01.07.2011, 08:59 Uhr

Schweizer suchen Jobs vermehrt auf Facebook

Die Schweizer Unternehmen suchen Mitarbeiter grösstenteils über Onlinekanäle. Offerten auf Xing habe sich für KPMG schon ausbezahlt. In der Romandie etabliert sich Facebook.
Matthias Mäder von Prospective Media: Facebook taugt als Jobportal
Nahezu jede Stellenanzeige wird hierzulande im Web veröffentlicht. Einer Umfrage des Zürcher Rekrutierungsspezialisten Prospective Media zufolge nutzen 89 Prozent der Schweizer Arbeitgeber Internet-Stellenbörsen. Von den Westschweizer Unternehmen unter den gesamthaft 2267 befragten Personen wurde jedoch mehrheitlich die Meinung vertreten, dass Stellenannoncen in Print-Medien die effektivste Methode der Personalrekrutierung ist. Gesamtschweizerisch rangieren Print-Anzeigen an zweiter Stelle. Social Media hat auf Unternehmensseite an Bedeutung für die Rekrutierung gewonnen, führte Matthias Mäder, Geschäftsführer von Prospective Media, aus. Während traditionelle Portale und Methoden weniger stark genutzt würden, verzeichneten die neuen Kanäle einen beträchtlichen Zuwachs. Nach 16 Prozent im Vorjahr schreiben heute 28 Prozent freie Stellen in Soziale aus. Allein bei Facebook sind die Unternehmen noch eher zurückhaltend. Sie erachten die Plattform als Freizeitnetzwerk und zögern, dort Vakanzen auszuschreiben.
Von Zurückhaltung auf Facebook will Alexander Senn, Head HR Marketing & Recruiting von KPMG, nichts wissen. Die hiesige Dependance der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat auf der Plattform eine eigene Rekrutierungsseitegeschaltet. «Facebook dient uns hauptsächlich für das Hochschulmarketing», sagt Senn. Mit Wettbewerben werbe KPMG um Freunde, die dann ganz gezielt angesprochen werden. Aber auch alle regulären Stellenausschreibungen lanciere die Gesellschaft auf der Seite. Laut Senn waren die Kosten vergleichsweise tief: die Recuiting-Seite kostete knapp 6000 Franken, das Einspeisen von Jobangeboten nochmal etwa 7000 Franken. Nächste Seite: Westschweizer suchen auf Facebook   Noch mehr als auf Unternehmensseite sind Stellensuchende im Web 2.0 aktiv. Laut Umfrage nutzt jeder Fünfte Schweizer Bewerber die Social Networks bei der Jobsuche. Dabei hat in der Deutschschweiz Xing klar die Nase vorn: 78 Prozent suchen Jobs über das Portal. Mit 41 Prozent liegt Facebook mit an zweiter, LinkedIn mit 27 Prozent an dritter Stelle. In der Westschweiz präsentiert sich ein anderes Bild: 80 Prozent suchen Stellen auf Facebook, 42 Prozent auf LinkedIn und nur 13 Prozent bei Xing.
Für Alexander Senn von KPNG ist Xing die effektivste Rekrutierungsplattform im Web 2.0. Xing habe sich innert weniger Monate in die Top 5 der am häufigsten genutzten Jobportale der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geschoben. «Die Businessplattform ist eine Investition, die sich für KPMG ausgezahlt hat», betont Senn. Nächste Seite: «Ego-Googeln»   Trotz vager Rechtslage ? das Gesetz verbietet streng genommen das Nutzen von privaten Informationen aus dem Facebook-Profil eines Kandidaten im Bewerbungsverfahren ? achtet nur eine Minderheit auf ihren guten Ruf im Web 2.0. Laut Umfrage nutzen nur jeder fünfte Bewerber das «Ego-Googeln» zur Kontrolle der Online-Reputation. Das genügt offenbar nicht, denn in jedem vierten Unternehmen wurde schon einmal ein Stellensuchender aufgrund negativer Ergebnisse des Online-Monitorings abgelehnt. Die heikle rechtliche Situation wird dabei augenscheinlich vielerorts ignoriert. 72 Prozent der Unternehmen gaben an, einen Bewerber vor der Einstellung zu prüfen. In diesem Punkt weist die Studie keinen Unterschied zwischen der Deutschschweiz und der Romandie aus.
Nächste Seite: Profilpflege ist Chefsache   Ähnlich wie bei den Bewerbern hat auch für eine Vielzahl der Unternehmen die Reputation im Web keinen hohen Stellenwert. Laut Matthias Mäder von Prospective Media könnte ein Grund für diese Unbekümmertheit das Unterschätzen extern publizierter Informationen sein. Viele Unternehmen seien der Ansicht, dass von Personen ausserhalb der Organisation veröffentlichte Inhalte weniger relevant sind als von der Kommunikationsabteilung gepflegte Webseiten. Mäder identifiziert in dieser Frage aber einen «Röstigraben»: Deutschschweizer halten eigene Online-Inhalten für wichtiger, die Westschweizer gehen von einer gleichwertigen Bedeutung aus.  
KPMG-Mann Senn will bei der Online-Reputation seines Arbeitgebers nichts dem Zufall überlassen: «Die Profilpflege bei der Unternehmensbewertungsplattform Kununuist Chefsache», sagt Senn. Er kontrolliert selbst die Meinungen, die aktuelle und ehemalige Mitarbeiter über die Schweizer Filiale der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft äussern. Dieses Engagement zahlt sich offenbar aus. Nach der SBB ist KPNG das Unternehmen mit den meisten Bewertungen auf Kununuhierzulande. Nächste Seite: bewerben via iPhone   Während heute die E-Mail und das Onlineformular häufig das Medium der Wahl für die direkte Kontaktaufnahme zwischen Bewerber und Arbeitgeber ist, könnte es gemäss Studie in Zukunft noch ein drittes geben: das Smartphone. Aber selbst für Alexander Senn von KPMG steckt die mobile Rekrutierung noch in den Kinderschuhen. Senn zählt seine Firma zu den 6 Prozent der Schweizer Unternehmen, die erste Erfahrungen mit Mobile Recruiting gemacht haben.
  Matthias Mäder von Prospective Media beobachtet, dass Mobile Recruiting durchaus im Kommen ist. Laut Umfrage stieg der Anteil Unternehmen, die diese Möglichkeiten prüfen und sich einen Einsatz in Zukunft vorstellen können, im Vorjahr 13 auf jetzt 17 Prozent. Einen Schritt weiter sind laut Mäder die Verkehrsbetriebe Zrich (VBZ). Sie verbinden die für die Deutschschweiz untypischen Zeitungsannoncen mit Jobofferten im mobilen Internet.



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