07.03.2012, 15:16 Uhr

IT-Projekte finanzieren

Technische Infrastruktur ist teuer, die Entwicklung rasant. Was heute topmodern ist, hemmt morgen schon die betriebliche Effizienz und Effektivität. Wer über IT-Kosten zu entscheiden hat, braucht deshalb eine klare Strategie und muss alle Möglichkeiten der Finanzierung kennen.
Was heute topmodern ist, kann bereits morgen veraltet sein.
Richtiges IT-Management ist Teil der Unternehmensführung, guter Unternehmensstrategie und damit Kern- und Führungsaufgabe des Managements. Neben Governance- und Compliance- Aspekten ist die IT-Beschaffung für CFOs von zentraler Bedeutung. Denn solche Investitionen sind keine einmaligen, über viele Jahre lang nutzbaren und funktionierenden Anschaffungen. Vielmehr müssen die Systeme kontinuierlich bewirtschaftet und in regelmässigen Abständen erneuert werden.  Technisch betrachtet, haben Hardware-Systeme einen (sinnvollen) möglichen Lebenszyklus von bis zu fünf  Jahren, Betriebssysteme bzw. Software sogar bis zu etwa acht. Spätestens dann sind Ersatzbeschaffungen für Unternehmen unumgänglich. Eine andere Frage ist, ob derart lange Lebenszyklen unter Effizienz-, Effektivitäts- und  finanziellen Erwägungen überhaupt Sinn machen.  

Was kostet ein Arbeitsplatz?

Ohne Berücksichtigung von Mengen, Anbietern, Finanzierungsarten etc. kostet ein IT-Industriearbeitsplatz in der Bewirtschaftung jährlich rund 2000 Franken, ein Durchschnittsarbeitsplatz 3000 Franken und ein Bankenarbeitsplatz 6000 Franken. Ein Unternehmen mit 800 Mitarbeitern ist schnell einmal mit Investitionen in einer Grössenordnung von eineinhalb bis fünf Millionen Schweizer Franken konfrontiert – abhängig von den Anforderungen an den Arbeitsplatz. Ein Barkauf der IT-Infrastruktur belastet zwar den Cashflow und die Liquidität eines Unternehmens. Andererseits hat man alles, was man braucht. Wer so denkt, die Anschaffung locker aus laufenden Mitteln finanzieren kann und auf die reibungslose Funktionalität der angeschafften Güter während der Abschreibungsfrist spekuliert, dem mag folgerichtig ein langer Lebenszyklus durchaus erstrebenswert erscheinen. Indes hat heute eine solche Denkweise nichts mehr mit einem sauberen Sourcing Management zu tun.  Sourcing Management, also der Einkauf von IT-Systemen und Dienstleistungen, verlangt tiefgreifendes technisches und betriebswirtschaftliches Verständnis. Schon der Controlling-Prozess von IT-Infrastrukturen muss beherrscht werden. Angefangen bei den Benutzeranforderungen über Budgetierung, Wirtschaftlichkeit (Kosten/Nutzen) bis zum Cost Accounting ist dies eine kleine Wissenschaft für sich. Die Bedürfnisse hinsichtlich der Beschaffung von Hardware, Software, Dienstleistungen, Beratung und Personal leiten sich daraus ab.  

Professionelles Sourcing Management

Bei der Menge von ICT-Anbietern, die heute im Markt existieren, können allerdings selbst Experten bei der zielgerichteten Auswahl von Lieferanten schnell ins Schwitzen kommen. Für eine saubere Planung von IT-Projekten gibt es deshalb Managementinstrumente, die zu einer optimalen Realisierung und Kostensenkung beitragen:  Exakte Bedarfsplanung und -bündelung: Der Bedarf an IT-Produkten sollte im Unternehmen zentral ermittelt und umgesetzt werden, also keinesfalls Sache einzelner Unternehmensabteilungen sein. Mit grösseren Mengen lässt sich Druck auf die Preise der Lieferanten ausüben.  Einheitliches Vertragsmanagement für alle Arbeitsplätze: Auch hier gilt, eine zentrale Regelung kann Kosten sparen. Insbesondere sollten Ausnahmeanforderungen einzelner Benutzer möglichst vermieden werden.   Standardisierung von Produkten und Dienstleistungen: Ähnlich wie bei der Bedarfsbündelung lohnt es sich, die Hard- und Software zu vereinheitlichen. Dies spart Kosten beim Einkauf, beim Bewirtschaften und beim späteren Support.  Externe Beratung beim Einholen von Offerten: Das Angebot an Hardware- und Software-Produkten sowie diversen ICT-Dienstleistungen im Markt ist gross und unübersichtlich. Gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen fehlt den Entscheidungsträgern oft das notwendige Know-how zur Bewertung und zum Vergleich  von eingeholten Offerten. Hier kann externer Rat hilfreich  sein – durch Fachzeitschriften, Fachverbände oder externe Spezialisten und Berater.  Die Ausschreibung: Bei Projekten hilft eine detaillierte Ausschreibung bei der Auswahl des günstigsten Angebots. ICT-Infrastruktur-Projekte bedeuten immer einen erheblichen Investitionsaufwand. Das belastet Cashflow und Liquidität und kann so zur Strapazierung der Kreditlinie bei der Hausbank führen. Zudem finanzieren manche Banken nur ungern oder gar keine IT-Projekte. Deshalb lohnt sich ein Blick auf alternative Finanzierungsmöglichkeiten. So lassen sich nicht nur bei der Anschaffung Kosten sparen.   Lesen Sie auf der nächsten Seite: Finanzierungsoptionen ausloten

