25.05.2016, 14:52 Uhr

Bis zur Digitalen Schweiz ist es noch ein weiter Weg

Die Schweiz hat laut einer Studie noch Luft nach oben bei der Digitalisierung. Defizite gibt es im internationalen Vergleich bei der Breitbandnutzung, bei Start-ups und beim e-Government.
Die Zahl der Breitbandnutzer über Handys und Tablets sei in der Schweiz nicht mal halb so hoch wie in Singapur, stellt eine Studie (PDF) der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) fest, die im Auftrag der Swisscom und des Finanzdienstleisters Six verfasst wurde.  Die mobile Internetnutzung leide in der Schweiz unter den strengen regulatorischen Vorgaben und den daraus resultierenden Kosten, hiess es in der Studie, die am Mittwoch in Bern veröffentlicht wurde. Bremsend seien die zehn Mal schärfere Strahlenschutzverordnung als in der EU, die Bauvorschriften und -bewilligungen und die Messvorschriften für Handyantennen, sagte Swisscom-Chef Urs Schaeppi am Rande der Veranstaltung der Nachrichtenagentur sda. Staatsgelder für den Mobilfunk? Studienautor Professor Christopher Tucci forderte an dem Anlass neben privaten auch mehr öffentliche Investitionen in den Mobilfunk. Die Frage, ob sich damit der Staat ins bisher private Mobilfunkgeschäft einmischen sollte, konnte Tucci indes auch auf Nachfrage nicht klar beantworten: «Die öffentliche Hand könnte da ermutigend wirken.» Swisscom-Chef Schaeppi teilte die Kritik am Mobilfunk nicht: «Unsere Mobilfunknetze sind top.» Man solle einmal versuchen, in London auf dem Smartphone ein E-Mail mit Anhang zu lesen, gab er ein Beispiel für vergleichsweise schlechtere Handynetze in Grossbritannien.  Weltspitze im Festnetz Dagegen sei die Schweiz bei Breitbandanschlüssen im Festnetz die klare Nummer eins, hiess es. Allerdings erhielten Internetnutzer in Singapur 75 Prozent mehr Bandbreite als hierzulande. Auch Schweden und Grossbritannien seien bei der Geschwindigkeit voraus. Den weitreichenden Netzwerkausfall bei Swisscom am gestrigen Dienstag liess CEO Schaeppi nicht unerwähnt. «Ich entschuldige mich für die Störung», sagte er. Mittlerweile hätten die Techniker das Problem identifizieren können. Es habe sich um einen Software-Fehler gehandelt, erklärte Schaeppi. Nächste Seite: die Chancen der digitalen Schweiz Für die Zukunft der digitalen Schweiz ortete Professor Tucci grosses Potenzial in der Finanzindustrie. «Der Finanzplatz Schweiz ist weltweit führend. Damit könnte das Land auch eine führende Rolle bei den Fintechs einnehmen», sagte er. Dem entgegen stünden die Rahmenbedingungen für Start-ups. Die Gründer würden durch ungünstige Steuergesetze der Kantone und durch Lücken bei den Finanzierungsmöglichkeiten gebremst. Insbesondere der Kanton Zürich ist wegen seiner geänderten Besteuerungspraxis von Start-ups unlängst in die Schlagzeilen geraten. Nationalrat Fathi Derder doppelte nach, dass es auch im Kanton Waadt keine optimalen Bedingungen für Gründer gebe.  Auch bei den Datenzentren könne sich die Schweiz international als Standort positionieren. Bei der Serversicherheit rangiere sie im Moment unter den Top drei. Hier profitiere die Schweiz vom Datenschutz und ihrer Vertrauenswürdigkeit. Sunnie Groeneveld, Geschäftsführerin der Initiative Digital Zurich 2025 kennt nach Studien unter anderem in den USA die starke Position ihres Heimatlandes. «Die Welt vertraut der Schweiz. Aber vertrauen wir uns selbst?», fragte sie in die Runde. Für Swisscom-CEO Schaeppi widerspräche die allgemeine Skepsis beim Datenschutz der gleichzeitig intensiven Nutzung von sozialen Netzwerken wie Facebook. Grossen Nachholbedarf identifiziert die Studie bei der Nutzung von Online-Diensten der öffentlichen Verwaltungen. Im internationalen Vergleich hinke die Schweiz bei der Digitalisierung hinterher. Das e-Government und die Beteiligung der Bürger am politischen Prozess per Internet sei hierzulande noch zu schwach ausgeprägt. Professor Tucci riet den Behörden, mithilfe von Computertechnologie die Effizienz zu erhöhen. Durch die Bereitstellung von Open Government Data könnten ausserdem neue Geschäftsmodelle entstehen, die die Ämter entlasten könnten.



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