Tech-Interview 31.10.2012, 19:21 Uhr

Netzwerke um bis zu 100x beschleunigen

Netzwerk-Performance avanciert zum Killerkriterium in der Cloud. An welchen Performance-Raketen arbeitet der WAN-Spezialist Riverbed? CIO Thomas Bakewell und EMEA-South-Chef Gérard Bauer im Exklusiv-Interview.
Riverbed-CIO Thomas J. Bakewell: Wir sind der einzige Anbieter weltweit mit einem virtuellen Application Delivery Controller (vADC).
Riverbed Technology rüstet technologisch auf. Der Spezialist für WAN-Optimierung wird für rundeine Milliarde US-Dollar Opnet Technologies bernehmen, um damit sein Portfolio punkto Applikations- und Netzwerk-Management zu verstärken. Ausserdem hat Riverbed jüngst sein Cascade 10 fit gemacht fr virtualisierte Infrastrukturen. Woran arbeitet der Performance-Spezialist? Ist bei einem Beschleunigungsfaktor von 100x das Ende der Fahnenstange erreicht? Und für welche Schweizer Unternehmen lohnt sich die Investition? Computerworld sprach mit Thomas J. Bakewell, Vice President und CIO von Riverbed, und mit EMEA-South-Chef Gérard Bauer.
CW: Riverbed Technology optimiert den Datendurchsatz und die Performanz von WAN-Netzwerken. Mit welchen Vorteilen können ihre Kunden rechnen?
Bakewell: Riverbed wurde vor mehr als zehn Jahrene gegründet und der Markt der IT-Performance-Optimierung hat sich mittlerweile fest etabliert. Kunden sehen heute Performance-Optimierung als eine notwendige Komponente ihrer IT-Infrastruktur. Riverbed hält weltweit einen Marktanteil von gut 50 Prozent. Kunden nutzen unsere Lösungsportfolios, um ihre Anwendungen zu optimieren, und erreichen damit Geschwindigkeitsverbesserungen typischerweise um den Faktor 50x, in speziellen Fällen bis zu 100x.
CW: 100x, das ist eine ganze Menge.
Bakewell: Der in der Praxis realisierbare Geschwindigkeitsvorteil hängt vom Protokoll ab, das wir optimieren. Jedes Protokoll hat andere Netzwerk-Charakteristiken.
CW: Mit welchen Protokollen sind Performance-Steigerungen um den Faktor 50 möglich?
Bakewell: TCP/IP zum Beispiel ist ein sehr geschwätziges Protokoll, das wir mit unserer Technologie entrümpeln und um das 40- bis 50-Fache beschleunigen. Wir entfernen aus dem TCP/IP-Protokoll sozusagen den kommunikativen Wasserkopf. Denn Applikationen arbeiten innerhalb eines schmalen Akzeptanz-Bandes. Werden die Limits überschritten, muss der Anwender zu lange warten und wird ungeduldig. Kunden nutzen unsere Cascade-Produktlinie als Performance-Monitoring-Tool und können auf Basis historischer Daten die zukünftige Performance von Applikationen prognostizieren, mithin auf Engpässe im Voraus reagieren. Damit lassen sich zu hohe Latenzzeiten etwa bei ERP-Lösungen vermeiden.
Ein Anwender will in erster Linie, dass seine Business-Applikation performant läuft. Unsere Stingray-Produkte erfüllen diese Anforderungen, indem wir einen virtuellen Application Delivery Controller (vADC) einsetzen, der aus der Cloud bezogene Applikationen beschleunigt. Rechenintensive Aufgaben wie SSL Decryption oder Kompression werden auf das ADC-Frontend verlagert, entlasten dadurch den Applikationsserver. Riverbed ist zurzeit der einzige Anbieter mit virtuellen ADCs, die in private, public und hybriden Clouds eingesetzt werden können. Mit diesem Technologie-Stack beschleunigen wir heute die SaaS-Dienste von Salesforce, Micorosoft Office 365 und die Google Apps. 
CW: Ist bei einem typischen Performance-Faktor von 50x, in Einzelfällen 100x, das Ende der Fahnenstange erreicht? An welchen zukünftigen Optimierungstechnologien arbeitet Riverbed?
Bakewell: Die meisten Datenbank-Anwendungen arbeiten mit sehr "eng" zugeordnetem Speicher, sei es via Direct attached Storage (DAS), Network attached Storage (NAS) oder in Speichernetzwerken (SAN). Mit unserer Granite-Technologie heben wir die Isolation des direkt assoziierten Block-Speichers auf. Dadurch können Unternehmen die Geschwindigkeit virtualisierter Desktops steigern. Auch der Remote-Boot von Betriebssystemen läuft schneller. Davon profitieren besonders Unternehmen mit einer Vielzahl von weit voneinander entfernten Zweigstellen. 
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CW: Neue drahtlose Netzwerktechnologien wie LTE sind doch bereits sehr schnell. Warum ist es nötig, den mobilen Zugriff noch weiter zu beschleunigen?
Bakewell: LTE ist nicht schnell genug, um zum Beispiel mobile Anfragen auf entscheidungsunterstützende Business-Intelligence-Systeme performant zu bedienen. Ein schneller, mobiler Zugriff bringt ihnen jedoch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz. Bedenken Sie ausserdem: Die Aufmerksamkeitsspanne der sogenannten "Generation Y" beträgt laut Gartner zwei Sekunden. Die durchschnittliche Latenz beim mobilen Zugriff auf Business-Systeme beträgt heute aber immer noch über elf Sekunden. Je stärker wir die Ladezeit reduzieren können, desto höher ist die Qualität der Website und damit der mögliche Umsatz der Kunden.
CW: In welchen Ländern und Märkten ist Riverbed unterwegs?
Bakewell: Wir haben eine Präsenz in weltweit über 35 Ländern, mehr als 19000 Kunden werden durch unsere 1700 Mitarbeiter betreut. Etwa 50 Prozent unseres Umsatzes erzielen wir in Nordamerika, etwa 30 Prozent in Europa. Wir sind davon überzeugt, dass Europa, insbesondere die südeuropäischen Länder, noch einen grossen Bedarf an kostenreduzierender IT-Optimierungstechnologie haben. Ausserdem investieren wir stark in den BRIC-Ländern Brasilien, Russland, Indien und China.
CW: Herr Bauer, Sie sind Regional VP EMEA South. Dürfen Sie über Schweizer Kunden reden?
Bauer: Phonak Hörgeräte ist ein guter Kunde von Riverbed und unserem Partner RunIT. Das Unternehmen bezieht einige seiner IT-Services von T-Systems. Mit unserer Technologie konnten wir den Bedarf an Netzwerk-Bandbreite, den etwa die Microsoft-Applikationen im Netzwerk benötigen, im Schnitt um 70 bis 80 Prozent reduzieren. Parallel dazu wurden Applikationen im WAN-Bereich signifikant beschleunigt.
Generell kann man sagen: Der Beschleunigungsfaktor ist umso grösser, je weiter der Standort der Niederlassung vom zentralen Rechenzenter entfernt ist. Den Traffic Richtung Sidney können wir um etwa 40x beschleunigen, für ein näher gelegenes Office in Genf beträgt der Optimierungssfaktor nur etwa 3x bis 4x.



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