15.06.2010, 14:20 Uhr

Comparex wehrt sich und beschuldigt Nationalrat

Nach dem Massen-Exodus bei Comparex erhebt die neue Führungsriege schwere Vorwürfe gegen die alte Geschäftsführung und einen Luzerner Nationalrat.
Interims-CEO von Comparex Schweiz, Peter Jung
Der neu zusammengesetzte Vorstand um Interims-CEO Peter Jung sowie COO Peter Nikisch hat seine Anschuldigungen gege die Bison-Gruppe bekräftigt. Verglichen mit der Medienkonferenz von Mitte April (Computerworld berichtete) verschärfte sich der Ton nochmals. Insbesondere Verwaltungsratspräsident und CEO vom Mutterhaus PC-Ware, Klaus Elsbacher, richtete heftige Vorwürfe an die alte Geschäftsführung um den freigestellten Oliver Schalch.

Es handele sich um Diebstahl innerhalb der Genossenschaftsfamilie. Verwaltungsratspräsident und CEO hätten «auf eine feige unter hinterlistige Art ihre Funktionen missbraucht», um 180 Mitarbeiter abzuwerben, so Elsbacher. Weil ein Schaden im zweistelligen Millionenbereich entstanden sei, werde mit Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen vorgegangen. Pikant: Laut Elsbacher tragen nicht nur die Bison-Gruppe und die ehemalige Geschäftsführung eine Schuld, sondern auch der freisinnige Nationalrat Georges Theiler aus Luzern. Allerdings führten weder Elsbacher noch Jung die Anschuldigungen konkret aus. Der Nationalrat und Verwaltungsrat der Bison-Holding weist die Vorwürfe zurück. Er habe nie irgendwelche Beschlüsse gefällt oder gar politische oder unternehmerische Handlungen getroffen, um die Mitarbeitenden der Comparex zu einem Wechsel zu bewegen, so Georges Theiler zu Computerworld.
«Angriff auf Österreicher»

Sowohl Jung als auch Elsbacher stammen aus Österreich. Sie fühlen sich in Luzern offensichtlich nicht willkommen. Formulieren sie doch die Vorkommnisse als «Schweizer Foul» und «österreichischen Kampf gegen den Innerschweizer Filz». Die Vorgänge seien so unglaublich, dass er das nur als schlimmstes Mobbing von Innerschweizern gegen Österreicher empfinden könne, so Peter Jung. COO Nikisch behauptete zudem: «In Zürich wäre das nicht passiert». Trotzdem hält Comparex am Standort Sursee fest, wie Interims-Geschäftsführer Jung beteuert.

Strategie definiert

Von den 180 Mitarbeitern die gekündigt haben, arbeiten die meisten noch im Unternehmen. Die Kündigungsfristen enden per Ende Juni, Juli und August, einige wenige per Ende Jahr. Alle Mitarbeiter haben laut Elsbacher das Angebot erhalten, trotz der Kündigung im Unternehmen bleiben zu dürfen. Bisher haben jedoch lediglich zehn Angestellte dieses Angebot angenommen. Jung beteuert aber, dass die Motivation aller Mitarbeiter nach wie vor sehr hoch sei. Ziel sei, den Betrieb trotz allen Umständen aufrecht zu erhalten und die Kundenverträge zu erfüllen. Das Unternehmen will bis in sechs bis acht Monaten wieder auf einen Mitarbeiterstamm von rund 100 Personen zählen können. Gesucht wird unter anderem auch ein CEO, der ein Schweizer sein soll.

Vom grössten Kunden Fenaco, der Comparex knapp ein Drittel des Umsatzes einbringt, sei nach wie vor keine Kündigung eingetroffen. Wie Fenaco-Sprecher Hans Peter Kurzen gegenüber Computerworld sagte, stimmt dies. Allerdings wird Fenaco seine IT-Dienstleistungen sukzessive zu Bison IT-Services transferieren, so Kurzen. Mehr wollte der Sprecher aufgrund des laufenden Strafverfahrens nicht verraten.
Offene Fragen

Jung und Elsbacher sind überzeugt, die 180 Mitarbeiter hätten nur aufgrund von Gruppendruck und zusätzlich gebotener Job-Sicherheit zur Bison-Gruppe gewechselt. Beide sind jedoch der Ansicht, es gebe dort weder Arbeit noch genügend Arbeitsplätze. Die alte Führung habe mit der Drohung, Comparex ziehe sich aus dem Schweizer Markt zurück, Druck auf die Angestellten ausgeübt. Weitere Begründungen fehlen. Für die Erfüllung der Kundenverträge setzt Comparex auf Partnerschaften mit fünf Unternehmen, darunter Nexgen, uniQservice, und EveryWare. Die Problematik, 180 in gekündigter Anstellung arbeitende Mitarbeiter, mit Kunden zusammenzuführen, ignoriert die Führung ebenfalls.

So gehts weiter

Die Verklagten, Bison-Chef Rudolf Fehlmann und der ehemalige CEO Oliver Schalch hatte bis zum 10 Juni Zeit, auf die Klage zu antworten. Der Bitte um Fristerstreckung ist Folge geleistet worden. Der neue Termin wurde auf den 24. Juni gelegt. Elsbacher und Jung hoffen, dass das Obergericht Luzern danach rasch eine Entscheidung fällt.



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