19.11.2014, 08:30 Uhr

Welcher Online-Storage ist der schnellste?

In Kooperation mit Dynatrace hat Computerworld die Performance von Online-Storage-Anbietern getestet. Am schnellsten surfen MyDrive-Kunden in Solothurn. Recht langsam kommen Dropbox-Nutzer in Genf und Freiburg an ihre Storage-Daten.
Der Preiskampf tobt: Anbieter von Online-Speicher lieferten sich in den letzten Monaten einen Dumping-Wettbewerb in Sachen Preis. Zehn Mal mehr Speicherplatz als die Konkurrenz, ein Terabyte zum Schleuderpreis, unbegrenzten Storage für Office-365-Kunden – so lauteten einige der Schlag­zeilen. Aber leidet unter der Rabattspirale nicht die Servicequalität? Online-Speicher ist bei Privatbenutzern und bei Firmenkunden gleichermassen beliebt, um hochkapazitiven Workload wie Videos, Fotos, Testumgebungen und megabyteschwere Backups sicher und preiswert vorzuhalten. Aber niemand will lange auf den Reload warten oder ruckelnde Videos anschauen. IP-Label misst Schweizer Webseiten Neben dieser einmaligen Messaktion von Dynatrace verweisen wir gerne auf unsere Partnerschaft mit IP-Label, welche permanent die Performance wichtiger Schweizer Webseiten misst (3-Monats-Durchschnitt). Zu den Messergebnissen von IP-Label Die Testkandidaten Computerworld hat deshalb zusammen mit seinem Testpartner Dynatrace die Probe aufs Exempel gemacht. Fünf Online-Storage-Anbieter wurden über einen Zeitraum von zwei Wochen einem Dauertest unterworfen: MyDrive.ch, Microsoft OneDrive (ehemals SkyDrive), Amazon CloudDrive, FileSync und das populäre Dropbox. Dynatrace unterhält ein über die ganze Schweiz verteiltes Testnetz von rund 1000 Einwahl­punkten. Eine Messung von einem beliebigen Schweizer Einwahlpunkt bestand aus dem kompletten Nutzungsprozedere: Login, Upload/Download eines Dokuments und Logout. Diese Messungen hat Dynatrace 10 Mal pro Stunde und pro Anbieter von wechselnden Einwahlpunkten aus durchgeführt (Testdetails siehe Kasten). Apples iCloud, Wuala und Google Drive fielen aus dem Testfeld. Die Gründe: iCloud ist nur für Apple-Nutzer zugänglich; Wuala verlangt die Installation von Client-Software auf dem Device des Nutzers. Google Drive sperrt – unterstellen wir einmal, aus Sicherheitsgründen – den Zugang, wenn man sich von unterschied­lichen Standorten einwählen will. Google Drive ist deshalb in unserem Szenario nicht testbar. Zwei Engpässe Online-Storage hat zwei Flaschenhälse: die Website des Storage-Anbieters selbst und der Übertragungsweg, also die letzte Meile hin zum Nutzer. Unsere Benchmark-Ergebnisse werfen daher ein bezeichnendes Licht auf die Servicequalität der Storage-Sites und auf die Performance der Telekommunikations-Netze/-Provider in den einzelnen Kantonen. Ein performanter Online-Storage nützt nicht viel, wenn der Anwender über ein langsames Kantonsnetz auf den Speicher zugreift. Aber auch das Umgekehrte gilt: Ein sehr schnelles Kantonsnetz und hochperformante Übertragungsraten wie G5 oder G6 bringen nur einen eingeschränkten Vorteil, wenn die Website des Online-Storage-Anbieters langsam arbeitet und viel Overhead zusammen mit den Dateien überträgt. Zur Siegerehrung: Am besten und schnellsten surfen die Kunden des Schweizer Storage-Anbieters MyDrive im Kanton Solothurn. MyDrive offeriert die – mit Abstand – höchste Verfügbarkeit und die schnellsten Datenübertragungsraten (Datendurchsatz) unter allen Online-Storage-Anbietern – und das in allen Schweizer Kantonen. Optimale Bedingungen aber finden die Solothurner vor, die zusätzlich auch noch auf den – mit Abstand – höchsten Datendurchsatz in allen Kantonen, also auf das