09.04.2014, 11:01 Uhr

Wenn die IT den Menschen ersetzt

Das ITIL-Regelwerk dient der Standardisierung von IT-Prozessen. Informatiker müssen sich an vorgegebene Abläufe halten. Diese Aufgaben könnten bald auch Computer übernehmen.
Management-Berater Adrian Stalder sieht die IT auch als Ersatz für einige Personalstellen
Die IT Infrastructure Library (ITIL) ist gewissermassen ein Verhaltenskodex für die Informatik-Mitarbeiter. Der Hotelier und Management-Berater Adrian Stalder weiss, wie wichtig Verhaltenskodizes für den Geschäftserfolg sind. Er hat 25 Jahre Führungserfahrung, davon 10 Jahre als Hoteldirektor in Vier- und Fünf-Stern-Hotels. In den Häusern ist die Qualität des Services geschäftskritisch. Aber nicht nur in Nobelhotels, weiss Stalder. Die Erfolgsfaktoren für Service-Organisationen erläuterte er am Zürcher «ITIL Day» des Schulungs-Anbieters Digicomp. Eine Service-Organisation ? gleichgültig ob ein Hotelbetrieb oder eine Unternehmung ? hat sechs entscheidende Komponenten: eine Vision, einen Gastgeber oder Informatikleiter, die Mitarbeiter, einen Gast oder Kunden, ein Ambiente oder IT-Umgebung und sechstens Geld respektive Informatik-Budget. Jede der Komponenten muss separat für sich auf das Ziel, bestmöglichen Service zu liefern, ausgerichtet sein. «Die IT kann alle Erfolgsfaktoren unterstützen, sie ersetzt aber keinen», sagte Stalder. Zusätzlich müsse noch das Gesamtpaket stimmen. Die Realität sei heute eine andere, beobachtet der Management-Berater immer wieder. Als Beispiel führte er den Besuch eines Nobelhotels in Marrakesch an: Vom Türsteher wurde Stalder zunächst abgewiesen, da er keinen Zimmerschlüssel besass und ergo kein Hotelgast war. Dass es sich bei dem Touristen um einen potenziellen Gast handeln könnte, der auf der Suche nach einer Unterkunft ist, wollte der Türsteher nicht realisieren. So prägen Einzelpersonen ? mit einem falschen Job-Verständnis ? das Image eines ganzen Betriebes.

Selbstbedienungsautomat

Während eines anderen Hotelbesuchs musste Stalder schlechte Erfahrungen mit einer Zimmer-Reservation machen. Er vermisste die Menschlichkeit an der Kunden-Front, das Gefühl, als Gast wichtig genommen zu werden, und dass mit offenen Fragen versucht wird, seinen Aufenthalt besonders erlebnisreich zu gestalten. Fehlt alles, hätte es das Personal nicht anders verdient, als durch einen Automaten ersetzt zu werden. Statt eines Türstehers sowie eines nicht hilfsbereiten Rezeptions-Mitarbeiters könnte also auch ein Computer den Einlass und den Check-in übernehmen. Für diese Aufgaben werden in Hotels heute bereits Selbstbedienungsautomaten installiert ? ein Beispiel ist das ZürcherHotel The Flag. Dort registrieren sich gebuchte Gäste selbst, wenn sie ausserhalb der Rezeptionszeiten ihr Zimmer beziehen wollen. Der Prozess gleicht dem Check-in für einen Flug am Automaten. Damit nicht auch die IT-Organisation durch Automaten ersetzt wird, gab Stalder den Teilnehmern des «ITIL Days» einer Erfolgsformel mit: Erfolg stelle sich dann ein, wenn die Fähigkeit oder die Kenntnis, der Wille sowie die Möglichkeit vorhanden sind und alle drei auch genutzt würden. Fehlt es an einem der Faktoren, habe es das Personal verdient, durch IT ersetzt zu werden, warnte der Hotelier.



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