem-Szenarien mit sehr grosser Kapazität noch verwenden. Aber vom „normalen“ Markt werden drehende Disks in 12 Monaten verschwinden, davon bin ich 100-prozentig überzeugt. Das automatische Tiering, also die Aufteilung in heisse und kalte Daten, wird es auch in Zukunft geben. Nur werden die Daten in Zukunft auf unterschiedlich performante Klassen von Solid State Disks verteilt. Wir haben heute die 3,84 TByte SSD, eine Hochperformance-Solid-State-Disk. In Zukunft redet man von High-Capacity-SSDs mit einem noch weit höheren Speichervolumen. Im nächsten Jahr kommen 8 TByte, Ende 2016 dann 16 TByte, und 2017 sollen SSDs mit einer Kapazität von 32 TByte auf den Markt kommen. Auch die Performance wird weiter steigen, 3D-NAND ist eine Technologie, die die Dichte der Speicherzellen noch einmal erhöht. Heisse Daten werden also auf die schnellen SSDs, kalte Daten auf die langsameren SSDs verteilt. Ein Storage-System entwickelt sich mit der Zeit, und in drei Jahren wird es leistungsfähigere SSDs geben als heute.
Auf was müssen Kunden bei der Migration auf All-Flash achten?
Bourgnon: Auf Storage-Seite gibt es keine Einschränkungen. Aber bei herkömmlichen Speichern war der Performance-Flaschenhals die Disk. Durch All-Flash-Systeme verschiebt sich der Engpass hin zur Connectivity und zum Netzwerk. Ein rasend schnelles Flash-System nützt keinem, wenn das Netz die Datenübertragung ausbremst und die Antwortzeiten verzögert. Der zweite Flaschenhals ist die ganze Server-Infrastruktur mit den Applikationen, die so designt sein muss, dass sie mit SSDs umgehen kann. Sonst können Sie das Potenzial des Flash-Systems gar nicht voll entfalten.
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Wie schätzen Sie das Marktpotenzial in der Schweiz ein?
Bourgnon: Der Storagemarkt der Schweiz ist laut IDC 320 bis 350 Millionen Franken pro Jahr schwer. Heute kauft bereits jeder zweite Kunde Flash-only-Systeme ein, und dieser Prozentsatz wird weiter steigen. Das Potenzial für Flash ist also mittelfristig nahe am gesamten Storage-Marktvolumen der Schweiz. Weit über 90 Prozent der Kunden werden in einem Jahr Flash-only einsetzen. Laut IDC ist EMC auf dem Storagemarkt immer noch die Nummer eins, dann kommt Hewlett-Packard Enterprise, dann Dell und Netapp.
Wenn Sie sich mit dem Marktführer EMC vergleichen, wo liegen die Stärken von Hewlett-Packards Storage-Lösungen?
Bourgnon: Man muss den Flashmarkt ein wenig breiter anschauen. Es gibt zwei Arten von Firmen, die klassischen Speicheranbieter wie EMC, Hewlett-Packard, Network Appliance, Dell oder Hitachi Data Systems, die heute etwa 80 bis 90 Prozent des Marktes unter sich aufteilen. Und es gibt viele kleinere Startups wie Pure Systems oder Nimble, die sich stark auf Flash konzentrieren. Hewlett-Packard Enterprise hat bei klassischen, hybriden und Flash-only-Systeme dieselbe Architektur, dasselbe Betriebssystem, vom kleinsten System bis zum Highend, das bis auf 6 PByte skaliert und drei Millionen IOPs bringt. Das ist sicher ein Vorteil. Viele Konkurrenz-Anbieter offerieren eine grosse Anzahl an Systemen, die aber nicht miteinander kommunizieren können. HP 3PAR ist das mit Abstand skalierbarste Flash-Angebot am Markt. Wir haben vor einem Monat das 20850-Modell angekündigt, das bis auf 4 PByte Flash-only-Storage skaliert. Auch die Storagedichte im System ist bei uns sehr hoch. Wir können im Vergleich mit anderen Herstellern die gleiche Kapazität auf deutlich weniger Platz unterbringen und brauchen deutlich weniger Energie.
Sie haben prognostiziert, dass in 12 Monaten niemand mehr rotierende Disks kaufen wird. Gilt ihre Prognose auch für Archive, also die SAS-/SATA-Anwendung par excellence?
Bourgnon: Davon bin ich fest überzeugt, und zwar aus zwei Gründen. Flash-Lösungen sind nicht mehr teurer als klassisch rotierende HD-Speicher, und sie sind zudem viel energie-effizienter. Hard Disks entwickeln sich durch die ganze Mechanik zu richtigen Energieschluckern, auch wenn sie gar nicht unter Voll-Last stehen. Die Disk dreht immer mit derselben Geschwindigkeit und verbraucht dadurch Energie. Auch für Archivierungszwecke werden in 12 Monaten keine rotierenden HDs mehr gekauft werden. Nächste Seite: Wie teuer ist Flash-Speicher wirklich?
Welche Vorteile bringen Hewlett-Packards neue Flash-Lösungen?
