11.03.2010, 15:13 Uhr

RAD mit SharePoint Designer 2010

Microsoft legt mit der 2010er Ausgabe von SharePoint Designer ein effizientes Werkzeug vor, mit dem sich Anpassungen an SharePoint-Sites durchführen und Prototypen im RAD-Verfahren erstellen lassen. Zu den Highlights der neuen Version gehören ein komplett renoviertes, taskorientiertes Benutzer-Interface, ein neuer Workflow-Designer, mehr Sicherheit und Support für die Business Connectivity Services (BCS), über die sich externe Datenquellen integrieren lassen.
von Urs Bertschy

SharePoint Designer 2007 war unter SharePoint-Entwicklern und -Administratoren bislang ein eher wenig beliebtes Werkzeug. Das aus ursprünglich aus Microsoft Frontpage 2003 hervorgegangene Tool litt unter einer Vielzahl von teilweise erheblichen Mängeln [1]. Eines der Hauptprobleme war, dass mit SharePoint Designer gemachte Anpassungen nicht so ohne weiteres auf unterschiedlichen SharePoint-Umgebungen wiederverwendet werden konnten. Ein direktes Deployment von einer Entwicklungsumgebung auf einen Test- oder Produktionsserver war beispielsweise nicht möglich. Das bedeutete, dass man die eigenen Anpassungen direkt auf der produktiven Umgebung vornehmen musste, was in vielen Unternehmen ein absolutes Tabu ist. Dies umso mehr, als man mit dem Tool bereits mit wenigen Mausklicks eine ganze Menge Schaden anrichten konnte. Weitere Probleme waren Instabilitäten, ein für Nicht-Entwickler eher verwirrendes Interface und die mangelnde Integration mit Visual Studio.

Neu: Taskorientierte Benutzeroberfläche

Die Kritik hat sich natürlich bis nach Redmond herumgesprochen, so dass mit der kommenden Version des SharePoint Designer 2010 von Grund auf neu konzipiert wurde. Die Benutzeroberfläche wurde komplett neu gestaltet, an das alte Frontpage erinnert nichts mehr. Den Verantwortlichen bei Microsoft ist daran gelegen, dass ihre Anwender schnell und zielgerichtet auf SharePoint-Artefakte zugreifen können, ohne konkret wissen zu müssen, wo diese gespeichert sind. Dafür sorgt die neue, linkseitig angebrachte Navigationsleiste, die bisherigen Toolbox-Ansichten verdrängt. Sie bietet einen ,,Ohne-Umwege-Zugriff" auf SharePoint-Artefakte wie Listen, Workflows, Content Types oder Masterseiten. Wählt man einen Menüpunkt des Navigations-Pane an, wird eine Gallery Page eingeblendet, in der alle vorhandenen Objekte (z.B. Listen und Dokumentbibliotheken) des entsprechenden Bereichs aufgelistet werden (Abbildung 1).







Abbildung 1: Das Navigations-Pane (rechts) ist nach Artefakttypen gegliedert. Alle zu einem bestimmten Typ vorhandenen Objekte werden in sogenannten Gallery Pages (rechts) aufgelistet

Ein Klick auf ein Objekt öffnet die dazu passende Setting Page, über die man direkten Zugang auf dessen Einstellungsmöglichkeiten und abhängigen Artefakte erhält. Im Falle von Listen erhält man nicht nur Zugriff auf wichtige Einstellungen (z.B. Allow Attachments, Allow Content Types, Versionsmanagement), sondern auch einen Überblick über die der Liste angefügten Artefakte wie Content Types, Ansichten (Views), Formulare, Workflows oder Custom Actions und kann diese natürlich auch direkt bearbeiten (Abbildung 2). Flankiert wird dieses neue Bedienungsmodell von der bei Microsoft Office inzwischen obligatorischen Ribbon-Bar, die jeweils die im aktuellen Kontext verfügbaren Funktionen anbietet.

Passende Editoren für jeden Zweck

Für das Bearbeiten der verschiedenen SharePoint-Artefakte stehen spezialisierte Editoren bereit. Für Webseiten (Master Pages, Site Pages), CSS, XML-Dateien und JavaScripts gibt es einen Codeeditor, der gegenüber demjenigen in SharePoint Designer 2007 etwas aufgebohrt wurde. Neu ist die Skewer-Click-Funktion, mit der man über ein Pulldown-Menü Zugriff auf alle Elemente erhält, die Einfluss auf das Rendering eines bestimmten Objekts haben. Für Listen und Content Types stehen einfache tabellenartige Schema-Designer bereit, über die man ähnlich wie in einer Datenbankanwendung neue Felder erstellen und zufügen kann. In diesem Zusammenhang gibt es eine neue Push-Funktion, mit der Änderungen an Site Columns und Content Types auf bestehende Sites und Listen angewendet werden können. Komplett neu gestaltet wurde der Workflow-Editor, der nicht nur mächtiger geworden ist, sondern auch einen wesentlich besseren Überblick über komplexere Abläufe bietet (Abbildung 3). Sehr elegant ist auch, dass man jetzt Anbindungen an externe Datenquellen via BCS (bislang bekannt als Business Data Catalog) bequem mit SharePoint Designer erstellen kann.

