Evita 23.09.2009, 08:17 Uhr

Swisscom lanciert digitale Patientenakte

Am Kongress «eHealthCare.ch» lanciert die Swisscom-Tochter Evita ein elektronisches Gesundheitsdossier. Die CSS-Tochter Sanagate verteilt die Akte gratis an seine Neukunden.
Im Herbst startet die Swisscom-Tochter Evita die schweizweite Verteilung der digitalen Patientenakte. Am Kongress «eHealthCare.ch» wird dazu der Startschuss gegeben. Gleichzeitig bietet die Sanagate als erste Krankenkasse ihren Neukunden an, sie mit dem elektronischen «Evita»-Dossier auszustatten. «Bei Vertragsabschluss online übernehmen wir die Kosten für zwei Jahre», sagte Volker Schmidt, Geschäftsführer der CSS-Tochter Sanagate, gegenüber Computerworld. Evita verlangt jährlich 150 Franken für die Versichertenkarte.
Die Evita-Karte wird separat von der Police bestellt und vom Hausarzt mit den vom Patienten gewünschten Daten gefüttert. Fortan bestimmt der Karteninhaber, wer Zugriff auf das Gesundheitsdossier erhält, etwa behandelnde Ärzte oder Spitäler. Zusätzlich sind die Inhalte vom Versicherten selbst am PC einsehbar. Bei einem Unfall kann der Arzt speziell gespeicherte Notfalldaten abrufen. Die Swisscom-Tochter Evita hält sich eigenen Angaben nach «strikt» an das Datenschutzgesetz.
Pilotversuche in Luzern und Genf
Swisscom hatte Evita im Mai nach mehrmonatigen Pilotversuchen durch Patienten und Ärzte im Kanton Luzern lanciert. Vor wenigen Tagen kündigte die Post an, im Frühjahr 2010 einen Modellversuch zur Einführung des elektronischen Patientendossiers im Kanton Genf starten zu wollen. Die Post plant mit «mehreren tausend Freiwilligen», die eine elektronische Versichertenkarte erhalten. Die Karte soll den elektronischen Datenaustausch zwischen Ärzten, Spitälern und Apotheken möglich machen. Die dafür notwendige Infrastruktur baut die Post in den kommenden Monaten auf und will sie im ersten Quartal 2010 in Betrieb nehmen.
Wie andere Versicherungen auf den Vorstoss von Swisscom und CSS reagieren, lesen Sie auf der nächsten Seite.
Helsana setzt auf die Post
Laut Auskunft von Mediensprecherin Claudia Wyss hat Helsana die Post für 2010 beauftragt, alle circa 1,4 Millionen obligatorisch Krankenversicherten mit der vom Bund verordneten Versichertenkarte auszustatten. «Aus unserer Sicht haben medizinische Daten auf der Karte keine Zukunft. Diese sind per Verordnung zwar erlaubt, aber unsinnig und gegebenenfalls sogar problematisch», spielt Wyss auf mögliche Sicherheitsrisiken an.
Visana will die Kosten nicht tragen
Der Versicherer Visana geht noch einen anderen Weg. Ab Dezember wird allen Versicherten gestaffelt die Patientenkarte ausliefern, auf welcher die medizinischen Daten gespeichert werden können. «Dies hat allerdings mit einer digitalen Patientenakte nichts zu tun», betont Ursula Bolliger, Mitglied des Kaders von Visana, gegenüber Computerworld. Die Karte diene allein der Verringerung des administrativen Aufwands in der Krankenversicherung.
Bei dem vom Bund vorgeschriebenen elektronischen Patientendossier sieht sich Visana nicht in der Pflicht zu investieren. «Die Einführung ist in erster Linie Sache der Leistungserbringer, die ihre Patienten dadurch besser und effizienter behandeln können», meint Bolliger. Es sei nicht an den Kostenträgern, ihren Kunden eine digitale Patientenakte auszuhändigen.

ÖKK in der Beobachterrolle
Mario Lutz, Leiter Leistungen Heilungskosten bei der ÖKK, sieht derzeit keinen Grund für Aktionismus. Sein Unternehmen beobachte die Marktsituation und prüfe allfällige Massnahmen. Für die zögerliche Haltung hat Lutz eine gute Begründung: «Wir unternehmen zurzeit nichts, da es sich noch nicht um einen Branchenstandard handelt. Vielmehr handelt es sich um ein sehr komplexes Thema, das zahlreiche Fragen aufwirft», betont Lutz auf Anfrage.
Versichertenkarte ab 2010 verbindlich
Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) schreibt per 1.1.2010 eine elektronische Versichertenkarte vor. Im Gegensatz zur deutschen sollen auf der Schweizer Karte auch medizinische Daten abgespeichert werden können.
Weiter sieht die eHealth-Strategie des Bundes den Aufbau eines elektronischen Patientendossiers bis Ende 2015 vor. Es soll Ärzten den elektronischen Zugang zu Patientendaten ermöglichen. Den Patienten bleibt die Entscheidung vorbehalten, wer auf welche Inhalte ihres Dossiers Zugriff erhält.

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