30.10.2009, 08:38 Uhr

eGovernment im Kanton Bern

Das Amt für Informatik und Organisation des Kantons Bern hat eine zentrale Plattform zum einfachen Datenaustausch zwischen den Gemeinden geschaffen. Ziel ist, die Volkszählung 2010 einfacher und bürgerfreundlicher zu gestalten und Synergieeffekte in der Verwaltung zu nutzen.
Stefan Podolak, Amt für Informatik und Organisation, Projektleiter Geres (Gemeinderegistersystem)
Erstmals in der Geschichte der Eidgenossenschaft wird ab 2010 die Volkszählung im Jahresrhythmus und nicht mehr flächendeckend per Fragebogen erhoben. Registererhebungen sowie ergänzende Stichprobenauswertungen werden die bisher aufwändige Zählungsart ablösen. Zu diesem Zweck wurde auf Bundesebene das Registerharmonisierungsgesetz RHG geschaffen. Im Kanton Bern wurde auf Grund der grossen Anzahl von Gemeinden, eingesetzten Software-Lösungen sowie der Zweisprachigkeit entschieden, dies als Chance zu Nutzen und eine zentrale Plattform zu schaffen. Diese soll nicht ausschliesslich den Anforderungen der Volkszählung genügen, sondern auch einen verwaltungsinternen Nutzen bringen. Das Amt für Informatik und Organisation (KAIO) wurde als Querschnittsamt für die Schaffung einer Datenaustauschplattform beauftragt. Dabei entstanden das flankierende Gesetz über die Harmonisierung amtlicher Register (RegG) sowie das Gemeinderegistersystem (Geres). Das RegG regelt die Datenlieferungen der Berner Gemeinden an die kantonale Plattform. Geres bildet einen Spiegel der Einwohnerdaten der 392 Berner Gemeinden in einem virtuellen Einwohnerverzeichnis und stellt diese unverändert nachgelagerten Registern zur Verfügung.
Schweizweite Standardisierung
Um den Datenaustausch sicherzustellen, wird modernste Bus-Technologie eingesetzt, welche auch die hohen Anforderungen an den Datenschutz erfüllen kann. Jeder Bus-Teilnehmer, z.B. die Einwohnerkontrolle, ist mittels eines Adapters angebunden. Für den innerkantonalen Datenaustausch kommt der Event Bus Bern zum Einsatz. Für den interkantonalen Datenaustausch wird zusätzlich Sedex vom Bund eingesetzt. Beides sind Teil-Busse des Event Busses Schweiz. Alle Busteilnehmer können schweizweit barrierefrei Daten mit jedem anderen Busteilnehmer austauschen.
Als Informationsgefäss kommen zum ersten Mal so genannte Meldeereignisse zum Einsatz, welche durch die eCH-Fachgruppe Meldewesen schweizweit standardisiert wurden. In diesem Gremium treffen sich Vertreter von Einwohnerkontrollen, Software-Herstellern, des Bundes und der Kanton Bern.
Jede Mutation in der Einwohnerkontrolle führt zu einer elektronischen Meldung, welche der Plattform übermittelt wird. Somit wird ein tagesaktueller zentraler Datenstand sichergestellt. Auch der Meldungsaustausch zwischen den Gemeinden ist vorgesehen.
Partnerschaft von Privatwirtschaft und öffentlicher Hand
In den 2636 Schweizer Gemeinden sind über 80 unterschiedliche Software-Lösungen für die Einwohnerkontrolle im Einsatz. Im Kanton Bern sind es immerhin 14 Lösungen. Geres kon-kurrenziert die Anbieter nicht, sondern fordert von diesen die Implementierung und Einhaltung der eCH-Standards für den Datenaustausch. Dadurch sind auch die Gemeinden in ihrer Autonomie nicht beschnitten und können eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Lösung einsetzen. Da die Daten für das Nachführen von weiteren Registern verwendet werden, müssen hohe Qualitätsanforderungen an solche Schnittstellen gestellt werden. Zu diesem Zweck wurde im Kanton Bern ein Prüfverfahren entwickelt, welches die Anbieter durchlaufen müssen. Dieses unterstützt den Software-Hersteller bei der Implementierung des eCH-Standards.
Pilotbetrieb Heimberg