Finanzierungsoptionen ausloten

Wenn ein Unternehmen für einen PC-Arbeitsplatz keinen Lebenszyklus plant und diesen fünf oder mehr Jahre betreibt, dann ist die Barzahlung beim Kauf eine Variante. Unter Umständen verfügt das Unternehmen aber nicht über die nötige Liquidität oder will sein Konto nicht mit dem entsprechenden Liquiditätsabfluss belasten. Dann kommt als Alternative eine Finanzierung bei der Hausbank infrage – zum Beispiel über sechs Jahre. Die Summe aller Raten nach sechs Jahren liegt natürlich deutlich über dem Kaufpreis, da die Zinskosten hinzukommen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Effizienz (Stromverbrauch, Prozessorleistung, Speicher etc.) im Vergleich zur jeweils neusten Technologie spätestens ab dem vierten Jahr stark nachlässt. Das Risiko von Fehlfunktionen steigt. Die Reparatur eines sechs Jahre alten Systems dürfte die TCO-Betrachtung (Total Cost of Ownership) negativ aussehen lassen.  Wird der Lebenszyklus hingegen mit einer Hersteller- finanzierung auf beispielsweise 30 Monate geplant, kann die Summe aller Raten nach 30 Monaten durchaus unter dem Kaufpreis liegen. Nach 30 Monaten beschafft sich der IT-Leiter ein neues System und least dieses wieder über 30 Monate. Das Unternehmen kann seine Ausgaben für IT-Arbeitsplätze langfristig planen, ist auf einem aktuellen Stand der Technik und hat eine einheitliche Installation. Das ist günstig für den Betrieb. Der IT-Verantwortliche bezahlt nur die Nutzung moderner Technik, hat eine klare Sicht auf die TCO und kann eine verlässliche Finanzplanung machen. Sofern man technischen Support, Service Level Agreements (SLA), Update-, Upgrade- und sonstige Services mit verhandelt, sichert man sich reibungslose Betriebsabläufe und die regelmässige Anpassung der eigenen Infrastruktur an den aktuellen technischen Standard. 

