Analyse 18.07.2014, 16:45 Uhr

Microsoft baut um, IBM partnert

Die Informatik-Schwergewichte Microsoft und IBM suchen Wege, sich für die Zukunft aufzustellen. Dabei gibt es einige Parallelen.
Microsoft und IBM setzen auf ähnliche Geschäftsstrategien, meint Computerworld-Redaktor Mark Schröder
Mit herkömmlicher Hard- und Software ist in der Zukunft kaum noch Geld zu verdienen. Diese Prognose geben Marktforschungsfirmen und Technologie-Experten schon seit Jahren ab. Den Auguren zufolge ist die Cloud die kommende Infrastruktur-Basis, mobile Geräte und mobile Anwendungen laufen darauf. Eine passende Geschäftsstrategie hat sich Microsoft in dieser Woche verpasst, IBM richtet sein Business schon seit circa anderthalb Jahren auf Cloud und Mobile aus. Jedoch stehen weder Microsoft noch IBM bei Cloud und Mobile am Anfang, absolute Schwergewichte in dem Geschäft sind sie aber auch (noch) nicht. Die klare Zielvorgabe ist ebenfalls nicht neu, sie könnte aber zur überlebenssichernden Strategie werden. Und dies, obwohl auf der Kundenseite noch nicht alle mitziehen. Ist es doch hierzulande für die wenigsten IT-Entscheider eine Option, ihre Applikationen und Systeme in die Cloud auszulagern. Sowohl Microsoft als auch IBM werben mit den so verlockenden Vorteilen der Cloud, bislang vergebens. Denn noch können es sich die Schweizer Anwender leisten, eigene Infrastrukturen zu betreiben. In der Vergangenheit wurde vieles dafür getan, dass sich die Firmen noch einige Jahre werden ausruhen können. Die Schweiz ist weltweit führend bei der Adaptation von Hochtechnologie, besitzt hervorragende Netze und qualifiziertes Personal. Von diesem hohen Standard profitieren natürlich auch Microsoft und IBM, wenn auch nur beim Absatz von herkömmlicher Hard- und Software. Nächste Seite: Apple der grosse Gewinner Apple hat sich mit iPhone und iPad bereits in der Schweiz durchgesetzt. Die Mobilgeräte sind so verbreitet wie in nur wenig anderen Ländern der Welt. Beachtlich hoch ist auch der Anteil geschäftlich genutzten Apple-Geräten – selbst in sicherheitskritischen Branchen wie den Banken und dem Versicherungswesen. CIOs und Administratoren beugen sich hier dem Druck des Geschäfts – werden doch iPhones noch immer als Goodies angesehen. Die Bedenken der Informatiker hinsichtlich Sicherheit und Geräte-Management werden von dem «Bonus-Faktor» aufgeweicht oder ganz weggewischt.
Vor diesem Hintergrund sieht in der Allianz mit IBM nun Apple wie der grosse Gewinner aus. Während sich Big Blue natürlich ebenfalls als Profiteur sieht, auf den der Coolness-Faktor Apples abstrahlt. Jedoch musste man sich auch schon bisher nicht verstecken. IBM unterstützt iOS auf allen wichtigen Plattformen und hat mit «MobileFirst» ein Paket (unter anderem aus Tealeaf und Worklight), das den Konzern unabhängig macht von allen Smartphone-Systemen. Zwar beteuert CEO Ginni Rometty, sie wolle Apples Smartphones und Tablets fest in die Entscheidungsprozesse einbinden. Dafür hätte es aber eine umfangreiche Partnerschaft aber nicht benötigt.

Premium versus Tiefpreis

Damit Apple einen soliden Stand in die Unternehmensinformatik bekommt, hilft aber der in Aussicht gestellte Support durch IBM. Wenn die Verkaufsmannschaft und das Partnernetz von Big Blue gleich noch eine fixfertige Lösung für die iPhones der Fachbereiche zusammen mit MDM-Software (Mobile Device Management) anbieten kann, sind die Türen sicher weiter offen. Allerdings muss sich dafür auch Apple öffnen, mit einigen Apps und Tools ist es nicht getan: IBM braucht weitreichenden Zugriff auf Programmcode und Schnittstellen. Den gewährt Apple bisher keinem Marktbegleiter. Offenheit war bis anhin auch nicht die Stärke von Microsoft. Dass sich dies ändert, signalisieren die Office-Apps für Android und iOS. Sie wurden von Redmond zunächst vehement dementiert, dann von langer Hand angekündigt und werden mittlerweile gefeiert. Microsoft verfolgt hier das Ziel, auf allen Plattformen relevant zu bleiben – auch jenseits des eigenen Ökosystems. Die Nokia-Übernahme ist dabei eine Hintertür, durch die Redmond seine Produkte in einem eigentlich untypischen Bereich platziert: dem Tiefpreissegment. Die grossen Beträge nehmen Schweizer Endkunden und Unternehmen eher für Apple in die Hand. Aus IBMs Perspektive ist Microsofts Ausweichmanöver in das Tiefpreissegment ein unverhoffter Glücksfall. Die Portfolios von Big Blue und dem Windows-Konzern sind im Enterprise-Bereich sehr ähnlich. Allerdings hat man mit Apple eine Premium-Marke, während sich Microsoft mit seinem Nokia-Brand selbst zum Billig-Anbieter degradiert.



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