Als schweizweit erster Anbieter hat die Firma Innosolv AG mit NEST den Standard für Meldewesen (eCH-0020) erfolgreich implementiert. Am 30. Januar 2009 konnte Heimberg als erste Gemeinde produktiv an die Geres-Plattform angeschlossen werden. Der Betrieb wurde während einiger Wochen von allen drei Partnern - der Gemeinde, Innosolv AG sowie dem KAIO - aufmerksam überwacht. Dadurch konnten letzte Feinjustierungen vorgenommen werden. Die eCH Schnittstelle verhielt sich erfreulicherweise von Anfang an sehr stabil. Meldeereignisse (z.B. Zuzug, Geburt oder Namensänderung), welche die Einwohnerkontrolle der Gemeinde erfasst, fliessen nun elektronisch und tagesaktuell auf die Geres-Plattform.
Die Herausforderung
Alle 392 Berner Einwohnerkontrollen müssen ihre Daten bereinigen und mit der Geres-Plattform abgleichen. Dies geschieht mittels simulativer Datenübernahme, bei welcher die Differenzen zwischen den Registern ausgewiesen werden. Um dies zu ermöglichen, sind eine ganze Reihe organisatorischer sowie technischer Voraussetzungen zu schaffen. Der Föderalismus sowie die zahlreichen Beteiligten führen dazu, dass in jeder Gemeinde andere Konstellationen anzutreffen sind. Jede Konstellation muss abgebildet werden und erfordert ein entsprechendes Vorgehen. Ein speziell ausgebildetes Support-Team begleitet die Gemeinde bei diesem Vorhaben.
Die Systemarchitektur verfügt noch über Optimierungsmöglichkeiten. Der Kanton Bern verzeichnet 22 kleine und kleinste Gemeinden mit weniger als 150 Einwohnern. Diese würden wohl für ihre eigenen Zwecke keine elektronische Einwohnerkontrolllösung einsetzen. Trotzdem sind diese nun durch das RegG verpflichtet die Daten ihrer Einwohnerkontrolle in elektronischer Form an die kantonale Plattform zu übermitteln. Nur so lässt sich ein vollständiges System realisieren, welches schlussendlich allen Beteiligten einen Nutzen bringen wird. In diesem Kontext hat sich eine erfreuliche Zusammenarbeit zwischen den Einwohnerkontrollen benachbarter Gemeinden etabliert, was sich schliesslich auch positiv auf die administrativen Kosten dieser Gemeinden auswirken wird. Im Berner Jura zum Beispiel wurde unter der Obhut der Gemeinde Souboz eine Kooperation zwischen 12 Gemeinden gegründet, um gemeinsam eine Software-Lösung zu evaluieren und zu beschaffen.
Die Geres-Plattform sowie das aufgebaute Know-how sollen auch anderen Kantonen zur Verfügung stehen. Zu diesem Zweck wurde eine Geres-Community gebildet. Ziel ist es, Synergien zu nutzen und gegenseitig von Innovationen zu profitieren. Die Plattform wird mittlerweile von acht weiteren Kantonen genutzt.
Nutzen für BürgerInnen
Die auf der Geres-Plattform vorhandenen Daten sollen nun für die Volkszählung 2010 automatisiert aufbereitet werden und auf Stichtag dem Bundesamt für Statistik übermittelt werden. Dadurch kann in Zukunft auf die Erhebung dieser Daten mittels Fragebogen verzichtet werden. Die Gemeinden werden von dieser administrativen Arbeit entlastet.Im Kanton Bern sind unterschiedlichste Register mit Personendaten im Einsatz. Alle Register erfordern nicht unerhebliche Aufwände, um diese Personendaten aktuell zu halten. Dies verursacht unnötige Kosten, und die Bürgerinnen und Bürger müssen ihre Daten mehrfach unterschiedlichen Behörden bekannt geben. Auch diese kantonalen Register können mit den entsprechenden gesetzlichen Grundlagen die Datenextrakte zwecks Bestandesabgleich bei der Geres-Plattform anfordern. Nebst den oben aufgeführten Gesamtdatenlieferungen ist auch das Abonnieren von Meldungen durch nachgelagerte Register vorgesehen. Das Steuerregister kann z. B. tagesaktuell über Geburten informiert werden. Oder das Strassenverkehrsamt erhält eine Todesmeldung, und kann so unerwünschte Fakturierungen vermeiden. Durch die Abonnemente können Verwaltungsprozesse optimiert und die Datenqualität erheblich verbessert und den Bürgerinnen und Bürgern könnten zukünftige Behördengänge erspart werden.
Stefan Podolak



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