Bourgnon: Wir haben am 26. August die neue 8000er-Serie auf den Markt gebracht. Die neue 8000er ist flash-optimiert und glänzt mit mehr Performance, neuen Features und einer besseren End-to-end-Verschlüsselung als ihr Vorgänger. Die neue 3PAR StoreServ 20000 Serie für den Highend-Markt haben wir bereits Anfang Juni angekündigt. Eine 3PAR StoreServ 20850 schafft einen Datendurchsatz von mehr als 75 GBps. Insgesamt offeriert Hewlett-Packard mehr Performance zum gleichen Preis.
Das hört man immer gerne.
Bourgnon: Das ist Technologie. Wir beschränken unsere Kunden aber nicht auf Flash-only. Sie können ihr Speichersystem auch weiterhin hybrid betreiben, kommen dann aber möglicherweise nicht in den vollen Genuss der Performance-Vorteile von All-Flash. Die Antwortzeiten von All-Flash liegen im Durchschnitt deutlich unter einer Millisekunde.
Unser kleinstes System, die 3PAR 8200, ist für Mittelständler vollkommen ausreichend. In der Minimalkonfiguration enthält die Lösung acht Drives und kostet 25000 Franken. Die 3Par 8200 skaliert von acht auf 240 Disks. Die Lösung wächst also mit dem Unternehmen. Der Markt, auch für Grosskunden, bewegt sich weg von Highend-Systeme hin zu mehreren Midrange-Lösungen. Das ist ein weltweiter Trend, laut IDC ist der Markt für Highend-Systeme um 20 bis 30 Prozent geschrumpft, Midrange und das Entry-Level dagegen haben stark zugelegt. Viele Grosskunden, die dezentral organisiert sind, haben ihr Storage-Konzept geändert. 
Gibt es technologische Raffinessen, in deren Genuss nur Kunden von Hewlett-Packard kommen? Was also Konkurrenten wie EMC, Dell oder Netapp nicht anbieten?
Bourgnon: Das gesamte Controlling des Speichers bewältigt bei uns ein ASIC (application-specific integrated circuit), also ein spezieller Hardware Chip, und nicht die CPU. Wir trennen die Dateneinheit von der Kontrolleinheit, und diese Trennung bringt sehr deutliche Performance-Vorteile im Vergleich zur Konkurrenz. Der ASIC ist eine Eigenentwicklung von Hewlett-Packard/3PAR und wird laufend verbessert. Ausserdem können viele Konkurrenten gängige Features wie synchrone/asynchrone Replikation über mehrere Standorte, applikationskonsistente Snapshots von einer Oracle-Datenbank oder Inline-Deduplizierung in ihren Flash-Produkten noch nicht anbieten. Viele Storage-Startups haben sich auf Performance und Effizienz konzentriert, aber Enterprise-Funktionalitäten fehlen noch. Aus meiner Sicht hat Hewlett-Packard hier einen grossen Vorsprung. Nächste Seite: Multi-Vendor-Speicherlandschaften
Kann man Hewlett-Packard-Flash mit Konkurrenzprodukten kombinieren?
Bourgnon: Es geht schon, aber die Storage-Features unterschiedlicher Anbieter sind nicht immer kompatibel. Die Lösungen können dadurch nicht miteinander kommunizieren, ohne dass Sie einen zusätzlichen Komplexitäts-Layer einziehen. Also: Man kann es machen, aber es ist nicht die ideale Lösung.
Es ist häufig die Rede vom softwaredefinierten Storage, aber jetzt sagen Sie, der Vorteil liegt im ASIC, also einem speziellen Hardware Chip…
Bourgnon: Software-definierter Storage wird selten in zentralen Rechenzentren, sondern in dezentrale Lösungen eingesetzt und dann in eine zentrale Lösung integriert. Das ist heute der gängige Use Case. In der Schweiz wird software-definierter Storage angeregt diskutiert, aber nur sehr wenige Kunden, das können wir sagen, setzen die Lösungen auch wirklich ein. Es ist mit der Cloud vergleichbar, die ja auch einige Zeit gebraucht hat. Software-definierter Storage ist heute ein Nischenmarkt, der aber das Potenzial hat, extrem zu wachsen.
Was kommt nach Flash, wie heisst der nächste Storage-Trend?
Bourgnon: Flash ist nicht Zukunft, Flash ist Gegenwart. Unsere Zukunftsvision ist „The Machine“, eine Kombination von Memristoren, die um den Faktor 100 stärker komprimiert, deutlich mehr Performance bringt und ausserdem weniger Energie verbraucht. Der Flaschenhals ist die Kommunikation zwischen Storage und CPU. Wir arbeiten an einer Glasfaserverbindung (Photonics), die diesen Flaschenhals beseitigt. 2020 werden die ersten Produkte angekündigt werden und die nächste fundamentale Veränderung auf dem Storagemarkt einläuten. Bis dahin werden wir mit Flash leben.

HP 3PAR: Technischer Überblick

 



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