Finanzierung mit Herstellerhilfe

Viele ICT-Firmen bieten den Kunden für ihre Produkte  eigene Finanzierungen als zusätzliche Dienstleistung an. Dazu gehören zum Beispiel IBM, HP, Dell, Alcatel-Lucent und BT Global Services. Eines haben alle Anbieter (egal, ob Hersteller und/oder Dienstleister) gemeinsam: den Willen, alles aus einer Hand anzubieten.   Beispiel IBM: Das Unternehmen finanziert selbst und hat dafür einen eigenen Geschäftsbereich. Als weltweit grösster IT-Finanzdienstleister bietet IBM Global Financing indivi­duelle Finanzierungen für komplette IT-Lösungen. Konrad Häni, Leiter IBM Global Financing Schweiz und Österreich, betont: «Das können Hardware, Software und IT-Services von IBM, aber auch von anderen Anbietern sein.» Dazu zählt Häni Darlehens-, Teilzahlungs- und Leasingangebote ebenso wie Dienstleistungen im Zusammenhang mit gebrauchter Hardware, beispielsweise zertifizierte Gebrauchtmaschinen von IBM, einschliesslich Wiederverkauf und umweltgerechter Entsorgung. Bei Projekten kann IBM eine Gesamtlösung anbieten (Hardware, Software, Services und Finanzierung – alles aus einer Hand). Die Kreditlinie bei der Hausbank des Kunden wird nicht belastet und es bleiben liquide Mittel für das Kerngeschäft frei. IBM bietet flexible Laufzeiten zwischen 12 und 84 Monaten an, bei Leasingverträgen meist zwischen 36 und 48 Monaten. Das entspricht den üblichen Technologiezyklen. Projekte können ab einem Volumen von 10000 Franken finanziert werden. Anfragen bis 500000 Franken werden in der Regel innert 24 Stunden bearbeitet.  Beispiel HP: HP Financial Services (HPFS) hat eine Banklizenz über die irische HP International Bank PLC und  wickelt so die verschiedenen Finanzierungen für HP und gegebenenfalls auch für Fremdprodukte ab. Dazu gehören Standardfinanzierungen, aber auch Projekte, die individua­lisierte Ratenzahlungen, Zahlungsferien und definierte Rückgabekonditionen beinhalten können; ausserdem Lösungen mit Wiederverkauf und der Entsorgung von gebrauchtem Equipment. Die Konditionen sind von verschiedenen Parametern abhängig, z.B. den Spezifikationen des Projekts, dem definierten Lebenszyklus, allgemeinen Zinsbewegungen, technologischen Neuentwicklungen etc. «Die Finanzierung ist Teil einer definierten IT-Strategie», so Stefan Meyer, Sales Manager Switzerland bei HPFS. Grundsätzlich kann sich ein Unternehmen jeder Grössenordnung zur Projektfinanzierung mit HPFS in Verbindung setzen. Viele Kunden sehen den Wert vor allem in der Nutzung; der Besitz von IT-Equipment verliert dagegen an Bedeutung. «Bei einem gemanagten Lebenszyklus von IT-Equipment können wir üblicherweise günstiger finanzieren als die Hausbank, insbesondere da bei uns bis zu einem gewissen Anteil auch Software und Dienstleistungen in die Finanzierung mit eingerechnet werden können», so Meyer.  Beispiel Dell: Dell bietet Finanzierungen über die hauseigene Dell Financial Services (DFS) an. DFS arbeitet mit zahlreichen Bankpartnern zusammen, behält aber aus strategischen Gründen das zu finanzierende Portfolio des Kunden in eigener Regie. Die üblichen Laufzeiten bewegen sich zwischen 24 und 60 Monaten, kürzere Laufzeiten sind möglich. Die Konditionen sind markt- und bankenüblich, allerdings hat die DFS die Möglichkeit, Finanzierungs- und Zinskosten zu subventionieren. Es gibt keine Beschränkungen hinsichtlich Mindest- oder Maximalvolumen einer  Finanzierung. Frank Gramüller-Heinz, Regional Sales Manager Northern Europe der DFS, erklärt: «Durch die Subven­tionierung von Zinskosten und die Übernahme von Restwert­risiken erreichen wir in der Regel ein Zins- und Kostenniveau unterhalb der Hausbank-Konditionen.» Neben dem Kunden­bonitätsrisiko übernimmt DFS auch das sogenannte Asset-risiko. «Beim Operate Lease, unserer günstigsten Finanzierungsform, bezahlt der Kunde in der Regel nicht einmal den Nettoanschaffungswert des Equipments und kann am Ende der Laufzeit – oder auch früher – auf die neuste Technologie umsteigen», so Gramüller-Heinz.  Beispiel Alcatel-Lucent: Im Rahmen des im Jahr 2009 lancierten internationalen Finanzierungsangebots – die  Alcatel-Lucent Financial Services – bietet der Hersteller ein Portfolio von flexiblen Finanzierungslösungen für seine Geschäftspartner an. Stefan Frey, Sales Manager Enterprise von Alcatel-Lucent Schweiz, erklärt die Beweggründe: «Um kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) bei der Beschaffung von Kommunikationslösungen zu unterstützen und gleichzeitig deren liquide Mittel zu schonen.» Damit können verschiedene Business-Partner von Alcatel-Lucent ihren Kunden ein massgeschneidertes All-inclusive-Angebot für eine Kommunikationslösung zur Verfügung stellen – einschliesslich Wartung, Kundendienst und Finanzierung. Raten fallen monatlich oder quartalsweise an, nach 12 Monaten erfolgt eine Überprüfung, bei Bedarf können die Raten angepasst werden. Angeboten werden Finanzierungen für Lösungen und Produkte ab 10000 Franken. Die Kreditzusagen erfolgen meist innerhalb eines Arbeitstags. «Umfassend betrachtet, sind wir günstiger als eine Hausbank», so Frey. «Unsere Lösungen sind auf die Liquiditätssituation des Kunden abgestimmt, eine Mehrwertsteuervorauszahlung auf den finanzierten Betrag ist nicht notwendig.» Zudem seien die Ratenzahlungen steuerlich voll absetzbar.  Beispiel BT: Auch hier läuft es ähnlich. BT Global Services bietet verschiedene Arten von Finanzierungen an, wobei reine Infrastrukturprojekte von BT auch direkt finanziert werden können. Axel Hinze, Leiter Grosskunden BT Global Services Schweiz: «Eine Untergrenze für Finanzierungen gibt es bei uns nicht. Je nach Kunde und Projektbedürfnissen gibt es verschiedene Ansätze. In der Regel können wir Standard-Services günstiger finanzieren als Hausbanken des Kunden.» Grundsätzlich lohnt sich also ein Blick auf den Wett­bewerb, den sich die Player im ICT-Geschäft liefern. Wer es versteht, gut zu planen und die Angebote von ICT-Produkten und Dienstleistungen transparent zu machen, kann bei seinen Infrastrukturprojekten Kosten sparen. Zu beachten ist, dass man sich bei einer Herstellerfinanzierung immer in eine gewisse sachliche und technologische Abhängigkeit begibt. Das gilt im finanziellen Bereich allerdings auch für Banken.  Lesen Sie auf der nächsten Seite: Synergien nutzen