Abbildung 2: Setting Pages bieten schnellen Zugang zu allen wichtigen Einstellungen und abhängigen Artefakte eines Objekts

XSLT statt CAML

Ab SharePoint 2010 kommt für das Rendering von Listenansichten nicht mehr CAML, sondern XSL (Extensible Stylesheet Language) zum Einsatz [2]. Das bisherige List View WebPart (LVWP), das für die Darstellung von Listeninhalten auf WebPart-Seiten zuständig ist, wird in SharePoint 2010 durch ein XSL-basierendes WebPart (XSLT List View WebPart) abgelöst. SharePoint Designer 2010 bietet dazu den entsprechenden XSL-Editor, um die WebPart-Ansichten anpassen zu können.

Mehr Sicherheit

Um das Schadenspotential, das in SharePont Designer steckt, etwas eindämmen zu können, stehen sowohl auf Web-Application- und Site-Collection-Ebene neue Sicherheitsoptionen bereit. Einerseits kann damit der Zugang mit SharePoint Designer generell unterbunden werden, andererseits lässt sich kontrollieren, ob Benutzer Site- oder Master Pages anpassen dürfen. Die Problematik des sogenannten Unghosting (auch Customizing genannt), bei dem SharePoint-Seiten von der eigentlichen Site Definition abgekoppelt werden [3], lässt sich so zumindest global verhindern.

Zusammenspiel mit Visual Studio 2010

Dank der neuen Benutzeroberfläche eignet sich SharePoint Designer 2010 noch besser als sein Vorgänger für schnelle Anpassungen, das "Zusammenklicken" von Lösungen und das Anlegen von Prototypen. Generell lässt sich mit Hilfe des Designers praktisch jedes SharePoint-Artefakt mit wenigen Mausklicks erstellen, was bei weitem schneller als über das Web-Interface von der Hand geht. Was die eingangs erwähnten Einschränkung bezüglich der Wiederverwendbarkeit von mit SharePoint Designer gemachten Anpassungen angeht, gibt es zumindest teilweise Verbesserungen. So lassen sich nun Workflows direkt als SharePoint Solution (WSP) für die Weiterverarbeitung in Visual Studio 2010 exportieren. Das ist allerdings auch der einzige Artefakt-Typ, der sich so elegant extrahieren lässt. Für alle übrigen SharePoint-Artefakte muss eine gesamte SharePoint-Site erst als Vorlage in der Site Gallery gespeichert und von dort als WSP-File exportiert werden. Über den WSP-Import-Wizard werden die benötigten Artefakte in ein Visual-Studio-Projekt importiert. Diese doch etwas sehr umständliche Vorgehensweise wird dafür sorgen, dass Reverse Engineering Tools wie SPSource [4] auch im SharePoint-2010-Zeitalter ihre Daseinsberechtigung haben werden. Ein weiterer Wermutstropfen: SharePoint Designer 2010 ist nicht kompatibel mit WSS 3.0 oder SharePoint Server 2007. Wer mit dem Vorgänger erstellte Lösungen wie zum Beispiel Workflows mit SPD 2010 bearbeiten will, muss erst die betreffende Web-Anwendung oder Site Collection auf SharePoint 2010 upgraden.

Abbildung 3: Der neue Workflow-Editor bietet einen wesentlich besseren Überblick über Ablaufe und hilft mit IntelliSense-ähnlichen Vorschlägen

Großer Sprung statt kleiner Schritte

Keine Frage, SharePoint Designer 2010 hat in Bezug auf Funktionalität, Sicherheit und Komfort einen großen Sprung nach vorn gemacht. Auch SharePoint Designer 2010 richtet sich in erster Linie an Poweruser und IT-Mitarbeiter, die zielgerichtet einfache Anpassungen an vorhandenen Anwendungen durchführen und mit wenig Aufwand Prototypen für neue Anwendungen anfertigen möchten. Letzteres ist auch für Entwickler und Designer ein attraktives Merkmal der neuen Version, wenngleich sich die erstellten Prototypen nur etwas umständlich in Visual Studio weiterarbeiten lassen. Ein wenig enttäuschend ist ferner, dass sich auch die neue Version nur schwer in einen typischen Software Development Lifecycle integrieren lässt, und es zum Beispiel keinen Support für eine echte Versionskontrolle gibt. Trotz des stark vereinfachten Benutzerinterfaces und den verbesserten Sicherheitsfunktionen ist auch SharePoint Designer 2010 ein Werkzeugt, das nicht in die Hand jedes Benutzers gehört. Nach wie vor gilt: Wer damit Anpassungen vornehmen möchte, muss genau wissen was er oder sie tut.

Urs Bertschy ist Inhaber der auf Web- und SharePoint-Consulting/-Development spezialisierten Bertschy Informatik AG. Unter http://www.bertschy.ch/blog unterhält er einen Technologieblog, der sich vor allem SharePoint- aber auch anderen IT-Themen widmet.

Links
[1] http://www.computerworld.ch/aktuell/developerworld/48230/index.html
[2] http://www.bertschy.ch/2010/01/sharepoint-2010-neuerungen-in-listen-teil-3
[3] http://www.computerworld.ch/aktuell/developerworld/48230/index2.html
[4] http://www.computerworld.ch/aktuell/news/49325/index1.html
Peter Monadiemi



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