schnellste Kantonsnetz zugreifen können (siehe Tabelle weiter unten). Auf der nächsten Seite: Die Rangliste der Storage-Anbieter. Datenmüll senkt Performance Punkto Datendurchsatz belegt unter den Storage-Anbietern der Microsoft-Dienst OneDrive den zweiten Platz. Von dieser guten Platzierung hat der Storage-Kunde allerdings wenig, denn OneDrive lädt viele Dateien im Hintergrund. So werden alleine 6 Mega­byte übertragen, um auf das Storage-Portal zu kommen (Login). Passiert ist da noch nicht viel. «OneDrive ist zu über­laden und schleppt zu viel Overhead mit sich herum, der für den Dienst selbst nicht direkt benötigt wird», resümiert Günther Brutscher, Solution Consultant bei Dynatrace. In Folge landet OneDrive trotz des guten Datendurch­satzes beim Kriterium «Verfügbarkeit gesamter Download-Vorgang» auf dem letzten Platz. Im Durchschnitt (über alle Kantone) benötigen OneDrive-Kunden 67,06 Sekunden, um sich einzuloggen, eine 4 Megabyte grosse Datei zu laden und sich wieder auszuloggen. Lediglich der US-Anbieter Dropbox ist mit 83,43 Sekunden noch langsamer. Microsofts OneDrive erzielt zudem die schlechteste Verfügbarkeit unter allen Anbietern. Das schlechte Ergebnis wurzelt jedoch in Werbeseiten, die nach dem Logout teilweise nicht vollständig eingespielt werden. Für das reibungslose Funktionieren spielen Werbeseiten keine Rolle. Die Verfüg­barkeit von OneDrive ist also – aus Endanwenderperspektive – besser, als es die Testergebnisse glauben machen. Infrastruktur verbessert Das populäre Dropbox landet punkto Datendurchsatz und Verfügbarkeit insgesamt auf den unteren Plätzen. Mit 300 Millionen Nutzern ist Dropbox sozusagen Opfer des eigenen Erfolgs geworden. Zudem verschlechterte sich während unserer Messungen plötzlich die Performance des Speicherdiensts. Dynatrace-Tester Brutscher vermutet dahinter eine Änderung an der Dropbox-Webseite, die zufällig in unseren Messzeitraum fiel. Es wurde eine Art «Session Keepalive» implementiert, der für den Anwender nicht sichtbar sei und die Arbeit mit dem Dropbox-Portal auch nicht behindere, erklärt sich Brutscher den deutlichen Leistungsabfall. Aber die Performance sinkt. Brutscher hatte bereits vor einem Jahr zusammen mit Computerworld das Benchmarking der Online-Storage-Anbieter durchgeführt. «Es gibt kaum Veränderungen in den Rankings der Storage-Anbieter; das Vor­jahresergebnis wurde bestätigt», fasst Brutscher zusammen. Allerdings scheinen die Anbieter ihre Infrastruktur optimiert zu haben, um ihre Wettbewerbsstärke zu erhöhen. Die Stabilität und Schwankungsbreite (Varianz) hat sich verbessert. Besonders positiv bemerkbar machen sich die Verbesserungen an der Infrastruktur beim Schweizer Anbieter FileSync. Auf der nächsten Seite: Sicherheit und kantonales Mittelmass Die Sicherheitsfrage Hohe Verfügbarkeit und sichere Übertragung ist die eine, Datensicherheit die andere Seite der Medaille. Alle Anbieter verschlüsseln die Daten und den Übertragungsweg nach dem Advanced Encryption Standard (AES) 256 und per Secure Socket Layer (SSL). Damit sind die Daten aber noch nicht vor dem Zugriff zum Beispiel von Drittmächten geschützt. Beim Stichwort Patriot Act klingeln bei vielen Schweizern immer noch die Alarmglocken. Die Schweizer Online-Storage-Anbieter MyDrive und FileSync zücken deshalb gerne die Swissness-Karte und streichen heraus, dass sie die Daten ihrer Kunden ausschliesslich in Schweizer Rechenzentren vorhalten, auf die Dritte keinen Zugriff haben. Als Testsieger ist MyDrive zudem auch in Sachen Performance, Datendurchsatz und Verfügbarkeit die erste Wahl. Welcher Kanton hat