Bürgschaftsgenossenschaften

Einen ganz anderen Ansatz verfolgen Bürgschaftsgesellschaften, wie beispielsweise die OBTG Ostschweizerische Bürgschaftsgenossenschaft. Das Prinzip: Gewerbeorientierte KMU erhalten erleichterten Zugang zu Bankkrediten bis zu einer Höhe von 500000 Franken. Der Bund unterstützt die Bürgschaftsgenossenschaften durch die Übernahme des Verlustrisikos im Umfang von bis zu 65 Prozent. In der abschliessend wirkenden Liste der Voraussetzungen für eine Kreditvergabe tauchen ICT-Infrastrukturprojekte zwar nicht explizit auf. Sie können aber unter dem Punkt «Finanzierung von Maschinen, Installationen, Warenlagern, Betriebskapital» subsumiert werden. Entsprechend genehmigte Finanzierungen hat es schon gegeben. Hier liegt der Fokus nicht auf den günstigen Konditionen, sondern vor allem auf dem erleichterten Zugang zur Finanzierung. Es geht ganz klar nicht um das «Wie», es geht um das «Ob» der Finanzierung. Allerdings besteht zusätzlich die Möglichkeit, dass der Bund neben einem Teil des Kreditrisikos auch einen Teil der Zinskosten übernimmt. Die Bürgschaft wird in der Regel auf einen maximalen Zeitraum von zehn Jahren erteilt. Als Mindestsicherheit wird vom Bürgschaftsnehmer eine Todesfallrisiko-Police verlangt. Fremdkapitalgeber sind alle Bankinstitute wie Regional- und Kantonalbanken, die Raiffeisen-Gruppe und Grossbanken. Sofern es sich bei dem zu finanzierenden KMU um eine juristische Person handelt (z.B. GmbH, AG), wird eine persönliche Rückbürgschaft durch den/die Hauptgesellschafter gefordert. 

Synergien nutzen 

Eine weitere Möglichkeit für die Reduktion von Kosten im IT-Infrastrukturbereich ist Outsourcing. Ohne auf die verschiedenen Modelle und Möglichkeiten tiefer einzugehen, sei an dieser Stelle auf eine besonders innovative Lösung aus der Bankenbranche hingewiesen. Statt eigene IT-Plattformen für Kerngeschäftsbereiche wie Zahlen, Sparen, Finanzieren, Anlegen, Vorsorgen oder für HR-, Finance-, Compliance- und Risk-Management zu betreiben, haben sich verschiedene Banken zu einem Konsortium zusammen­geschlossen, der RBA-Gruppe. «Die RBA-Gruppe ist eine Gemeinschaftsorganisation von Schweizer Regionalbanken. Im Rahmen der RBA-Gruppe arbeiten die RBA-Banken nach dem Motto ‹Autonom an der Front-Aufgabendelegation im Rückwärtigen› zusammen», so Dr. Linda Pütter, Leiterin Unternehmenskommunikation der Entris-Banking AG. Das Geschäftsmodell basiert auf der Annahme, dass bestimmte Bankdienstleistungen im technischen Bereich skalierbar sind. Die Banken «teilen» sich eine Infrastruktur und profitieren durch Synergien von Kostenvorteilen. Die Entris-Banking AG betreibt für über 40 Banken ein Kernbankensystem mit über 35 Umsystemen. Eins durch 40 – so kann man Geld sparen. 

Der Autor

Carsten Krenz (40):? Der Jurist, Journalist und Marketingmanager war bis 2010 Leiter der Unternehmenskommunikation des Grosskundenbereichs der Swisscom Schweiz AG. Heute arbeitet er als Geschäftsführer der Krenz Marketing Services GmbH in Zürich.


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