23.09.2014, 16:10 Uhr

Kauft EMC doch noch HP?

Fast ein Jahr lang planten EMC und HP die Mega-Fusion. Die Lösungsportfolien würden gut zusammen passen. Aber einige finanzielle Fragen sind noch strittig.
Fusion - ja oder nein? EMC-Chef Joe Tucci ist immer für eine Überraschung gut.
Das Wall Street Journal hat die Diskussion am Wochenende angeheizt. Demnach hat der Speicherkrösus EMC fast ein Jahr lang mit Hewlett-Packard über eine Fusion beider Unternehmen verhandelt. Vor dem Hintergrund, dass sich die Ruhestandsgerüchte um den jetzigen EMC-Chef Joe Tucci verdichten und das nächste Jahr als sehr wahrscheinliches Datum gilt, erscheint die Gelegenheit günstig. Die Gespräche wurden jedoch vor Kurzem abgebrochen, weil man sich nicht über alle finanzielle Fragen einigen konnte, berichtet das WSJ. Auch stand die Befürchtung im Raum, dass die Shareholder beider Unternehmen einen solchen Mega-Deal nicht gutheissen könnten. Aber das Thema ist noch nicht vom Tisch. Wäre die Firmenfusion zustande gekommen, dann hätte es keinen Juniorpartner gegeben, sondern ein "merger of equals". Mit Joe Tucci als Vorstandsvorsitzendem und der jetzigen HP-Chefin Meg Whitman als Gesamt-CEO der fusionierten Unternehmensgruppe. Und ein Zusammenschluss würde durchaus einen Sinn ergeben: HP verdient sein Geld vor allem mit Servern, Peripheriegeräten, Desktops/Laptops und hat durch die Übernahme der Storage-Firma 3Par vor vier Jahren auch im lukrativen Storage-Markt einen Fuss in der Tür. Das Speichergeschäft ist HP nicht fremd. EMC dagegen ist der Storage-Krösus. Mit zur EMC-Gruppe gehören die Virtualisierungsspezialistin VMware und die Big-Data-Company Pivotal mit Paul Maritz an der Spitze. Virtualisierungstechnologie ist kriterial, wenn es um die effiziente Ausnutzung von Infrastruktur-Ressourcen wie Server und Speicher geht. Mit Pivotal hat EMC zudem den Zukunftsmarkt Big Data Analytics besetzt, von dem die Abverkäufe von Speichermaschinen profitieren. Die Server, die EMC im Portfolio fehlen, würde HP mit in die Waagschale werfen.

Mega-Deal: 130 Milliarden Dollar

Eine Fusion zwischen EMC und HP wäre der grösste Deal der bisherigen IT-Historie. Beide Unternehmen bringen es gemeinsam auf eine Marktkapitalisierung von fast 130 Millarden US-Dollar. Vorausgesetzt natürlich, dass die Kartell- und Wettbewerbshüter den Deal durchwinken würden. EMC habe ebenfalls mit Dell Sondierungsgespräche geführt, berichtet das WSJ. Allerdings überlappen die Lösungsportfolios beider Unternehmen, so dass sich EMC durch einen Zusammenschluss mit Dell teilweise selbst kannibalisieren würde. EMC und HP passen besser zusammen. Weder EMC, noch HP oder Dell waren zu einer Stellungnahme bereit.

Hedge-Fund macht Druck

Der Hedge Fund Eliott Management hat vor einigen Monaten einen signifikanten Aktienanteil von EMC erworben und drängt seitdem das Management, Veränderungen in Angriff zu nehmen, inklusive der Virtualisierungsspezialistin VMware. Eine Zeitlang kursierte das Gerücht, dass HP nicht fusionieren, sondern lediglich VMware übernehmen wolle. Für EMC ergibt das keinen Sinn, ja wäre sogar von Nachteil. Zu wichtig ist die Virtualisierungstechnologie. Die Töchter der EMC-Gruppe wirtschaften unabhängig voneinander. An der Spitze des Storage- und Infrastruktur-Geschäfts, der Kern-EMC, steht seit Frühjahr dieses Jahres der ehemalige CFO David Goulden. Joe Tucci hatte sich lange alle Optionen offen gehalten, wem er denn nun das wichtige Speicher- und Infrastruktur-Business anvertrauen wolle, und hatte sich schliesslich überraschend für Goulden entschieden. Der EMC-Tochter VMware steht der ehemalige Intel-Mann Patrick Gelsinger vor, der als Hardware-Mensch das Software-Geschäft erst lernen musste. Pivotal wird von Paul Maritz geführt, der wiederum lange Zeit CEO von VMware war.

Überraschungsfaktor Joe Tucci

Joe Tucci hat sein Führungstrio also kräftig durcheinander gewirbelt. Die Personalien innerhalb der EMC-Gruppe erinnern ein wenig an das beliebte Kinderspiel "Die Reise nach Jerusalem", wo jeder auf einem Stuhl Platz nehmen muss, denn er ursprünglich gar nicht wollte. Tucci ist für so manche Überraschung gut. EMC konnte im abgelaufenen Geschäftsquartal seinen Umsatz um fünf Prozent auf 5,9 Milliarden Dollar steigern. Nach Publikation des Artikel im WSJ fiel die EMC-Aktie leicht ins Minus, erholte sich aber schnell wieder. Ob die Gespräche zwischen EMC und Hewlett-Packard wieder aufgenommen worden sind, ist zurzeit nicht bekannt. (mit Material von IDG News)



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