das schnellste Netz? Punkto Performance haben jedoch auch die Telekommunikationsnetze in den einzelnen Kantonen ein wichtiges Wörtchen mitzureden. Die Unterschiede im (durchschnittlichen) Datendurchsatz beim Zugriff auf die Online-Storage-Anbieter haben uns überrascht. Sie haben sich im Vergleich zum Vorjahr eher vergrössert. Der Siegerkanton Solothurn offeriert mit 3011 Kbit/s mehr als den doppelten Datendurchsatz als die Verliererkantone Glarus, Freiburg und Genf (siehe Tabelle). Gut bedient werden die Kantone Basel-Landschaft, Luzern und Basel-Stadt. Der Geldkanton Zürich landet lediglich im guten Mittelfeld. Nun werfen selbst mehrere Hundert oder sogar mehrere Tausend Messungen lediglich ein zeitlich begrenztes Schlaglicht auf die Gesamtleistungsfähigkeit eines Kantonsnetzes (der letzten Meile). Trotzdem sind 2688 Messungen für Zürich, 2619 Messungen für Bern und 702 für Basel-Stadt statistisch signifikant. Auf der letzten Seite: Die besten Schweizer Telkos und Testanlage Die besten Schweizer Telkos Zwischen den Schweizer Telekommunikationsanbietern klaffen Welten. Im guten Mittelfeld – mit Antwortzeiten zwischen 35 und 38 Sekunden – liegen Bluewin, UPC Cablecom, Swisscom und Sunrise. Schlusslicht ist die Leunet AG mit 48,11 Sekunden, auf dem zweitletzten Platz landet die OVH SAS. Aber es gibt unter den Regionalen auch sehr schnelle Telkos. Geschwindigkeitsspitzenreiter ist die Gas&Com AG mit 27,51 Sekunden. Mit fast genauso schnellen Antwortzeiten glänzt das MediaNet und die Green Connection AG. Schliesslich, auch das ist ein erstaunliches Ergebnis unseres schweizweiten Online-Storage-Benchmarks, hilft viel nicht immer viel. Die Breitbandstandards G3 bis G6 bieten unterschiedlich schnelle und unterschiedlich kostenintensive Datenübertragungsraten. Beim Wechsel von G3 (512 bis 768 Kbit/s) auf G6 (mehr als 3072 Kbit/s) müsste sich der Datendurchsatz theoretisch mindestens verdreifachen bis vervierfachen. Das entspricht jedoch nicht den Ergebnissen unseres Benchmarks. Am meisten profitieren die Kunden des Siegers MyDrive mit einer Verbesserung, und zwar mit einer Datenübertragungsrate von 67,42 Prozent. Am wenigsten wirkt sich der Wechsel von G3 auf G6 für Dropbox-Kunden aus. Die Verbesserung beträgt im Durchschnitt lediglich 17,08 Prozent, der Breitbandvorteil verpufft fast vollständig. Die Schweizer Benchmark-Ergebnisse im Detail Online-Storage in der Schweiz: So haben wir getestet Wer wurde gemessen? Die Schweizer Online-Storage-Anbieter MyDrive.ch und FileSync sowie die internationalen Pro­vider Amazon CloudDrive, Dropbox, Microsoft OneDrive und Apple iCloud (nur Homepage), im Zeitraum vom 8. bis zum 22. Oktober dieses Jahres. Wie wurde gemessen? Jeder Anbieter wurde 10 Mal pro Stunde gemessen, von jeweils wechselnden Einwahlpunkten, die über die ganze Schweiz verteilt sind. Der gesamte Benchmark umfasst also ca. 20000 Last-Mile-Messungen. Das Testnetz von Dynatrace besteht aus etwa 1000 Einwahlpunkten – das sind Benutzer-PCs –, die über die ganze Schweiz verteilt sind. Jeder Kanton ist vertreten, wird aber nicht gleich häufig gemessen. Die Anzahl der Messungen richtet sich nach dem prozentualen Bevölkerungsanteil des Kantons an der Gesamtschweiz.Was wurde gemessen? Die Ladezeit (Dauer des Login-Vorgangs), die Verfügbarkeit (wie erfolgreich waren die Seitenaufrufe während des Messzeitraums), die Varianz (Deviation Response Time), d.h. die vom Standard abweichenden Antwortzeiten im Vergleich zu erfolgreichen Seitenaufrufen, und der Download der Testdatei.



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