09.02.2015, 14:45 Uhr

Führungskräfte wollen weniger arbeiten

Vielen Managern ist inzwischen Selbstverwirklichung wichtiger als Führung. Der Personalberater Odgers Berndtson spricht von einer «Ypsilonisierung».
Christiane Pütter ist freischaffende Journalistin. Dieser Artikel wurde ursprünglich in unserer Schwesterpublikation TecChannel.de publiziert.  Früher hätten die Alten den Jungen etwas beigebracht, heute sei das «verkehrt rum» - diese These vertritt Peer Steinbrück. Der Politiker (SPD) belegte das auf den Hamburger IT-Strategietagen 2010 damit, dass sein damals 25-jähriger Sohn wusste, wie man beim virtuellen Schachspiel einen «verschwundenen» Turm rettet. In eine ähnliche Richtung geht eine aktuelle Studie des Personalberaters Odgers Berndtson, an der rund 2000 Führungskräfte aus dem deutschsprachigen Raum teilgenommen haben. Allerdings bezieht sich die Studie auf den Wertewandel. Eines der Ergebnisse: Alle Befragten möchten weniger arbeiten. Odgers Berndtson führt das auf die Generation Y zurück. Der von den jungen Leuten initiierte Wertewandel habe «inzwischen alle Manager-Generationen erfasst».

Weniger arbeiten, mehr Familie

In Zahlen: Die Befragten schätzen, dass sie heute 63 Prozent ihrer Zeit in einer normalen Sieben-Tage-Woche für den Beruf aufwenden. Sie hätten gern, dass es nur 54 Prozent sind. Zudem steige die Arbeitsbelastung, schreibt Odgers Berndtson. Die Befragten verbringen nur 31 Prozent ihrer Zeit mit der Familie oder mit Hobbys. Sie wünschen sich 36 Prozent ihrer Zeit dafür. Ausserdem würden sie sich gerne mehr weiterbilden und gesellschaftlich stärker engagieren. Doch nicht nur in diesem Punkt hinterfragen auch etablierte Manager ihr Leben. So sind mittlerweile weniger Studienteilnehmer bereit, der Karriere wegen umzuziehen (39 Prozent aktuell gegenüber 43 Prozent im Vorjahr).

Einen Schritt in der Hierarchie runter

Anders herum betrachtet: Heute kann sich fast jeder Zweite vorstellen, in der Hierarchieebene einen Schritt zurückzutreten (48 Prozent versus 45 Prozent im Jahr 2012). Knapp drei von zehn (28 Prozent) würden sich dafür auch mit weniger GELD zufrieden geben (2012: 21 Prozent). Stichwort GELD: Dax-Vorstände verdienen zu viel, erklären die meisten Studienteilnehmer. Laut Odgers Berndtson verdiente ein solcher Vorstand 2013 im Schnitt 3,3 Millionen Euro. Die Befragten hielten rund die Hälfte - genaugenommen 1,6 Millionen - für ausreichend. Was die Manager-Vergütungen angeht, so halten die Studienteilnehmer nicht viel von kurzfristigen Zielen. Der variable Anteil sollte sich an längerfristigen (etwa dreijährigen) Finanzzielen orientieren, sagen 82 Prozent. 60 Prozent nennen den jährlichen Unternehmenserfolg.

Selbstverwirklichung statt führen

Die Mehrheit der Befragten stellt zunehmend die Selbstverwirklichung in den Fokus ihrer Arbeit. Führen an sich ist ihnen nicht mehr so wichtig. Insgesamt liegt die «Freude an der Führungsaufgabe» jetzt auf Platz zwei der Motivationsfaktoren (nach Einsätzen persönlicher Begabung») Veronika Ulbort, Partner bei Odgers Berndtson, kommentiert: «Auffällig ist insbesondere, dass der Wertewandel, der von der Generation Y initiiert wurde, inzwischen über alle Manager-Generationen hinweg zu beobachten ist: mehr Bewusstsein für eine ausgewogene Work-Life-Balance, Bedeutungszunahme von Arbeitsinhalten versus Führung und Status, Akzeptanz von Rückschritten hinsichtlich Hierarchie und Gehalt.»

Einfluss des Elternhauses

Ein weiteres Ergebnis der Studie bezieht sich, generationsunabhängig, auf den Einfluss des Elternhauses. Unter den Managern, die als ehrgeizig gelten können («Ich möchte stetig weiter aufsteigen und das Maximum in meiner Karriere erreichen») haben 59 Prozent Vater oder Mutter gehabt, der oder die bereits im Vorstand eines Unternehmens saßen.



Das könnte Sie auch interessieren