Analyse 21.09.2011, 11:10 Uhr

«Wintel» auf dem Sterbebett

Die Ankündigung von Microsoft, ihr Windows 8 für Tablets hauptsächlich auf Geräten mit ARM-Prozessoren zu betreiben ist ein herber Schlag für Intel und das jahrzehntelange Wintel-Gespann.
Intel-Chef Paul Otellini mit einem Android-Smartphone auf Intel-Basis
Die traditionelle Wintel-Allianz ist tot oder hat zumindest in Sachen Tablet und Mobilfunk nichts mehr zu melden. Dies wurde dieser Tage klar, als Microsoft ihr Windows 8 für Tablets vorstellte. Zwar sprach Firmenchef Steve Ballmer noch von «Intel und ARM, nicht Intel oder ARM» als Plattform für Windows. Bei der eigentlichen Präsentation des Betriebssystems Windows 8 (vgl. Windows 8 auf dem Weg aufs Tablet) wurde dann aber schnell klar, dass die neuen Metro-Apps ausschliesslich auf ARM-Geräten werkeln werden, während traditionelle Intel-PC und -Server als Maschinen für den Betrieb des traditionelleren, zu Windows 7 rückwärtskompatiblen Teils von Windows 8 gedacht sind. Die Crux derzeitiger Intel-Chips: Sie brauchen viel zu viel Strom, um die für Tablets benötigten langen Batterielaufzeiten gewährleisten zu können. Und das wird sich auch mit den kürzlich angekündigten Atom-Nachfolgern nicht ändern - zumindest nicht in nützlicher Frist (vgl. IDF 2011: Intel forciert Atom-Tempo). Sonst wäre nämlich Microsoft Feuer und Flamme für die künftige Intel-Plattform und würde diese natürlich mit Windows 8 (das ja nicht gerade morgen auf den Markt kommt) umarmen. Lesen Sie auf der nächsten Seite, ob Google für Intel die Türen zum Tablet-Markt öffnen kann. Derweil wird Intel zunehmend von Apple isoliert. Nicht nur basieren deren iPads auf einem hauseigenen ARM-Abkömmling. Der Hersteller aus Cupertino hat Intel bereits diesen Frühling gewarnt, auch in seinen MacBook-Laptops künftig auf Intel-Chips zu verzichten, wenn der Prozessor-Riese nicht bald Energie-effizientere Chips liefern kann. Und dass Apple die Hardware-Plattform wechseln kann, hat die Firma bereits mehrmals gezeigt. So wechselte das Unternehmen in der Geschichte von Motorola-Chips auf Power-PC-Prozessoren und auf x86er Chips von Intel. Schliesslich hat Apple für den iPad und das iPhone bereits Teile des Mac-OS-X-Herzstücks auf ARM migriert.

Google-Deal kaum ein Rettungsanker

Auch der Ankündigung von Google, sein Android-Betriebssystem für Tablets und Smartphones künftig neben ARM auch auf Intel-Prozessoren anzubieten, darf die Ernsthaftigkeit abgesprochen werden (vgl. IDF 2011: Intel kooperiert mit Google). Android ist bereits auf ARM-Geräten etabliert, und dort reüssiert es auch gegen Hauptkonkurrent Apple. Warum sollte Google also in eine neue Hardware-Plattform investieren, die erstens erst am Horizont ist, und deren Mehrwert zweitens gegenüber ARM nicht wirklich erkennbar ist. Es kann deshalb mit Fug und Recht behauptet werden, dass die Google-Intel-Allianz eher ein Kind der Marketing- denn der Engineering-Abteilung sein muss. Und selbst, wenn das Ganze erfolgreich sein sollte, wäre es eine Abkehr von der traditionellen Wintel-Kooperation. Ob für Intel in Sachen Tablets und Smartphone der Zug vollständig abgefahren ist, kann natürlich noch nicht abschliessend gesagt werden. Die Firma muss sich aber mächtig sputen und die von Firmengründer Andrew Grove legendäre, gehörige Portion Paranoia in Kauf nehmen, um noch auf den letzten Wagen des Mobilcomputing-Zug aufzuspringen.



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